Einbürgerung in Wiesbaden: Kein leichter Weg

„Zeichen gelungener Integration“: Bei der Feier im Rathaus sind insgesamt 44 Menschen aus 21 Herkunftsländern von Stadtverordnetenvorsteher Gerhard Obermayr (CDU, hinten links) und Integrationsdezernent Christoph Manjura (SPD, Vierter von rechts) gewürdigt worden. Foto: Tristan Schirling
© Tristan Schirling

Die Stadt hat Neubürgerinnen und Neubürger im Rathaus empfangen. Sie mussten lange auf die Einbürgerung warten, da das Regierungspräsidium Darmstadt für Verzögerungen sorgen soll.

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WIESBADEN. „Das ist Ihr Rathaus, das ist Ihre Veranstaltung, herzlich willkommen!“, begrüßte Christoph Manjura (SPD) insbesondere 44 der mehr als 100 Gäste bei der Einbürgerungsfeier im Festsaal. Den Sozial- und Integrationsdezernenten freute, dass sich die jungen und älteren Erwachsenen aus 21 Herkunftsländern im Jahr 2022 „dafür entschieden haben, in Wiesbaden nicht nur angekommen zu sein und zu leben“. Denn das tun alle schon seit Jahren oder Jahrzehnten – doch diese 44 Menschen haben nun auch die deutsche Staatsangehörigkeit.

Um diese zu erhalten, muss man derzeit viel Geduld mitbringen: Das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt benötige für den Einbürgerungsprozess zwölf Monate, sagte Manjura. Sich dem Verfahren per Antrag zu stellen, sei deswegen „kein einfacher Schritt“ und ein „Zeichen gelungener Integration“. Manjura lobte, wie in der Stadt der „Weltoffenheit und Vielfalt“ aktuell „Menschen aus 160 Herkunftsländern friedlich zusammenleben“.

Starker Applaus durchsetzte nicht nur Manjuras Rede und dankte dem multinationalen Chor der Grundschule Bierstadt mit Leiter Christoph Steuer am Klavier – für mitreißende Lieder wie den „Seeschlangensong“ und die Nationalhymne, bei der alle im Saal standen. 32 Beifallsstürme feierten auch die Familien, Paare und Einzelpersonen, die nacheinander vortraten. Sie erhielten zur Anstecknadel mit Deutschlands und Wiesbadens Wappen ebenso Gutscheine für das Caligari. Es sei „das schönste Kino Europas“, sagte Manjura. Mit Stadtverordnetenvorsteher Gerhard Obermayr (CDU) begrüßte er alle 21 Frauen, 14 Männer und neun Kinder persönlich: elf aus Syrien, jeweils vier aus Griechenland und Marokko, je drei aus Polen und Algerien, je zwei aus der Slowakischen Republik, Russischen Förderation und dem Irak. Dazu reihten sich Einzelpersonen aus Tunesien, Thailand, Vietnam, der Ukraine, Bulgarien, Mexiko, Frankreich, der Türkei, Serbien, Afghanistan, Angola, Weißrussland und Rumänien ein.

„Vor dem Brexit zum Beispiel bürgerten wir Hunderte Briten ein“ und „im Moment viele Ukrainer“, erklärte Ömer Sekmen vom Amt für Zuwanderung und Integration am Rande der Feier. Er organisiert mit seinem Team meist drei Neubürgerempfänge pro Jahr, da immer nur ein Teil der Eingeladenen daran teilnimmt. „2022 hatten wir 1750 Anträge auf Einbürgerung“, berichtete Sekmen. „Die Herkunftsländer spiegeln immer ein Stück weit die weltpolitische Lage wider“ – mit Verzögerung. Für zusätzliche Wartezeit sorge das RP, erzählten einige der Gefeierten. Bei vielen dauerte es 13, 14 Monate, bis das RP ihren Antrag bearbeitete – und bei denjenigen aus Drittstaaten dann noch mal weitere Monate.

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„Ich warte seit einem Jahr darauf“, sagte ein Marokkaner als Gast bei der Feier. Dabei seien er und seine italienische Frau wie die drei Kinder längst integriert. Er engagiere sich neben seiner Arbeit im Altenheim mit Weiterbildung zum Pflegedienstleiter seit acht Jahren vielfältig und stark ehrenamtlich in Wiesbaden. „Obwohl unser 15-Jähriger Fußball-Hessenmeister ist, darf er nicht in der deutschen Mannschaft spielen“, gab der Vater ein Beispiel, welche Folgen keine Einbürgerung hat.

„Politische Gründe spielten große Rolle für mich“

Doch er freute sich für die nun Eingebürgerten wie die Thailänderin, 37, oder den Weißrussen, 35: Sie wanderte 2010 für das BWL-Studium ein, er 2012 für das Biologie-Studium. Beide lockten die höhere Ausbildungsqualität und bessere Berufschancen nach Deutschland. „Eine große Rolle spielten für mich auch politische Gründe“, sagte er. „Hier ist die Gesellschaft offener und toleranter“, schwärmte er von der „Freiheit“ in der „attraktiven, ruhigen Stadt“ mit ihren „Papageien und sehr schönen alten Gebäuden“.