Lange war es in der Stadtpolitik ziemlich still in Sachen Arbeiterwohlfahrt. Jetzt meldet sich die Opposition in der Stadtverordnetenversammlung zu Wort.
WIESBADEN. (dom). Lange hielt sich die Wiesbadener Lokalpolitik mit Stellungnahmen und Forderungen zum Awo-Skandal weitgehend zurück. Nach den jüngsten Enthüllungen scheinen die Vorgänge rund um die Arbeiterwohlfahrt aber auch in der Landeshauptstadt zum Politikum zu werden. Mit FDP, AfD und der Fraktion Freie Wähler/Bürgerliste Wiesbaden (FW/BLW) gingen in den vergangenen Tagen gleich drei Oppositionsfraktionen mit Forderungen an die Öffentlichkeit.
Empört zeigt sich die FDP. Partei- und Fraktionschef Christian Diers sieht eine Systematik: „Ob RCC, Kuffler, die Vergaben bei der City-Bahn oder nun die Awo: In unserer Stadt zeichnet sich ein beunruhigendes Muster ab. Großauftragnehmer der Stadt sind mit den Vorderleuten der Kooperationsparteien CDU, SPD und Grünen bestens vernetzt und durch gegenseitige Abhängigkeiten miteinander verflochten.“
Netz aus Parteien, Unternehmen und Verbänden
Die Kooperation müsse nun die Gelegenheit nutzen, „das Netz aus Volksparteien, Stadtpolitik, Unternehmen und Verbänden zu entflechten“. Der Magistrat sei ebenfalls gefordert. „Auch Stadtrat Manjura sollte sich nun erklären, ob und was er als ehemaliger persönlicher Referent der Geschäftsführung der AWO Wiesbaden über die (Neben-)geschäfte der Familie Richter und die Firmenkonstruktion rund um Somacon/Consowell wusste. Falls ja, wieso hat er seit seinem Amtsantritt als Sozialdezernent keine Konsequenzen gezogen?“, fragt Sebastian Rutten, Vorsitzender des Sozialausschusses.
Auf die Berichterstattung dieser Zeitung über städtische Zuschüsse für Awo-Einrichtungen reagierte die AfD am Mittwoch: „Zwar klingen die Erklärungen des Dezernenten zu den um knapp ein Drittel gestiegenen Zahlungen der Stadt an die Wiesbadener Awo auf den ersten Blick plausibel, sie erlauben dem Außenstehenden aber keine echte Bewertung.“ Daher werde man beantragen, das Revisionsamt offiziell mit einer Prüfung zu beauftragen, „ob alle Auftragsvergaben, Leistungsnachweise und die Höhe der Zuwendungen in Ordnung sind“.
Die Unterstützung der FW/BLW dürfte die Forderung finden. „Es geht um mehr als die Vorlage von Zahlen, sondern die Überprüfung, wo und wie eventuell Steuergelder veruntreut sein könnten“, hält Christian Bachmann, stellvertretender Fraktionschef der FW/BLW, die bisherigen Ausführungen Manjuras für unzureichend. Seine Fraktion werde sich für eine Verschärfung der Förderrichtlinien einsetzen und habe den Magistrat bereits gefragt, ob es in den vergangenen vier Jahren schon Auffälligkeiten bei Überprüfungen von Zuschüssen gegeben habe. „Es kann nicht sein, dass Angestellte von staatlich bezuschussten Trägern mehr verdienen als der Oberbürgermeister.“