Awo-Kreisausschuss fordert Konsequenzen aus Affäre

Die Kreisausschusssitzung der Awo wurde zur Krisensitzung. Man hofft auf einen baldigen Neuanfang. Archivfoto: René Vigneron.

Nach der Affäre fordern hoffen die Ortsvereine der Arbeiterwohlfahrt auf einen Neuanfang mit unbelasteten Kräften

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WIESBADEN. Der Schiersteiner Awo-Ortsvereinsvorsitzende Hans Groth bringt die Stimmung seiner Kollegen aus den anderen Ortsvereinen auf den Punkt: "Sehr enttäuscht" sei er von den Vorgängen um die Geschäftsführung, um überhöhte Gehälter, undurchsichtige Geldströme und andere Privilegien, "das ist alles nicht Awo-like". Aber Groth sagt auch, dass für ihn der gesamte Kreisvorstand versagt habe, der eigentlich als Kontrollinstanz die Auswüchse hätte erkennen und stoppen müssen. Diese Worte fielen im Nachgang zur Awo-Kreisausschusssitzung, die am Donnerstagabend stattfand und an der der Vorstand des Kreisverbandes, die Geschäftsführung sowie die Ortsvereinsvorsitzenden teilnahmen. Sie beschlossen einen Neuanfang, der von der Kreisdelegiertenversammlung am 22. Januar ausgehen soll. Man will, so ist zu hören, von den bisherigen Vorgängen unbelastete Menschen finden, die den Wohlfahrtsverband wieder in ruhigere Gewässer führen sollen.

Zuvor aber soll noch aufgeklärt werden, das verkünden neben dem Schiersteiner Groth auch die Vorsitzenden der Ortsvereine Dotzheim (Gaby Wolf), AKK (Christa Gabriel) und Biebrich (Heike Denne) in einer gemeinsamen Presseerklärung.

Auch wenn noch bei Weitem nicht alles aufgeklärt und alle Prüfungen abgeschlossen seien, ziehe man das Fazit, "dass jetzt auch dem letzten Verantwortungsträger im Kreisverband Wiesbaden bewusst sein sollte, wie es um die Awo bestellt ist". Kritik gab es vor allem "an dem Geschäftsgebaren der vorherigen Geschäftsführerin", die, so der Wortlaut, "nach zunächst erfolgreicher Arbeit dann finanzielle Entscheidungen getroffen hat, die nicht im Einklang mit den Grundwerten der Arbeiterwohlfahrt stehen".

Groth: "Nicht alle Leute vom Hof jagen"

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Dazu fügt Denne gegenüber dieser Zeitung an, dass sie hoffe, dass die Staatsanwaltschaften in Wiesbaden und Frankfurt hart am Ball blieben, "da es ja um Steuergelder geht". Denne ist auch der Meinung, dass die am "System Awo" Beteiligten keinesfalls in ihren Ämtern bleiben könnten. "Raffgier" bei "einer Handvoll Leuten" kritisiert auch Groth, räumt aber ein, dass man derzeit ja "nicht alle Leute vom Hof jagen" könne, "der Laden muss ja weitergehen". Dennoch wurde hinterfragt, wieso in Nachfolge der früheren Geschäftsführerin Hannelore Richter plötzlich gleich drei neue Geschäftsführer berufen wurden. Da soll der ebenfalls anwesende stellvertretende Frankfurter Geschäftsführer und ehemalige Wiesbadener Awo-Revisor Panagiotis Triantafillidis, dessen Honorarforderungen als Anwalt an die Awo Frankfurt Gegenstand von öffentlicher Kritik sind, das Wort ergriffen haben und den Einsatz dreier Chefs (von denen mittlerweile einer zurückgezogen hat) als sinnvoll verteidigt haben.

In der Pressemitteilung der Ortsvereinsvorsitzenden wird dargelegt, dass der Kreisvorstand "als Aufsichtsratsgremium bei ganz vielen Entscheidungen nicht eingebunden wurde", außerdem von diesem "Verträge und Vereinbarungen offenbar ,blind und vertrauensselig' gegengezeichnet und der Lehrsatz ,Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser' völlig außer Acht gelassen wurde".

Denne wiederum sieht auch ein Stück Verantwortung bei denen, die jetzt höchstens einräumten, "nicht genau hingeschaut" zu haben. Die verbliebene amtierende Kreisvorsitzende Elke Wansner, mit kurzer Unterbrechung seit 20 Jahren Vorstandsmitglied, betrachtet sich laut den Sitzungsteilnehmern unvermindert als Teil des Aufklärungsprozesses. Allerdings hat sie angekündigt, bei der Kreisdelegiertenversammlung nicht noch einmal für den Vorstand zu kandidieren.

Bei der Sitzung am Donnerstag wurde festgelegt, dass bei der Versammlung am 22. Januar die Entlastung des Vorstands gar nicht erst auf die Tagesordnung gesetzt werden soll. Groth, seit 35 Jahren dabei, hofft auf baldige bessere Zeiten: Damit die gute Arbeit in den Ortsvereinen und Einrichtungen der Awo fortgesetzt werden kann.