Videoüberwachung und Waffenverbotszone: Neues Sicherheitskonzept für Wiesbaden
Mit Videoüberwachung, Betonsperren und einer Waffenverbotszone wollen Stadt und Polizei in Wiesbaden für mehr Sicherheit sorgen. "Uns geht es um die Verhütung von Straftaten und die schnellere Aufklärung bereits begangener Verbrechen", sagte Bürgermeister Oliver Franz (CDU) am Mittwoch in der Landeshauptstadt.
Von Wolfgang Degen
Mitarbeiter Lokalredaktion Wiesbaden
Als Waffenverbotszone könnten Teile der Fußgängerzone mit dem „Einfallstor“ Michelsberg sowie der Bereich Warmer Damm ausgewiesen werden. Quelle: LH Wiesbaden/PP Westhessen; Bearbeitung: VRM/sbi
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WIESBADEN - Mit einem 10-Punkte-Programm wollen die Stadt Wiesbaden und die Landespolizei die Sicherheit und insbesondere auch das Sicherheitsgefühl der Bürger in der Landeshauptstadt verbessern.
Bürgermeister und Ordnungsdezernent Oliver Franz und Polizeipräsident Stefan Müller erläuterten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz unter anderem, dass eine räumlich und zeitlich beschränkte Waffenverbotszone ein wirkungsvolles Instrument zur Verbesserung der Sicherheit sein könnte. Als Waffenverbotszone könnten Teile der Fußgängerzone mit dem „Einfallstor“ Michelsberg sowie der Bereich Warmer Damm ausgewiesen werden.
Als „Problemklientel“, so Müller, fallen zunehmend Gruppen junger Männer, die mit Messern oder anderen gefährlichen Gegenständen unterwegs sind, auf. Vor allem nachts. Deswegen ist angedacht, eine Waffenverbotszone für die Zeit von 21 Uhr bis 5 Uhr einzurichten. Das entspricht aus Sicht der Polizei der „Kernzeit“, in der die meisten Waffen in der zurückliegenden Zeit sichergestellt wurden. Zwei Voraussetzungen müssten erfüllt werden. Das Land Hessen müsste eine Verordnung auf den Weg bringen, die den Kommunen die Einrichtung einer solchen Zone rechtlich ermöglicht. Innenminister Peter Beuth hatte jüngst bei der Einweihung der neuen Räume der Wiesbadener Stadtpolizei eine entsprechende Verordnung schon in naher Zukunft in Aussicht gestellt. Des Weiteren müsste die Stadt Wiesbaden die Gefahrenabwehrverordnung neu fassen.
2017 wurden bei Straftaten 189 Waffen eingesetzt
Eine Waffenverbotszone sei ein Instrument und nicht die Lösung, betonte Franz. Müller wiederum präsentierte Zahlen, um die Forderung nach einer Waffenverbotszone zu untermauern: 2017 wurden bei Straftaten im öffentlichen Raum in den Bereichen des 1. Und 3. Polizeireviers in 189 Fällen Waffen eingesetzt. In der Hälfte der Fälle waren Messer im Einsatz. Eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Die Präsenz- und Präventivstreifen von Stadt- und Landespolizei sollen deutlich ausgeweitet werden, dazu wird das 1. Revier am Platz der Deutschen Einheit um weitere Beamte verstärkt.
Auf Seiten der Stadtpolizei soll bis Ende des Jahres das Personal auf dann 80 Mitarbeiter für den Außendienst aufgestockt werden. Mehr Personal sei notwendig, um den erforderlichen Kontrolldruck zu erhöhen, betonten Franz und Müller. Eine Waffenverbotszone ohne den erforderlichen Kontrolldruck sei „eine leere Hülse“, sagte Müller. Und der Polizeipräsident legte Wert auf die Feststellung: „Ein rechtstreuer Bürger wird mit einer Waffenverbotszone in seinen Grundrechten nicht eingeschränkt."
Gezieltes Vorgehen gegen Intensivtäter
Baustein des 10-Punkte-Programms ist auch das gezielte Vorgehen gegen junge Intensivtäter in der Innenstadt. Intensivtäter fallen durch eine Vielzahlen von Straftaten auf, gerade auch im Bereich der Körperverletzung. Aktuell seien bei der Wiesbadener Polizei 36 solcher junger Täter speziell erfasst, elf von ihnen sitzen in Haft. Die Polizei werde dieser Problemgruppe „permanent auf die Füße treten“, kündigte Müller an. Es gehe darum, die „Rädelsführer“ unter ihnen zu isolieren, und die „Unbelehrbaren“ einzusperren, um die Gefahren in der Stadt zu verringern.
Ausgeweitet und technisch auf den neuesten Stand gebracht soll die Videoüberwachung. Neue Installationen sollen die als „Problemzonen“ erkannten innerstädtischen Bereiche an den Haltestellen Schwalbacher Straße und Bleichstraße erfassen, mit etwa acht Kameras könnte das Areal am Platz der deutschen Einheit kontrolliert werden. Neu wäre auch die Überwachung des Verbindungsweges zwischen Hauptbahnhof und dem Kulturpark Schlachthof. Technisch aufgerüstet werden soll am Bahnhofsvorplatz, und auch im Bahnhof selbst wird die dort zuständige Bahn AG moderne Kameras installieren. Für Müller und Franz ist das alles „ein Zugewinn an Sicherheit und eine Verbesserung des Sicherheitsgefühls“.
Die Videoüberwachung, gerade auch am Hauptbahnhof und an den großen Bushaltestellen am Platz der Deutschen Einheit, sei nicht nur mit der allgemeinen Kriminalität, zu begründen, unterstrich Müller. Die Überwachung solcher „Hauptknotenpunkte“ sei wegen der Gefahr terroristischer Anschläge von besonderer Bedeutung.
Sperrkonzept gegen Amokfahrten
Ein Sperrkonzept gegen Amokfahrten in der Fußgängerzone und die "Steigerung der Sicherheit bei Veranstaltungen“ sind weitere Bausteine. Zum Teil bereits in der Vergangenheit, wie etwa beim Sternschnuppenmarkt, dem Weinfest oder der mit Sicherheitszone an Silvester auf der Wilhelmstraße, praktiziert. 44 je vier Tonnen schwere Betonblöcke können zur Absperrung eingesetzt werden. Bis zur Realisierung der absenkbaren Poller werden an vier Einfahrtsbereichen der Fußgängerzone die Betonsperren errichtet. „Damit soll sichergestellt werden, dass es Fahrzeugen nicht möglich ist, enorme Geschwindigkeiten aufzunehmen und in Menschenansammlungen zu fahren“, sagte Bürgermeister Franz.
Im Blickpunkt steht auch die verstärkte Überprüfung des Personals im Taxigewerbe. Auch hier sei nach mehreren Sexualstraftaten durch Fahrer und andere Zwischenfälle mehr Kontrolldruck unverzichtbar. Das betrifft die derzeit 1041 Fahrer, die einen Personenbeförderungsschein haben, und das betrifft die Betriebe und die rund 330 Taxikonzessionen. Aus Sicht der Bürger müsse das Taxi ein „Schutzraum“ sein, in dem sie sich sicher fühlen können. Straftaten durch Taxifahrer könnten nicht hingenommen werden.
Und für Polizeipräsident Müller ist absolut unverständlich, dass ein Verbrechen an einer alten Dame auf dem Gräselberg deswegen nicht weiter aufgeklärt werden kann, weil sich Taxifahrer nicht als Zeugen bei der Polizei melden. Zwei Fahrer hatten in ihren Taxen das Opfer und den Täter vom Dernschen Gelände zur Wohnung der Frau gefahren.
Aufenthaltsqualität in der Innenstadt steigern
Ein Dialogforum zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt, ein breit angelegtes Bündnis als Ideenbörse, soll Maßnahmen diskutieren, wie die Innenstadt belebter, attraktiver und damit sicherer werden könnte. Eine erste Gesprächsrunde soll laut Bürgermeister Franz noch im zweiten Quartal anberaumt werden. In einer in den Abend- und Nachtstunden belebteren Innenstadt würden sich die Menschen wohler und damit auch sicherer fühlen.
Müller hält auch viel davon, eine Präventionskampagne zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls zu starten, als Projekt für junge Menschen. Der Polizeipräsident verwies auf die Kampagne „Sicher im Alter“, die zu Beginn des Jahres 2017 sehr nachhaltige Erfolge gebracht habe. Weil sich ausweislich der Jugendstudie der Stadt Wiesbaden jüngere Leute, und hier gerade Mädchen und junge Frauen, an zu vielen Stellen der Stadt unsicher fühlen, solle gegengesteuert werden.
Bewerben, so die Anregung des Polizeipräsidenten, solle sich Wiesbaden für das Präventionskonzept KOMPASS, ein Angebot des hessischen Innenministeriums an die Städte und Gemeinden. Müller sieht sich durch gute Erfahrungen in Bad Homburg und Schwalbach am Taunus bestätigt. Diese Städte im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums nehmen bereits an dem Projekt teil. In Anbetracht der Größe der Landeshauptstadt sei es vielleicht eher angebracht, einzelne Stadtteile in ein solches Konzept einzubinden, meinte Franz.
Man habe mit dem 10-Punkte Programm „etwas auf den Weg gebracht“, sagte ein, genau wie Franz, sichtlich zufriedener Polizeipräsident. „Wir müssen sehen, dass wir dran bleiben und die Dinge umsetzen."