E-Roller werden zum Problem für Gehbehinderte und Blinde

In Wiesbaden gibt es aktuell vier Anbieter von E-Scootern. Während einige Roller korrekt abgestellt werden, sieht man immer wieder Fahrzeuge, die illegal auf Gehwegen oder mitten auf der Straße geparkt werden.

Wiesbadener Behindertenorganisationen fordern verbindliche Regeln für das Abstellen von E-Rollern. Welche rechtlichen Probleme die Stadt dabei sieht und was die Lösung sein könnte.

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WIESBADEN. Man findet sie auf den Gehwegen, an Bushaltestellen oder gar mitten auf der Straße. Immer wieder kann man in Wiesbaden wild und regelwidrig abgestellte E-Roller beobachten. Das stößt nicht nur anderen Verkehrsteilnehmern bitter auf, sondern bereitet besonders weniger mobilen und eingeschränkten Personen Probleme. Auch deshalb fordern der Wiesbadener Seniorenbeirat und der Arbeitskreis der Wiesbadener Behindertenorganisationen und Interessengemeinschaften Behinderter verbindliche Regelungen für das illegale Abstellen von E-Scootern verbunden mit entsprechenden Sanktionen. Die Stadt arbeitet an der Problematik, doch ihr sind bisweilen auch die Hände gebunden.

Denn aktuell gilt: Die Erteilung kostenpflichtiger Verwarnungen bei regelwidrig abgestellten E-Scootern sind dem Wiesbadener Straßenverkehrsamt bisher rein rechtlich gar nicht möglich. In Paragraf 14 der „Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr“, die im Juni 2019 vom Bund beschlossen wurde, sind diese Tatbestände derzeit nicht vorgesehen. Dafür wäre eine entsprechende Erweiterung nötig, die nur vom Bund beschlossen werden könnte.

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Um aber den illegal abgestellten E-Scootern Herr zu werden, haben nun einige deutsche Städte basierend auf einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster die Möglichkeit genutzt und verfügt, dass die Roller im öffentlichen Raum künftig als Sondernutzung behandelt werden und damit reglementiert werden können. Das würde künftig zwar keine finanzielle Ahnung seitens der Wiesbadener Ordnungsbehörden bedeuten, böte aber Möglichkeiten, das illegale Abstellen einzugrenzen, zum Beispiel durch die Einrichtung von Mobilitätsstationen, außerhalb derer keine Roller abgestellt werden können. Um eine solche Sondernutzung in Wiesbaden durchzusetzen, müssen aber zunächst rechtliche Fragen zur Landesgesetzgebung geprüft werden.

„Wir befinden uns derzeit in dieser Prüfung, noch ist aber nicht klar, ob wir Richtung einer Sondernutzung oder einer Konzession (Verleihung eines Nutzungsrechts Anm. d. Red) gehen. Wir hoffen, dass wir Anfang 2023 Klarheit haben“, berichtet Patricia Baumeister, städtische Referentin für Verkehr und Mobilität.

Gehbehinderte und Blinde haben große Probleme

Dies geht besonders Stefan Schlitz vom Seniorenbeirat deutlich zu langsam. „Seit 2019 gab es zig Anträge, die die herumliegenden Roller und die damit verbundene Unfallgefahr klar aufgreifen. Bisher ist jedoch nichts passiert und die E-Scooter-Problematik hat sich nicht verbessert, obwohl diverse Anträge und Sitzungsvorlagen bereits beschlossen wurden. Ich verstehe auch nicht, wieso man solche rechtliche Prüfungen nicht vor der Einführung der Roller gemacht hat.“ Ähnlich sieht das auch Barbara Knobloch vom Arbeitskreis der Wiesbadener Behindertenorganisationen und Interessengemeinschaften Behinderter. „Menschen mit Behinderungen haben häufig Probleme mit den Rollern, die schlecht geparkt an Ampeln, Bushaltestellen oder mittig auf Gehwegen stehen. Das führt oft zu erheblichen Gefährdungen für Blinde und auch für Rollstuhlfahrende“, so Knobloch, die die Roller sonst eigentlich als gute Sache wahrnimmt.

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Kritik gibt es aber nicht nur an der mangelnden Handhabung bei illegal abgestellten Rollern, sondern auch an den derzeitigen Meldemöglichkeiten. Die vier E-Roller-Anbieter „Tier Mobility“, „Lime“, „Bird“ und „Bolt“ bieten aktuell jeweils eine eigene Hotline an, über die man nicht ordnungsgemäß abgestellte E-Tretroller melden kann. Registrierte Kunden können zudem über die jeweilige mobile App eine solche Meldung durchführen. „Das ist doch viel zu umständlich und oft sind diese Hotlines unbesetzt. Man braucht eine einheitliche Meldestelle, unabhängig vom Anbieter und ohne eine Registrierung“, sagt Schlitz.

Auch das Verkehrsdezernat hätte gerne eine gebündelte Möglichkeit: „Wir haben die Anbieter darüber informiert, dass wir eine Hotline für das gesamte Beschwerdemanagement haben wollen. Eine App, die ähnlich wie ‚Sauberes Wiesbaden‘ funktioniert, kann vielleicht der nächste Schritt sein, doch Priorität hat eine niedrigschwellige Hotline für die Roller aller Anbieter“, so Baumeister. Auch hier hoffe man, Anfang kommenden Jahres Resultate liefern zu können.

Ebenfalls für das kommende Jahr sei perspektivisch ein Pilotprojekt für definierte Abstellzonen in Wiesbaden geplant. Hintergrund: Leipzig erlaubt beispielsweise die Aufstellung von E-Scootern nur stationsgebunden. Dies könne laut Verkehrsdezernat nach der Definition geeigneter Bereiche und Abstimmung mit den Anbietern auch 2023 in Wiesbaden getestet werden.