Fall Susanna: Großer Zuschauerandrang zum Prozessauftakt

aus Der Fall Susanna

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Wer ins Gerichtsgebäude will, muss sich kontrollieren lassen. Foto: Sascha Kopp

Die ersten Zuschauer für den Mordprozess in Wiesbaden warteten schon vor sieben Uhr auf Einlass ins Justizzentrum.

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WIESBADEN. „So etwas haben wir wirklich noch nicht erlebt“, sagt einer der Justizwachtmeister. Kopfschüttelnd guckt er rüber, wo die Schlange anwächst. Es ist Viertel nach sieben und im Foyer des Justizzentrums haben die ersten Wartenden schon Position bezogen. Sie werden noch viel Geduld aufbringen müssen. Der Prozess vor der Schwurgerichtskammer gegen den Angeklagten Ali Bashar beginnt erst um 9.30 Uhr. Was macht man so lange? Man gibt Interviews, weil auch die ersten Journalisten im Foyer aufgelaufen sind: Ja, es sei fürchterlich, was mit Susanna, dem Opfer, passiert sei. Die arme Mutter. Ob die auch da sei? Und man wolle sich ein Bild machen, was das für ein Mensch sei, der das Mädchen getötet habe. Deswegen sei man hier.

Wer seinen Platz in der Warteschlange aufgibt, braucht einen Platzhalter. Sonst ist die günstige Position weg. Die Mitarbeiter an der Sicherheitsschleuse, der obligatorischen Kontrolle für alle Besucher, haben ihre Arbeit noch gar nicht begonnen, da ist schon klar - es wird eng. Sehr eng. Kurz darauf legt sich die Schlange der Wartenden notgedrungen eine Schleife zu – sonst wäre der Durchgang im Foyer blockiert.

56 Plätze stehen zur Verfügung

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Wer beim Mordprozess gegen Ali Bashar am Dienstag als Zuschauer dabei sein will, musste sich früh auf den Weg gemacht haben. 56 Plätze für Zuschauer stehen zur Verfügung, mehr geht nicht. Ab und an wird gemurrt: Der Saal sei doch viel zu klein. Und ob man nicht einen anderen Saal hätte finden können. Das werden auch die rund 40 Leute gedacht haben, die von den Justizwachtmeistern später zurückgeschickt werden mussten. „Leider alles belegt. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal.“ Das wäre dann am Montag, 18. März.

Nach dem Passieren der Sicherheitsschleuse heißt es abermals Warten. Im langen Flur vor dem Saal. Der zweite Teil des bewusst gewollten Staus steht an: Zuschauer links, Journalisten rechts. Es wird erneut kontrolliert, die Ausweise aller Zuschauer werden kopiert. Dann gibt es für sie die begehrte Einlasskarte. Und den Merkzettel. Die Ermahnung, was alles während der Verhandlung zu unterlassen ist. Und der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk wird später zu Beginn der Verhandlung noch einmal deutlich machen, wie ernst es ihm mit dieser Anordnung des Gerichts ist: Wer stört, fliegt raus. „Verhalten Sie sich bitte angemessen“, sagt Bonk. Weil Bonk ein sehr höflicher Mensch ist, sagt er „bitte“. Tatsächlich ist das Ganze eine unmissverständliche Ansage. Sie wird sogar zu Protokoll genommen. Zu Protokoll nehmen könnte man auch ganz anderes, was zu Recht die Prozessbeteiligten im Saal und in einem weiteren Presseraum auf der anderen Flurseite gehörig nervt. Es gibt eine Tonübertragung in diesen Raum. Die Journalisten dort und die Zuschauer im Saal selbst müssen zuweilen rätseln, was denn da gesprochen wird in dieser öffentlichen Hauptverhandlung.

Die Mikrofonanlage im Schwurgerichtssaal ist eine Zumutung, und das ist sie schon seit Anfang an, seit Bezug des Justizzentrums. Der Dolmetscher möge doch „mehr Druck“ in seine Stimme legen, meint Jörg Ziegler. Er vertritt in der Nebenklage die Halbschwester der getöteten Susanna. Der Dolmetscher „drückt“ dann stimmlich zwar erkennbar, aber erst ein weiteres Mikrofon schafft Abhilfe. Sonst hätte man schreien müssen. Was laut Handzettel ja doch verboten ist.