Ausschreibungsverlängerung: Wiesbadener Ziel mit...

Auf dem Betriebsgelände von Eswe-Verkehr sollen künftig nicht nur diese Diesel-Busse durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden. Hier soll auch das Laden der batteriebetriebenen Fahrzeuge erfolgen. Foto: Olaf Streubig
© Olaf Streubig

Wiesbaden will in vier Jahren den Öffentlichen Personennahverkehr komplett emissionsfrei ablaufen lassen - als erste Stadt in Deutschland. Doch diese Zielsetzung scheint nun in...

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WIESBADEN. Im Jahr 2022 will Wiesbaden „deutschlandweit den ersten komplett emissionsfreien Öffentlichen Personennahverkehr“ auf die Straße bringen. Doch diese Zielsetzung scheint nun in Gefahr. Zwar beteuert Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne): „Die ersten Elektrobusse werden nächstes Jahr durch Wiesbaden rollen.“ Das seit Monaten proklamierte Ziel, bereits im kommenden Jahr insgesamt 55 E-Busse in Betrieb zu nehmen, wird aber nicht erreicht. Grund für die erneute Verzögerung ist eine sogenannte Änderungsbekanntmachung in der Ausschreibung. Die europaweite Ausschreibung endete eigentlich vergangene Woche, nun muss sie verlängert werden – „nach dem Willen des Aufsichtsrates und auf Anraten der Fachanwälte“, heißt es von Eswe Verkehr.

Notwendig sei das, weil einer der potenziellen Lieferanten kurzfristig einen Fragenkatalog eingereicht habe. „Die Detailfragen müssen geklärt und beantwortet werden“, sagt Hermann Zemlin. Er ist einer von drei Geschäftsführern bei Eswe Verkehr und nennt einen weiteren Grund für die wohl mehrmonatige Verzögerung: „Die Bundesregierung hält ihre Zusagen nicht ein.“ Die Förderung aus dem Bundesverkehrsministerium falle nicht so aus, wie eigentlich zugesichert.

Wie berichtet, sorgt man sich in Wiesbaden aufgrund von Äußerungen des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU). Der hatte gesagt, er wolle kein Förderprogramm für die asiatische Wirtschaft einrichten.

Bislang vier Bewerber

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Branchenkenner attestieren aber allein chinesischen Herstellern, die aktuell bundesweit benötigten Stückzahlen an Elektrobussen überhaupt herstellen zu können. Auch in Wiesbaden bietet ein chinesisches Unternehmen mit: die Firma BYD („Build your dreams“). Sie ist einer von vier Bietern und produziert seit 2017 auch in Ungarn – bis zu 400 Elektrobusse jährlich. Zu den Bewerbern will Eswe Verkehr aufgrund der laufenden Ausschreibung keine Informationen geben. Auch Daimler, Solaris (Polen) und VDL (Niederlande) haben wie bereits berichtet ihren Hut in den Ring geworfen.

„Wir hoffen, dass sich durch die Verlängerung der Ausschreibung weitere Firmen bewerben“, sagt Eswe-Sprecherin Lisa Uphoff, „schließlich entwickelt sich die Technik schnell und vielleicht kann einer nächstes Jahr bessere Batterien anbieten, was er dieses Jahr noch nicht konnte.“

"Wollen keine Schnellschüsse machen"

Der Hersteller, der den Zuschlag schließlich erhält, soll nicht nur die gesamte Flotte von 220 Fahrzeugen umrüsten, sondern auch die gesamte Infrastruktur für das Laden der Fahrzeuge bereitstellen. „Da wir jetzt eine Runde mehr drehen müssen, werden wir die 55 E-Busse 2019 nicht schaffen, einige davon werden wohl erst 2020 fahren“, prognostiziert Zemlin. Nach der zweiten Verlängerung der Ausschreibung sagt sein Geschäftsführer-Kollege Frank Gäfgen: „Auch wenn wir ein Leuchtturmprojekt sind, wollen wir keine Schnellschüsse machen und vergaberechtlich korrekt arbeiten.“

Die Umrüstung der gesamten Busflotte soll aber bis 2022 geschafft werden und hat _im Hinblick auf ein in Wiesbaden drohendes Dieselfahrverbot hohe Symbolkraft. Das Verwaltungsgericht urteilt darüber im Dezember, mit Spannung blicken Kowol und die Wiesbadener Stadtpolitik auf ein Urteil für Frankfurt, das am heutigen Mittwoch gesprochen werden soll und vermutlich große Signalwirkung für Wiesbaden hat.