Biebricher will in Wiesbaden neue Wohnlösungen schaffen

Um bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen, müssen auch die Baukosten niedrig bleiben. Für seine Genossenschaftswohnungen denkt Benedikt Schwaderlapp über Bauten aus Holzmodulen nach, wie sie die Wohnbaugesellschaft "Vogewosi" schon im österreichischen Vorarlberg erfolgreich für günstigen Wohnraum nutzt.  Foto: Vogewosi
© Vogewosi

Günstiger Wohnraum und davon viel. Und dann soll er auch noch denen passen, für die er entsteht. Gibts nicht? Ein Biebricher schmiedet gerade Pläne, um all diese Fliegen mit...

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WIESBADEN. Möglichst schnell, möglichst viel und möglichst verträglich – Wer die aktuellen Wohnraum-Debatten in der Stadt verfolgt, der gewinnt oft genug den Eindruck, es gelte eine reine Mengenaufgabe zu lösen. Dabei ist die Frage viel kniffliger. Wohnraum muss schließlich nicht nur da sein, er muss auch denen passen, für die er entsteht. In Sachen Ausstattung und Größe, Lage und Energieverbrauch und ganz zu vorderst natürlich finanziell. Einer, der all diese Fliegen mit einer Klappe schlagen will, ist Benedikt Schwaderlapp. Der Biebricher schmiedet gerade Pläne, in Wiesbaden eine neue Wohnbaugenossenschaft zu gründen, und ist dafür auf der Suche nach Mitstreitern – mit und ohne eigenen Bedarf an Wohnraum.

Das Grundprinzip von "Basic", so hat der Initiator das Projekt getauft, ist das der klassischen Genossenschaft: Eine Gruppe Gleichgesinnter investiert in einen Topf, um ein gemeinsames Projekt Realität werden zu lassen. In diesem Fall ist das die Schaffung günstiger, innovativer Wohnlösungen, die es in Wiesbaden derzeit nicht oder zumindest viel zu selten gibt. Die Organisationsform bietet nicht nur eine bewährte und berechenbare Struktur, sondern lässt das Projekt auch unabhängig von Personen funktionieren. Und von Größenordnungen. Erweist sich die Idee als so erfolgreich, wie Schwaderlapp überzeugt ist, sei Wachstum kein Problem. Mit der Genossenschaft als Dachorganisation könnten im ganzen Stadtgebiet "Basic"-Standorte mit unterschiedlichen Wohnkonzepten und Zuschnitten entstehen.

Altere als Zielgruppe

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"Wir brauchen einfach was Neues", sagt Schwaderlapp und ist davon überzeugt, dass der Wohnungsbau klassischer Prägung zwar weiterhin seine Berechtigung habe, aber immer wieder auch an seine Grenzen stoße. Dann zum Beispiel, wenn es um die Realisierung von Wohnprojekten geht, die sich jenseits des althergebrachten Zimmer-Küche-Bad-Balkon-Musters bewegen.

Schwaderlapp schwebt beispielsweise die Schaffung von Clusterwohnungen vor. Hinter dem Begriff verbergen sich kleine Einzelapartments mit privatem Wohnbereich und Bad, die sich aber gruppenweise um einen Gemeinschaftsbereich inklusive Küche gruppieren. "Das verbindet Wohnen in Gemeinschaft mit dem Wunsch nach Privatsphäre." Schwaderlapp sieht nicht zuletzt ältere Menschen als Zielgruppe. Wer im Alter lieber in Gemeinschaft leben möchte, statt zu vereinsamen, oder wem der Unterhalt des eigenen Hauses oder der nicht mehr ausgenutzten Familienwohnung zur Last wird, für den könnte die Clusterwohnung eine Alternative bieten. Trotz relativ kleiner Privatanteile von etwa 20 oder 25 Quadratmetern vergrößert sich die Wohnfläche für die Cluster-Nachbarn enorm. „Wohnen zum Beispiel 30 Personen in einem Objekt mit zwölf Wohnungen zusammen, stehen zusätzlich 150 Quadratmeter für eine gemeinsame Nutzung zur Verfügung“, rechnet Schwaderlapp vor. Auf diese Weise seien mittlerweile selbst sozial geförderte Einheiten realisierbar.

"Das geht natürlich nur, wenn man sich vom harten Rendite-Denken löst“, sagt Schwaderlapp. Er ist auf der Suche nach Genossenschaftlern, denen die Weiterentwicklung Wiesbadens wichtig genug ist, dass für sie eine Rendite von 1,5 Prozent bei einer Einlage zwischen 6000 und 25_000 Euro genug Vorteil darstellt. Um das Kapital bestmöglich einzusetzen, ist preisgünstiges Bauen für „Basic“ die Devise. Mit einer innovativen Konstruktionsweise, etwa durch die Nutzung von seriell gefertigten Holzmodulen, könnten Wirtschaftlichkeit, ökologisch nachhaltiges Wohnen und hoher Qualitätsstandard miteinander verbunden werden.

Reichlich Beispiele in allen Größenordnungen

Ein unsicheres Experiment sei das Projekt "Basic"-Genossenschaft keineswegs, betont der Initiator. Sowohl für die Bauart, für die Clusterwohnungen als auch für die Finanzierung gebe es reichlich Praxisbeispiele in allen denkbaren Größenordnungen. Was fehlt, sei lediglich die ausreichende Menge an Mitstreitern. Und es gibt noch eine Hürde zu meistern: ein oder mehrere geeignete Grundstücke. Während die Grundidee der Genossenschaft vollständig privat funktionieren kann, wäre da eine Möglichkeit zu Unterstützung von der Kommune. In anderen Städten gebe die Kommune Projekten wie diesem durch Konzeptvergaben oder Erbpachtverträge eine wichtige Starthilfe und komme so mit geringem Mitteleinsatz zu einer günstigen Wohnraumentwicklung.

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Von André Domes