Die Grünen wollen Wiesbadens Rathaus erobern

aus OB-Wahl in Wiesbaden

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Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir (Grüne) und Christiane Hinninger, die für die Grünen ins Rennen um den Oberbürgermeister-Posten geht, trafen im vollbesetzten „Studio ZR6“ auf ein fragefreudiges Publikum. Foto: René Vigneron

Wirtschaftsminister Al Wazir unterstützt im „TR6“ nicht nur die grüne OB-Kandidatin Hinninger, er belegt auch seine Kenntnis der lokalen Verhältnisse.

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WIESBADEN. Was die Rahmenbedingungen angeht, zählte der Grünen-Wahlkampftermin zu OB- und Europawahl am Donnerstag nicht unbedingt zur dankbaren Sorte: City-Bahn-Versammlung in Biebrich, Eintracht-Spiel in London und mit „Global denken, lokal handeln“ dann auch noch ein Motto à la „thematische Wundertüte“. Trotz allem hatte der gemeinsame Abend der Grünen-OB-Kandidatin Christiane Hinninger und Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al Wazir einiges zu bieten – thematisch und auch was die Resonanz angeht. Das „Studio ZR6“ war voll besetzt. Und zwar mit Gästen, die den beiden Politikern in der gut zweistündigen Fragerunde einiges entlocken konnten.

Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir (Grüne) und Christiane Hinninger, die für die Grünen ins Rennen um den Oberbürgermeister-Posten geht, trafen im vollbesetzten „Studio ZR6“ auf ein fragefreudiges Publikum. Foto: René Vigneron

Zum Beispiel, das sich Tarek Al Wazir schon arg gewundert hat, als er am Abend der jüngsten Landtagswahl bei einem TV-Interview zum Sanierungsbedarf hessischer Schulgebäude befragt wurde – und dazu Bilder von kaputten Toiletten der Elly-Heuss-Schule zu sehen waren: „Vieles ist eben eine Frage von Prioritäten. Wiesbaden ist keine arme Stadt. Und seit ich im Landtag sitze, wurde hier gefühlt schon drei Mal der Schlossplatz neu gepflastert.“

Für veränderte Prioritäten, hakte Christiane Hinninger ein, wolle sie sich als Oberbürgermeisterin einsetzen. Was Betreuungsplätze und Bildung angehe ohnehin. Besonders wichtig sei ihr aber auch, dass Klimaschutz in sämtlichen Politikfeldern einen höheren Stellenwert bekomme, vom Wohnungsbau über Energiewirtschaft bis hin zum klassischen Naturschutz. Was mit Beharrlichkeit zu erreichen sei, habe der grüne Verkehrsdezernent Andreas Kowol ja beim Thema Dieselfahrverbot bewiesen. Das Thema Bausanierung im Wohnungsbereich dümpele in Wiesbaden aktuell etwas vor sich hin. Dabei könne die energetische Sanierung ja auch als Jobmotor im Handwerk dienen. Und Lohnarbeit sei wiederum das beste Mittel, um etwas gegen die nicht wegzudiskutierenden hohen Armuts- und Arbeitslosenquoten in der Landeshauptstadt auszurichten.

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Gegen die Verteuerung von Mieten, stimmten Hinninger und Al Wazir überein, seien nicht nur verstärkte Bautätigkeit und Instrumente wie Mietpreisbremsen wirkungsvolle Mittel. Auch der sinnvolle Ausbau von Verkehrswegen, insbesondere im ÖPNV, könne den Druck auf die Zentren mindern. „Auch eine City-Bahn entlastet den Wohnungsmarkt. Wenn die Verbindung da ist, ist Schwalbach zum Beispiel plötzlich viel näher dran an der Stadt“, so Al Wazir. Die bundesweit viel diskutierten Enteignungen seien in Wiesbaden als Instrument derzeit kein Thema, berichtete Hinninger.

„Mein Stil im Rathaus wird ein anderer sein“, versprach Hinninger, das in der Stadt vorhandene Know-how mehr zu nutzen und sich für dezernatsübergreifende Arbeit einsetzen zu wollen. Ein Kernanliegen sei ihr auch, endlich mehr Frauen in die Aufsichtsgremien und Geschäftsführungen der städtischen Gesellschaften zu bringen.

Mit einer Stilwende und dem höheren Frauenanteil entsprachen Hinningers Forderungen nicht nur ganz dem Geschmack des Publikums, sondern auch der des Landesministers. Der bekannte: „Ich habe in den letzten Monaten mit einem gewissen Erstaunen auf manches in der Wiesbadener Politik geblickt.“

Von André Domes