Bis Silvester abrufbar: Verfallen Fördermittel für...

Das marode Walhalla-Theater wartet noch immer auf seine Sanierung. Archivfoto: Sebastian Stenzel
© Archivfoto: Sebastian Stenzel

2,05 Millionen Euro warten im Kulturetat des Bundes darauf, für die Sanierung des Walhalla abgerufen zu werden. Wiesbaden lässt die Frist wohl verstreichen.

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WIESBADEN. Lässt die Stadt Wiesbaden ohne Not über zwei Millionen Euro verfallen? Und warum geht es in Sachen Walhalla-Sanierung nicht voran? Über diese beiden Fragen gibt es momentan eine Kontroverse, die sich rund um den historischen Kulturtempel in der Wiesbadener Innenstadt entsponnen hat. Auf der einen Seite stehen die Initiatoren des Nutzungskonzepts „Walhalla Studios“, die sich Mitte 2017 als Betreiber für das Kulturzentrum beworben hatten. Auf der anderen stehen die, die für die Revitalisierung des einstigen Schmuckstücks verantwortlich zeichnen, die städtische Immobilien-Holding WVV. Dazwischen: jede Menge offener Fragen.

Eine davon ist, was aus den 2,05 Millionen Euro für die Sanierung des Walhalla wird, die noch im Kulturetat des Bundes darauf warten, von der Landeshauptstadt abgerufen zu werden. Für die Einstellung des Gelds hatte sich 2016 die scheidende Wiesbadener Bundestagsabgeordnete Kristina Schröder stark gemacht und der Stadt, die damals Pläne für die Ansiedlung eines Varieté-Theaters hatte, damit gleichsam ein Abschiedsgeschenk gemacht. Der damalige Interessent für den Kulturbetrieb, die GOP-Gruppe, ist mittlerweile nicht mehr da, das Geld schon. Zumindest bis zum Jahreswechsel.

Projekt auf der langen Bank

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Sollte bis dahin kein Nutzungskonzept aus Wiesbaden bei der Kulturstaatsministerin eingegangen sein, wäre die Frist verstrichen, die Mittel aus dem Bundeshaushalt 2017 noch abzurufen. „Völlig ohne Not, denn ein Nutzungskonzept liegt der Stadt ja vor: unseres“, ist dem Initiator des Studio-Konzepts, Michael Müller, völlig unverständlich, dass sich die Kommune die Chance auf eine millionenschwere Finanzspritze entgehen lässt. Erst recht deswegen, weil sich viele Stadtobere von der Nutzungsidee überzeugt gezeigt und ihre Unterstützung zugesagt hätten. „Jetzt schiebt man das Projekt immer weiter auf die lange Bank und lässt das Walhalla sehenden Auges immer weiter verfallen.“

Dass zumindest das Fördergeld verfallen könnte, will auch Andreas Guntrum nicht ausschließen, der das Projekt Walhalla im Auftrag der WVV betreut. Allerdings, erläutert der Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft SEG, habe man kein Konzept einreichen können, weil die Förderzusage auf Grundlage des Varieté-Konzepts von GOP ergangen sei. Auch den Vorwurf der Untätigkeit weist Guntrum entschieden zurück. Es seien in der Zwischenzeit zahlreiche Gutachten zum Gebäudezustand angefertigt worden und die Denkmalpflege um eine Bewertung gebeten worden. Fest stehe „egal, was man da drin machen will, der Denkmalschutz muss da erst mal mitmachen“.

Nun stehe fest, dass Spiegelfoyer und die historische Saaldecke erhalten werden müssen. Nachdem man hierfür die Kosten ermittelt hat, könne man sich dann Gedanken über eine Nutzung machen. Ein anderes Konzept als das ursprüngliche von GOP beim Bund einzureichen, habe man deswegen und wegen der beim Studio-Konzept fehlenden Kostenschätzung schlicht als wenig aussichtsreich angesehen.

Kontakt mit Kulturstaatsministerin aufnehmen

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Dass es sich dabei um eine Fehleinschätzung handeln könnte, ergaben mehrere Anfragen dieser Zeitung und des Wiesbadener Lilienjournals bei der Kulturstaatsministerin. Aus den Antworten geht zum einen hervor, dass die Ausschüttung der Fördermittel wohl nicht an die Realisierung eines bestimmten Projekts gebunden ist: „Die Mittel können entsprechend der Zweckbestimmung des Titels für ,Investive Kulturmaßnahmen bei Einrichtungen im Inland’ verwendet werden.“ Schon gar nicht sind die 2,05 Millionen Euro aber an das GOP-Konzept geknüpft – im Berliner Ministerium kennt man diese Planung nämlich gar nicht: „Es liegt noch kein Förderantrag und auch kein Nutzungskonzept vor. Es kann sein, dass im Rahmen der oben angegebenen Abstimmungen mit Bundestagsabgeordneten Unterlagen vorgelegt wurden. Die BKM hat hierüber allerdings keine Kenntnis.“

Mittlerweile hat sich der WVV-Aufsichtsrat mit der Thematik befasst und die Geschäftsführung angewiesen, noch mal Kontakt mit der Kulturstaatsministerin aufzunehmen um mehr zum Status der Fördermittel zu erfahren. Womöglich könne man durch die Einreichung des Studio-Konzepts ja doch noch die Chance nutzen, sich das Geld zu sichern. „Das ist in der Klärung“, erläuterte WVV-Geschäftsführer Rainer Emmel auf Nachfrage.

Von André Domes