Wie können Wiesbadens Verkehrsprobleme gelöst werden?
Zusätzliche Einwohner, City-Bahn, E-Autos und -Fahrräder - wie ist die Verkehrssituation in Wiesbaden in den Griff zu bekommen? Über diese und weitere Fragen wird bei „Talk im Foyer“ diskutiert.
Von Nele Leubner
Redakteurin Politik
Die Emser Straße in Wiesbaden.
(Archivfoto: Rene Vigneron)
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WIESBADEN - Wie voll ist voll? Und können die Straßen in Wiesbaden zusätzliche Einwohner, wie sie mit einem großen Baugebiet wie dem Ostfeld verbunden wären, aufnehmen? Könnte die City-Bahn die Verkehrssituation auf Wiesbadens Straßen entschärfen? Und was können automatisierte Fahrzeuge oder Lastenräder leisten? Über diese und weitere Fragen wird bei „Talk im Foyer“, einer gemeinsamen Veranstaltung vom Staatstheater Wiesbaden und dieser Zeitung, diskutiert.
Seit rund zehn Jahren reicht der Straßenraum nicht mehr
Die Expertenmeinung zum Autoverkehr in Wiesbaden ist klar: „Der Sättigungspunkt auf den Straßen ist durch das Bevölkerungswachstum und den Anstieg der Arbeitsplatzzahlen längst erreicht. Zuletzt haben die Straßen in der hessischen Landeshauptstadt vor zehn bis 15 Jahren ausreichend Fläche für Fahrzeuge geboten“, sagt Uwe Conrad, der Abteilungsleiter Verkehrsplanung im Tiefbau- und Vermessungsamt ist.
Das Problem: Immer mehr Menschen leben in Wiesbaden, der Straßenraum aber bleibt begrenzt. In den vergangenen Jahren ist die Stadtbevölkerung kontinuierlich gewachsen, erst im vergangenen Jahr ist erstmalig wieder eine Stagnation festzustellen [plus-Inhalt]. Mehr Menschen – mehr Verkehr auf den Straßen. Ein Blick auf die Nutzung der unterschiedlichen Verkehrsarten, den sogenannten Modal-Split: Der Anteil der mit dem Auto zurückgelegten Wege ist zwar zwischen den Erhebungen in den Jahren 1990 und 2013 um rund zehn Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig aber ist die Wiesbadener Bevölkerung um mehr als 8000 Personen gewachsen (von 264.300 auf 272.636 Menschen). Mittlerweile leben in Wiesbaden sogar rund 290.500 Personen.
Infos und Karten
- Das Staatstheater und diese Zeitung laden am Montag, 25. November, zum „Talk im Foyer" ins Theaterfoyer ein. Der Abend steht unter dem Thema „Wem gehört die Straße? Die Frage nach der Zukunft der Mobilität". Beginn ist um 19.30 Uhr, Einlass um 19 Uhr.
- Chefredakteur Stefan Schröder wird sich mit Professor Hermann Winner, Leiter des Fachgebiets Fahrzeugtechnik der technischen Universität Darmstadt, Verkehrsdezernent Andreas Kowol sowie Robert Klein, als Technischer Inspektor am Staatstheater Wiesbaden für die Logistik des Hauses zuständig, diskutieren.
- Karten zum Preis von fünf Euro (zzgl. Vorverkaufsgebühr) gibt es an der Theaterkasse und im Internet unter www.staatstheater-wiesbaden.de sowie an der Abendkasse.
Der Modal-Split wird über Haushaltsbefragungen erfasst. 2013 war die letzte Auswertung, im kommenden Jahr wird es die nächste Auswertung geben. Mehr als 1000 Haushalte werden für die Berechnung des Modal-Split dazu befragt, wie sie ihre Wege zurücklegen. In Wiesbaden ist traditionell der Anteil des Autoverkehrs hoch und des Radverkehrs gering: Nicht einmal sechs Prozent im Jahr 2013, in Darmstadt lag er bei 17 Prozent, in Frankfurt immerhin noch bei 12,6 Prozent. „Hier hat sich aber etwas getan, die Bereitschaft, für den Radverkehr Flächen abzugeben, wächst auch in Wiesbaden“, meint Conrad. „Da könnten wir bei der nächsten Erhebung mittlerweile vielleicht schon bei zehn Prozent liegen“, mutmaßt er. Sichtbar gestiegen ist der Anteil der Fußgänger seit 1990 – um immerhin rund zehn Prozent. Nur etwa 15 Prozent der Wege legen die Wiesbadener im Öffentlichen Personennahverkehr zurück. Dabei könnten diese „größeren Transportgefäße“ sicher einige der Autofahrer aufnehmen: Durchschnittlich ist jeder Pkw nämlich lediglich mit 1,4 Personen besetzt. Den größten Anteil an den Strecken in Wiesbaden hat übrigens nicht der Arbeitsweg (15 Prozent), sondern der Freizeitbereich (34 Prozent).
Interessant ist: „In den vergangenen 100 Jahren hat sich die Zeit, die wir damit verbringen, von A nach B zu kommen, nicht verändert“, betont Conrad. Die „mittlere tägliche Zeit“, die Wiesbadener im Verkehr verbringen, beträgt 67,3 Minuten. Conrad sagt: „Die Entfernungen, die wir zurücklegen, sind einfach gestiegen. Früher ist man auch mal eine Stunde zu Fuß gelaufen, heute legt man die Strecke in einem Bruchteil der Zeit mit dem Auto zurück – sofern man nicht im Stau steht.“
17 Prozent der Haushalte haben kein Auto
Zwar haben in der Stadtmitte immer weniger Bewohner ein eigenes Auto – „das kann aber nicht kompensieren, wie die Vororte wachsen“, erklärt Conrad. Rund 17 Prozent der Wiesbadener Haushalte haben kein Auto. Und auch die Pendler sind ein wichtiges Thema für Wiesbaden: Rund 70.000 Einpendler kommen täglich in die hessische Landeshauptstadt. Viele davon mit dem Auto.
„Wir haben in Wiesbaden ein reines Mengenproblem. In den Spitzenstunden – also den klassischen Berufsverkehrszeiten morgens und am späten Nachmittag – kann der Verkehr nicht mehr weiter zunehmen, der Platz auf den Straßen reicht dafür nicht aus. Deshalb werden die Spitzenzeiten einfach länger, beispielsweise weil Menschen ihre Arbeitszeiten verschieben, um dem Stau zu entgehen. Aber das kann ja auch nicht die Lösung sein.“
Was muss sich ändern in Wiesbaden? Und braucht es dafür einen Kampf oder funktioniert es auch über einen Kompromiss? Darüber möchten wir auch mit Ihnen sprechen, liebe Leser.