In zwei Fällen konnten die Betrüger hohe Geldsummen erbeuten. Die Polizei warnt und gibt Tipps, wie falsche Anrufer zu erkennen sind.
Wiesbaden. Am vergangenen Dienstag war es dann in Delkenheim passiert. Bei einer Seniorin klingelt das Telefon, sie nimmt ab und wird mit einer schockierenden Nachricht konfrontiert: Ihr Ehemann habe einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht und befinde sich daher in Untersuchungshaft. Nur durch eine sofortige Kaution in Höhe von mehreren Tausend Euro, welche seine Ehefrau zahlen müsse, könne er auf freien Fuß gesetzt werden. Geschockt von dem Anruf und in Sorge um ihren Mann ging die Frau auf die Forderung ein und übergab das Geld einem Abholer. Was der Delkenheimerin erst zu spät klar wurde, war, dass sie keineswegs mit einem Polizisten gesprochen hatte und ihrem Ehemann auch nichts passiert war, sondern sie Opfer eines Trickbetrugs geworden war.
Schockanrufe kommen laut Polizei in Wellen
Und sie ist mit damit nicht allein. In den vergangenen Wochen vermeldete die Polizei fast täglich solche Anrufe (wir berichteten), wo von älteren Bürgern durch die vermeintliche Not ihrer Angehörigen versucht wurde, Geld zu entlocken. Die Häufung der letzten Tage sei aber eher zufällig, sagt Michaela Plock, Sprecherin der Wiesbadener Polizei: „Die Anrufe verteilen sich über das Jahr in Wellen und deshalb entsteht temporär der Eindruck eines erhöhten Fallaufkommens.“
Ein weiterer Fall aus dem Januar zeigt, mit welch perfiden Methoden die Betrüger vorgehen, um an das Geld ihrer Opfer zu kommen. Bei einem 84-jährigen Wiesbadener meldete sich eine junge Frau mit herzzerreißender Stimme und gab an, die Tochter des Angerufenen zu sein. Auch hier übernahm wieder ein angeblicher Polizist das Gespräch und teilte mit, dass die Tochter einen Verkehrsunfall verursacht habe, bei dem ein Baby zu Tode gekommen sei. Hier wurde ebenfalls eine hohe Summe gefordert, um die Tochter per Kaution aus der Haft zu holen. Während der Senior versuchte, das Geld in seinem Haus zusammenzusammeln, machten die Betrüger am Telefon ihm immer wieder deutlich, dass er keinesfalls mit jemandem darüber sprechen dürfe, bis das Geld bei ihm abgeholt sei. „Die Betrüger setzen bewusst auf einen Schockmoment und setzen ihre Opfer zeitlich unter Druck, um sie zu unüberlegten und schnellen Entscheidungen zu drängen“, erklärt Plock. Wichtig sei es hier, nicht auf die Erpresser zu hören und selbstständig Angehörige über bekannte Telefonnummern zu kontaktieren.
Um solche Fälle aufzuklären, gebe es für die Polizei verschiedene Maßnahmen, so die Polizeisprecherin weiter. So können nach Festnahmen Personenbeschreibungen der Abholer oder eventuelle Videoaufnahmen am Übergabeort helfen. Häufig stünden hinter den Anrufern große Callcenter, die durch sogenanntes „Spoofing“ eine falsche Rufnummer vortäuschen, was es auf den ersten Blick unmöglich macht, den Betrug zu erkennen.
Hilfe durch Opferberatung
„Ich war total fertig und habe mich hilflos gefühlt“, beschreibt ein Senior seine Lage, nachdem er Opfer des Betrugs geworden war. In diesen Fällen bietet etwa die Opfer- und Zeugenberatung „Wiesbadener Hilfe“ eine Beratung an. Der Kontakt zu der Beratung wird dabei meist über die Polizei hergestellt, wenn die Betroffenen den Fall zu Anzeige bringen, erklärt Astrid Gutzeit, Beraterin bei der Wiesbadener Hilfe: „Wichtig ist, den Menschen das Selbstvertrauen nach so einem Vorfall wiederzugeben“, erklärt sie.
Viele würden sich schämen, dass sie auf so einen Trick hereingefallen seien und würden dann gar nicht über den Fall reden und das Problem mit sich selbst ausmachen. „Die Scham ist häufig einfach zu groß. Es geht überwiegend um hohe Geldbeträge, die man für etwas Bestimmtes angespart hat, etwa den Führerschein für die Enkelkinder“, sagt Gutzeit. Weiter unterstütze die Opferberatung die Senioren bei der Suche nach einem möglichen Anwalt oder ganz praktischen Problemen, wie der Fahrt zur Gerichtsverhandlung.