„WiesPaten“ organisieren internationale Begegnungstreffen für Wiesbadener Jugendliche
Von Anja Baumgart-Pietsch
Ob in Wiesbadens Partnerstädte San Sebastián, Tunbridge Wells und Ljubljana oder nach Danzig, Thessaloniki oder Cardiff: An den pädagogisch begleiteten Reisen nehmen vornehmlich Jugendliche aus Real- und Hauptschulen teil, für die Reisen ins Ausland nicht selbstverständlich sind. Fotos: Amt für Soziale Arbeit
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WIESBADEN - „Es ist eine Win-win-Situation“, sagt Elisabeth Ganss, ehemalige Personalchefin bei Dow Corning, jetzt Freiberuflerin – und Schirmherrin des Programms „WiesPaten international“. Die Begeisterung, die sie für dieses Programm aufbringt, teilt auch Karoline Deissner vom Amt für Soziale Arbeit. Beteiligt an diesem internationalen Jugendaustauschprogramm sind die Stadt, einige Unternehmen – und viele Jugendliche aus Haupt- und Realschulen, die nicht so selbstverständlich wie Gymnasiasten ins Ausland reisen. Das hat viele Gründe, längst nicht nur finanzielle.
Hemmschwellen abzubauen und den Jugendlichen internationale Erfahrungen zu ermöglichen, hat sich „WiesPaten international“ seit 2014 auf die Fahne geschrieben. Die Paten sind Unternehmen wie Dow Corning, die Naspa, die Ikano-Bank, Huhle Stahlbau, die SEG und viele andere. Sie sponsern seit 2009 Gruppenunterricht für Schüler aus bildungsfernen Familien. Lehrer und Schulsozialarbeit wählen die infrage kommenden Jugendlichen aus – viele, aber nicht alle mit Migrationshintergrund. Lehramtsstudenten treffen sich regelmäßig mit ihnen zum Förderunterricht in Kleingruppen. Die Unternehmen unterstützen die Gruppen aber nicht nur finanziell, sondern laden sie auch ein: Praktika und Betriebsführungen, Feste und Ausflüge gibt es. „Es sind eben echte Patenschaften“, sagt Elisabeth Ganss. „Wir lernen uns kennen.“ Das schärfe auch in Unternehmen den Blick für Jugendliche aus Zielgruppen, die man sonst nicht unbedingt „auf dem Schirm“ hat. „Vielleicht sind darunter ja auch unsere zukünftigen Azubis.“
Das internationale Zusatzangebot war, so Ganss, „ein echter Evolutionsschritt. Das Patenprogramm lief gut, wir haben überlegt, was wir denn noch zusätzlich anbieten können.“
Deutlicher Schub für die Persönlichkeitsentwicklung
Ob in Wiesbadens Partnerstädte San Sebastián, Tunbridge Wells und Ljubljana oder nach Danzig, Thessaloniki oder Cardiff: An den pädagogisch begleiteten Reisen nehmen vornehmlich Jugendliche aus Real- und Hauptschulen teil, für die Reisen ins Ausland nicht selbstverständlich sind. Fotos: Amt für Soziale Arbeit Foto:
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Beim Amt für Soziale Arbeit ist man überzeugt von der Wirksamkeit internationaler Jugendbegegnungen: Erfahrung und Persönlichkeitsentwicklung, Selbstbewusstsein und Sprachkenntnisse, alles erhält einen deutlichen Schub. Da sollten finanzielle oder andere Hemmnisse nicht im Weg stehen. So überlegte man zunächst, ob man eine Gruppe zum Dow-Corning-Werk nach Wales schicken könnte. „Das klappte aus verschiedenen Gründen nicht, aber der Stein war ins Rollen gekommen“, berichtet Ganss. Die erste Wiesbadener Gruppe – Jugendliche aus der Kleist-Schule und aus dem Jugendzentrum Trafohaus im Sauerland – reiste 2014 in Wiesbadens Partnerstadt Tunbridge Wells. Weitere Gruppen fuhren nach San Sebastián. Und dann ging es Schlag auf Schlag: 2015 standen Ljubljana und Cardiff auf der Liste der Ziele, 2016 Danzig und das baskische Zarautz. Im laufenden Jahr werden Thessaloniki, erneut Danzig und das baskische Gipuzkoa angesteuert, zudem gibt es einen trinationalen deutsch-französisch-spanischen Austausch. „Jeder Schüler des WiesPaten-Programms soll mindestens einmal an einem internationalen Begegnungstreffen teilgenommen haben”, wünscht sich Karoline Deissner. Bei den meisten klappt es. Die Reaktionen sind uneingeschränkt positiv.
Aus verschiedenen Fördertöpfen werden Gelder akquiriert, vor Ort meist kulturelle oder politische Themen bearbeitet: Fotoausstellungen entstehen oder man erarbeitet mit theaterpädagogischen Mitteln Szenen, Flashmobs, Vorführungen. „Es ist immer eine pädagogisch begleitete Reise, keine touristische“, betont Deissner. Dass die Jugendlichen große Entwicklungsfortschritte machen, sei unbestritten. Man überlege bereits, ob man die Zielgruppe auch auf Azubis generell ausweiten solle. Es mache viel Arbeit, sagen Ganss und Deissner übereinstimmend. „Aber es ist sehr gut investiertes Geld und Zeit“, sagt Ganss und gibt die Aussage einer Lehrerin wieder: „Solch eine Woche Auslandsaufenthalt vermittelt so viele Erfahrungen wie ein halbes Schuljahr.“