Wiesbaden: Freilaufende Katzen müssen kastriert werden
Nach langer Debatte hat der Umweltausschuss der Stadt Wiesbaden neue Regeln beschlossen: Besitzer freilaufender Katzen müssen demnach ihre Tiere kastrieren lassen. Ziel ist, den Nachwuchs verwilderter Tiere einzudämmen.
Von Manfred Knispel
Besitzer freilaufender Katzen müssen in Wiesbaden ihre Tiere kastrieren lassen. Symbolfoto: dpa
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WIESBADEN - Am Ende entfuhr der CDU-Stadtverordneten und Landtagsabgeordneten Astrid Wallmann ein tiefer Seufzer. „Wir haben es geschafft“, sagte sie erleichtert. Nach einer erneut quälend langen Debatte im Umweltausschuss war schließlich klar: Wiesbaden bekommt als elfte hessische Kommune eine Katzenschutzverordnung. Diese schreibt für Besitzer freilaufender Katzen vor, ihre Tiere kastrieren zu lassen. Der Beschluss erfolgte einstimmig bei Enthaltung der SPD.
Außer der Kastration muss der Besitzer das Tier auch mittels Chip oder Tätowierung kennzeichnen und registrieren lassen. Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 1000 Euro geahndet werden kann.
Selten wurde über ein Thema über Jahre so zäh und bis jetzt auch unergiebig diskutiert wie über die Einführung der Katzenschutzverordnung. Rund ein halbes dutzend Mal hat es auch auf der Tagesordnung des Umweltausschusses gestanden. Vor allem Astrid Wallmann hatte sich die Forderung der Tierschützer zu eigen gemacht und dafür gekämpft. Tierschutzverein (TSV) oder etwa der Verein zur Verhinderung von Katzennachwuchs (VKN) erhoffen sich davon eine Eindämmung des Nachwuchses bei verwilderten Katzen, von denen viele unter Krankheiten litten.
Die Verordnung
Katzenhalter/innen, die ihrer Katze unkontrollierten Zugang ins Freie gewähren, haben diese zuvor von einem Tierarzt/einer Tierärztin kastrieren und mittels Mikrochip oder Tätowierung kennzeichnen sowie registrieren zu lassen. Dies gilt nicht für weniger als fünf Monate alte Katzen.
Als Katzenhalter gilt auch, wer freilaufenden Katzen regelmäßig Futter zur Verfügung stellt.
Dem Amt für Veterinärwesen ist auf Verlangen ein Nachweis über die Kastration und Registrierung vorzulegen.
Ist eine fortpflanzungsfähige angetroffene Katze nicht gekennzeichnet oder registriert, kann das Amt für Veterinärwesen die Kastration auf Kosten des Halters durchführen lassen.
Ohne Verordnung "sind 30 Jahre Tierschutz umsonst"
Im April 2015 bereits hatte die Landesregierung die eigentlich nicht zuständigen Städte ermächtigte, eine solche Verordnung erlassen zu können. Doch Streit gab es immer wieder wegen der Frage, wie viele verwilderte Katzen es in Wiesbaden gibt. Auch jetzt wäre der vorliegende Entwurf deswegen beinahe noch gescheitert. Grund: Das Veterinäramt hatte sich dagegen ausgesprochen. „Das Gesetz verlangt eine hohe Population, das können wir nicht belegen“, sagte die amtliche Tierärztin Heike Stein.
Mitglieder und Helfer von TSV und VKN hatten indes über Jahre regelmäßig wild lebende Katzen aufgegriffen und auf eigenen Kosten kastrieren lassen. Die VKN-Vorsitzende Edda Ott spricht von 41 Orten, an denen in Wiesbaden rund 190 verwilderte Katzen anzutreffen seien. Sie befürchtet: „Wenn die Verordnung nicht kommt, sind 30 Jahre Tierschutz umsonst.“
85 herrenlose Katzen im Tierheim
Denn inzwischen sehen sich die Vereine an der Grenze ihrer Möglichkeiten. „Wir haben keine Ehrenamtlichen, die das noch machen wollen“, sagte die TSV-Vorsitzende Henriette Hackl. Derzeit befänden sich 85 herrenlose Katzen im Tierheim, damit sei die Kapazität erschöpft. Die Hessische Landestierschutzbeauftragte Madelaine Martin sagte im Ausschuss: „Ich glaube zutiefst, dass eine solche Verordnung nachkommende Katzen eindämmt.“
Vor allem die SPD hatte zuvor Bedenken geäußert. Michaela Apel etwa sah noch nicht alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft. „Kann man als Stadt kein Geld in die Hand nehmen und die Katzen einfangen?“, fragte sie. Gemeinsam mit anderen Abgeordneten regte sie an, bis zur Ausschuss-Sitzung im Oktober noch offenen Fragen zu erklären. Tierschützerin Hackl reagierte völlig entnervt: „Entscheiden Sie endlich, so oder so.“
Dies und die rhetorische Frage des CDU-Abgeordneten André Weck: „Was soll uns eine weitere Runde noch bringen?“, verstanden die Ausschussmitglieder schließlich als Signal, die Verordnung doch noch zu beschließen. Eine sogenannte Sozialklausel soll eingearbeitet werden, damit auch finanziell schwächer gestellte Katzenbesitzer ihre Tiere kastrieren lassen können. Am 14. September muss die Stadtverordnetenversammlung darüber beschließen.