Die exklusiven Krankenbetten: Privatkliniken in Wiesbaden...

Flachbildfernseher, Espresso-Maschine und WLan: die Zimmer der Privatklinik Lilium bieten den Privatpatienten und Zuzahlern einige Extras. Foto: René Vigneron

Wenn Patienten aus Russland oder aus der Golfregion nach Wiesbaden kommen, dann wollen sie in eine der hier ansässigen Privatkliniken. Die sehen sich als "exklusiver"...

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WIESBADEN. Die Krankenzimmer in der Nordenstadter Lilium-Klinik erinnern mehr an ein Hotel: Holzböden und gedeckte Farben, dazu Flachbildfernseher und Espresso-Maschinen. Die Zimmer sind nach Städten benannt: nach Singapur etwa und New York. Auch von der üblichen Hektik eines Klinikalltags merkt man in der Borsigstraße im Gewerbegebiet nichts. Lilium ist aber auch keine normale Klinik: In dem kleinen stationären Bereich mit zehn Zimmern und 13 Betten liegen nur Privatpatienten, Zuzahler und Selbstzahler, keine Kassenpatienten. Sie ist nicht die einzige Privatklinik in Wiesbaden.

Lilium-Klinikdirektor ist Prof. Heinz Lohrer, ein Sportorthopäde mit internationalem Renommee, der als Olympiaarzt im Einsatz war. Im selben Haus, dem Medical Center, betreibt er auch eine Privatpraxis. Zum Ärzteteam der Klinik gehören zudem ein Orthopädischer Chirurg, ein Neurochirurg, ein Urologe, ein Plastischer Chirurg und zwei Anästhesisten. „Die Fachbereiche unserer Klinik sind durch unsere Operateure gewachsen“, erklärt Lohrer. Sie teilen sich die Infrastruktur.

Patienten aus der Golfregion und Russland

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Im Gegensatz zu den großen Wiesbadener Krankenhäusern sind reine Privatkliniken wie Lilium kein Teil der staatlichen Krankenhausplanung. Die stationären Leistungen werden nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen, dafür aber meist von der privaten. 80 Prozent ihrer Patienten seien reine Privatpatienten, sagt Lohrer. „20 Prozent machen die klassischen Beamten aus dem öffentlichen Dienst aus.“ Als Selbstzahler kämen fast nur Patienten aus dem Ausland – aus der Golfregion oder aus Russland.

Privatpatienten und Selbstzahler sind in allen Kliniken gerne gesehen. Die Lilium-Klinik könne ihnen aber mehr bieten, sagt Lohrer. „Hier begleitet ein Arzt den Patienten von der Diagnose über die OP bis in die Reha. Ich weiß alles über meine Patienten. Das verhindert Reibungsverluste.“ Die Ansprache sei zudem persönlicher als auf den Privatstationen der großen Kliniken, „die technische Ausrüstung und unsere Auflagen unterscheiden sich aber nicht“.

Ambulante Eingriffe auch für Kassenpatienten

In der Lilium-Klinik werden bis zu 80 ambulante und stationäre Operationen im Monat durchgeführt, sagt Geschäftsführer Stefan Wetzel. Für ambulante Eingriffe vermiete die Klinik ihre OP-Räume samt Geräten und Personal auch an niedergelassene Wiesbadener Fachärzte, die dort auch Kassenpatienten operieren. Der Anteil dieser Eingriffe liege derzeit bei 30 bis 40 Prozent.

Wirtschafts- und Gesundheitsdezernent Detlev Bendel (CDU) sieht Privatkliniken wie Lilium deshalb positiv. „Sie bringen Wiesbaden eine zusätzliche Bereicherung durch bestimmte Kapazitäten. Renommierte Ärzte ziehen Patienten aus ganz Deutschland und dem Ausland an, sind aber auch für Wiesbadener da, selbst wenn es nur um eine zweite Meinung geht. Diese Spezialisierung dient den Menschen.“ Die großen Kliniken könnten diese Konkurrenz aushalten, so Bendel. „Es ist ja kein Massengeschäft.“

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Augenlaserzentrum in der Friedrichstraße

Eine Privatklinik ist auch das Augenlaserzentrum an der Friedrichstraße, das vor 16 Jahren gegründet wurde. Klinikleiterin und Augenärztin Dr. Beate Steinhorst sagt, dass sie eng mit niedergelassenen Kollegen und Augenkliniken im Rhein-Main-Gebiet kooperiere. „Gerade im Bereich der Sehkorrektur kommt es auf Erfahrung in der Diagnostik genauso an wie auf die Kenntnis und Anwendung der geeigneten Korrekturverfahren. Das kann nicht jede Klinik gleichermaßen bieten.“

Einige ihrer Verfahren würden ohnehin nicht vollständig von den gesetzlichen Kassen übernommen, so Steinhorst – anders bei den Privatpatienten, die etwa die Hälfte ihrer Patienten ausmachen. Hinzu kämen 30 Prozent Zu- und 20 Prozent Selbstzahler. „Wir können uns den Luxus leisten, uns Zeit für unsere Patienten zu nehmen.“ Das werde geschätzt. „Einige Profi-Fußballclubs kommen geschlossen zum Augencheck zu uns“, ganze Familien aus dem arabischsprachigen Raum zur Diagnose und Behandlung. Das berichtet auch Lohrer von der Lilium-Klinik. Dafür eigne sich Wiesbaden und die Lage der Klinik – nahe Autobahn und Flughafen: „Internationale Patienten spielen eine große Rolle.“ Und die seien eben auch für die Stadt ein Wirtschaftsfaktor, betont Dezernent Bendel.

„Es gibt nun mal zwei Klassen in der Medizin“

Dass sich nicht alle Wiesbadener die Behandlung in einer solchen Privatklinik leisten können – dazu hat Lohrer eine klare Haltung: „Es gibt nun mal zwei Klassen in der Medizin.“ Er habe sich vor langer Zeit für die eine entschieden, auch um mehr Zeit für seine Patienten zu haben. „Wir sind ein Bauteil des Gesundheitssystems in Wiesbaden – aber ein exklusives.“ Und das werde weiter an Bedeutung gewinnen, „denn viele Menschen sind bereit, ihr Geld für Gesundheit auszugeben“. Auch Bendel bestätigt, dass die Gesundheitswirtschaft wachse. „Und dazu gehören auch diese Einrichtungen. Mit Blick auf den demografischen Wandel erwarten wir weiter steigende Patientenzahlen.“