Doch weniger Wohnungen im Wiesbadener Westfeld?

Was wird aus der Perspektivfläche West? Es könnten weniger Wohnungen enstehen, als ursprünglich geplant waren.

1500 statt 3000 Wohnungen könnten auf der Perspektivfläche West zwischen Schierstein und Dotzheim entstehen. Noch ist vieles im Fluss. Die Bürgerinnen und Bürger bleiben skeptisch.

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Wiesbaden. Statt von 3000 ist jetzt für die Perspektivfläche West zwischen Dotzheim und Schierstein von 1500 Wohneinheiten die Rede.

Diese Information und eine mögliche Alternative für die Polizei in Kastel statt in Schierstein waren die Kernbotschaften, die die Schiersteiner und Dotzheimer aus der gemeinsamen Sitzung beider Ortsbeiräte am Mittwochabend in Dotzheim mit nach Hause nahmen. Der Kurier hatte bereits berichtet, dass für die Polizeiakademie, die Bereitschaftspolizei und das Präsidium für Technik jetzt auch der Petersweg in Kastel als neuer Standort im Gespräch ist. Hauptgrund: Sie könnten schneller dorthin umziehen. Bekanntlich laufen Mietverträge für die jetzigen Standorte der drei Einrichtungen 2036 aus. Sie waren unter der Regierung Roland Koch (CDU) verkauft worden. Eine Sanierung vor Ort, zum Beispiel der Polizeischule auf dem Kohlheck, käme teurer als ein Neubau, sagte Frank von der Au, Referatsleiter im Innenministerium und für die Polizei zuständig.

Wiesbadens Oberbürgermeister weist auf Gewerbeflächen hin

Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) machte auf der sehr gut besuchten Sitzung deutlich, dass auch ohne Polizei im „Westfeld“ Gewerbeflächen vorgesehen sein könnten. Mende und die Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung bekamen erneut die geballte Skepsis der Schiersteiner und Dotzheimer gegenüber Veränderungen in der Perspektivfläche West zu spüren.

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Dieser Skepsis wollten die Referenten mit ausführlichen Erläuterungen zu den Themen entgegentreten, die es abzuwägen gelte. Wiesbaden brauche Flächen für Wohnungen und für Gewerbe, Wiesbaden habe gleichzeitig Verantwortung für den Klimaschutz und für die Betriebe, die es jetzt auf dem Areal gibt, vor allem Gemüsebauern im unteren Teil der Fläche. Mende: „Wir denken auch an die nächste Generation. Aber die nächste Generation muss auch wohnen.“ Sehr viel Grundsätzliches wollten die Zuhörer allerdings nicht hören. Auch die Zahlen, auf die Wiesbaden sich beim Thema notwendiger Wohnungsbau bezieht, wurden als zu hoch kritisiert. Derzeit gehe man, so Andrea Dingeldein vom Amt für Soziale Arbeit, davon aus, dass jährlich 1200 neue Wohnungen gebraucht würden. Bis auf 2021 sei man aber in den vergangenen Jahren unter dieser Marge geblieben.

Große Sorge vieler Bürgerinnen und Bürger: das Klima. Was ändert sich, wenn weitere Flächen versiegelt werden, wird es in Schierstein-Nord und im Ortskern dann noch heißer? Und ist es in diesen Zeiten überhaupt zu vertreten, Äcker, auf denen Nahrung produziert wird, umzuwandeln?

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Marcus Vaupel vom Stadtplanungsamt betonte wie der OB mehrfach, dass man noch in einer sehr frühen Phase des Projekts sei. Wie berichtet agiert die Verwaltung im Auftrag der Stadtverordnetenversammlung, die 2018 beschlossen hatte, die Fläche zwischen Schierstein und Dotzheim genauer zu untersuchen. Wenn gebaut werde, dann nicht auf mehr als 50 Prozent des Areals, sagte Vaupel mehrfach. Im oberen Teil des Areals könnten, antwortete er auf die Frage einer Bürgerin, vier- bis fünfgeschossige Häuser entstehen, weiter unten niedrigere. Aber auch dies sei in der jetzigen Phase noch überhaupt nicht klar. Ebenso wie die Baufelder (siehe Simulationsgrafik), die bisher nur Ideen sind.

Kaltluftschneise ist bekannt

Stadtplaner Sebastian Kupski, Geschäftsführer der Inkek-GmbH, präsentierte Ergebnisse einer Simulation, die darstellt, wie Kaltluft strömt. „Wir können heutzutage so optimiert bauen, dass wir möglichst wenig Schaden anrichten“, so Kupski. Und seitens des Stadtplanungsamts heißt es: „Eine klimasensible Bebauung ist dort möglich.“ Mit der Ausrichtung von Baufeldern und der Größe von Gebäuden zum Beispiel könne man das Mikroklima auf dem Areal beeinflussen.

Im Norden fließt Kaltluft über Dotzheim Mitte, das Sauerland, das Mosbach- sowie Belzbachtal und westlich von der Siedlung Freudenberg strömt Kaltluft, die Schierstein versorgt, so die Simulation.

Die Ortsvorsteher von Schierstein und Dotzheim, Urban Egert (SPD) und Harald Kuntze (Grüne), moderierten die Veranstaltung, zu der unter anderem Anlieger der Saarstraße gekommen waren, die seit Jahrzehnten dort leben und Angst haben, nicht bleiben zu können. Ihnen garantierte der OB Bestandsschutz. Auf Kurier-Nachfrage erläutert die Verwaltung: Bestandsschutz im öffentlichen Baurecht sichert Eigentümern eines bebauten Grundstücks den Anspruch, das ihnen die per Baugenehmigung genehmigte Nutzung quasi für immer bleibt, auch wenn sich das Bauplanungsrecht dort ändert.