Aber bitte mit Sahne: Auf dem Wiesbadener Sternschnuppenmarkt locken neben Glühwein Kreationen mit Gin, Lebkuchen-Aroma und Rosinen. Und auch Alkoholfreies ist gefragt.
Wiesbaden. Rot oder weiß? Diese Frage stellt sich beileibe nicht nur bei Pommes Frites. Auch auf dem Sternschnuppenmarkt teilen sich die Glühweinfans in diese zwei Lager. „Vor ein paar Jahren war Glühwein automatisch immer rot”, erinnert sich Winzer Stefan Keßler, der seit 2007 auf dem Sternschnuppenmarkt vertreten ist. Mittlerweile jedoch habe der weiße Glühwein enorm aufgeholt. „Rot und Weiß sind nahezu pari”, so die diesjährige erste Bilanz. Trotz Regenwetter, WM-Konkurrenz und Inflation sei die Nachfrage nicht eingebrochen. Den Trubel am Tresen kann auch Mathias Busch von der „Wunderbar” vor dem Rathaus bestätigen. Allerdings locken hier nicht nur Rot und Weiß, sondern auch Rosé. Der heißt hier allerdings „Rosy”, an anderen Ständen „Rosalie” oder „Rosa”. Dahinter steckte das Weinrecht, das lange nur roten oder weißen Glühwein zuließ. Im Oktober 2020 wurde der Kreis um die dritte Variante erweitert, die Namen aber meist beibehalten.
Glühwein-Cocktails liegen im Trend
Doch es gibt noch einige weitere fantasievolle Namen an der Tafel zu finden: „Rosemary” ist weißer Glühwein mit Rosmarin und frisch gepresstem Orangensaft, hinter „Gingle Bells” verbirgt sich roter Glühwein mit Gin, und „Lilly Love” besteht aus Gin, Weißwein und Orangensaft (laut Busch der Renner beim Wiesbadener Publikum). Zusammen mit „Hot Aperol” bilden sie die Glühwein-Cocktail-Auswahl des Standes. Warum die Mühe? „Die Leute mögen Traditionelles, aber fragen auch gezielt nach neuen Kreationen”, erklärt Busch. Zudem gibt es Eierpunsch, skandinavischen Glögg mit Mandeln und Rosinen, Lumumba (Kakao mit Rum), heißes Mispelchen, warmen Bratapfellikör oder auch Lebkuchen-Secco, da trotz der kühlen Temperaturen auch kalte Getränke gut gehen.
Ebenfalls im Angebot hat die „Wunderbar” alkoholfreie Warmgetränke wie heißen Apfelsaft oder einen Punsch aus Aronia-Beere, Apfel und Orange: „Der Trend ist eindeutig, die Leute wollen nicht immer Alkohol trinken.” Das beobachtet Rosie Schön vom Handkäs-Stand gegenüber vom Rathaus ebenfalls: Hier boomt der mit Orangensaft verfeinerte heiße Apfelpunsch. „Es wird jetzt häufiger auf Alkohol verzichtet. Man möchte aber nicht nur Wasser trinken. Etwas Warmes in der Hand fühlt sich auf dem Weihnachtsmarkt schöner an”, weiß sie. Zumal die alkoholfreie Variante in den gleichen Becher gefüllt wird wie Promillehaltiges. „Man fühlt sich zugehörig durch das gleiche Gefäß und es schmeckt durch die Gewürze so schön nach Weihnachten!”
Apfelwein steigt nicht so schnell in den Kopf
Oft werde die Mannschaft nach einem Glühwein gefragt. „Dann antworten wir, dass es bei uns nur Apfelwein gibt. Schließlich ist er sogar Weltkulturerbe”, berichtet sie lachend. Das verjagt die Besucher keineswegs: Wer einmal einen heißen Nordenstädter Apfelwein (weiß oder durch Schlehenzusatz auch rosé) genossen habe, komme wieder. Das liege auch daran, dass er nicht so stark zu Kopf steige wie herkömmlicher Glühwein, da kein Zucker zugesetzt wird. Wer wiederum Lust auf etwas Ausgefallenes hat, greift zum „Heißen Bembel”, gemischt aus Gin, Apfelsaft, Zimt und „Geheimnissen”. Mit 7,50 Euro kostet er mehr als das Doppelte als der Becher Apfelwein zu 3,50 Euro, der beim Vorjahrespreis geblieben ist.
Alkoholfreie Alternativen werden stärker nachgefragt
„Frau Traube” seitlich der Marktkirche punktet mit klassischem Glühwein, der als zusätzliches Sahnehäubchen handverlesene Sorten von ausgewählten Winzern aus dem ganzen Land im wöchentlichen Wechsel präsentiert, etwa aus Franken oder von der Mosel. Inspiriert wurde Miriam Krämer von dem dazugehörigen Imbiss-Stand „Herr Knolle”, den sie mit ihrer Schwester Christina betreibt: Das Konzept bringt Kartoffelspezialitäten in hungrige Mägen und geht dabei über das Standardsortiment aus Kartoffelsuppe, Pommes Frites und Co. hinaus auf kulinarische Weltreise: Sei es mit schwedischem Kartoffelauflauf, kanadischer Poutine, afrikanischem Omelette oder indischem Curry.
Stammgäste haben den Trick heraus und fragen bei „Frau Traube” gezielt nach den bundesweiten Glühweinen. Doch nicht weniger gut kommt die Kreation „Gribbekiller” aus heißem Äppler plus Limetten-Aroma sowie die „Sternschnuppe” an: „Das ist durch den zugefügten Likör und das Sahnehäubchen für viele eine Art Dessert”, schmunzelt Krämer. Ohne Alkohol wird daraus das „Sternschnüppchen”, das nicht nur Kinder lieben. „Das Thema ‘Null Promille’ wird auch auf dem Sternschnuppenmarkt immer bedeutender”, hat sie bemerkt. Wer es weniger süß mag, bekommt warmen roten Traubensaft bei ihr.