Verein „Vita“ bildet in Wiesbaden Assistenzhunde als Begleiter und Helfer von Menschen mit Behinderung aus
Von Anja Baumgart-Pietsch
Die Übung heißt Apportieren und Yamie, der vierjährige Golden-Retriever-Rüde, bringt den Dummy beim „Charity Working Test“ prompt zurück zu Lena (rechts). Foto: wita/Paul Müller
( Foto: wita/Paul Müller)
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WIESBADEN - In hohem Bogen fliegt der Dummy ins Gebüsch, dazu knallt ein Schuss durch den Wald. Das Ganze wiederholt sich noch einmal, bevor Ben und sein Vater den Golden Retriever „Quest“ losschicken, damit der Hund die beiden gefüllten Apportierspielzeuge holen kann. Quest macht seine Sache hervorragend und bekommt vom Turnierrichter Werner Haag entsprechende Punkte. Rund um das Jagdschloss Platte findet der „Charity Working Test“ des Vereins „Vita Assistenzhunde“ statt. Insgesamt ist es die 15. Veranstaltung dieser Art.
Startgelder für die weitere Ausbildung
„Das Jagdschloss und der Wald sind ideal für uns“, sagt Vita-Chefin Tatjana Kreidler, die der Stadt Wiesbaden sehr dankbar für die dauerhafte Unterstützung der Veranstaltung ist. Gleichzeitig gibt es einen Tag der offenen Tür, bei dem Gästeführer die Historie des Schlosses erläutern. Das nutzen auch Hundeführer, die teilweise von weit her angereist sind: Auch Ben, sein Vater und Quest kommen aus Bayern extra um an diesem Turnier teilzunehmen. Das Startgeld der rund 200 teilnehmenden Teams wird zugunsten der Hundeausbildung des Vereins verwendet. Vita bildet Assistenzhunde aus, die behinderten Menschen im Alltag zur Seite stehen: „Emily zieht mir die Jacke aus, sie macht Türen auf, hebt Stifte oder Münzen auf, die mir heruntergefallen sind und noch vieles mehr“, zählt Nina Hoffmann auf, die mit ihrem Mann und der Hündin Emily in der Veteranenklasse teilnimmt. „Aber es ist nicht nur das. Emily ist seit neun Jahren einfach meine beste Freundin. Sie sorgt dafür, dass ich vor die Tür komme, ich muss mich nie alleine fühlen und ich bekomme durch sie viel Kontakt zu anderen Menschen.“ Denn die freundlichen, klugen Hunde mit dem blauen Vita-Tuch um den Hals beeindrucken alle, die ihnen begegnen. Auch auf dem Wiesbadener Wochenmarkt sind sie gern gesehene Gäste, wenn sie lernen, ihren Besitzern die Einkäufe zu bringen.
Der „Charity Working Test“ ist neben der Kurhaus-Gala ein wichtiger Teil der Spendenakquise für den Verein. Denn im Gegensatz zu Blindenhunden werden Assistenzhunde für Menschen mit Gehbehinderungen nicht von den Krankenkassen bezahlt. Die Ausbildung, erklärt Vita-Pressereferentin Juliane Tatusch, koste rund 25 000 Euro: Die Hunde werden bereits als Welpen ausgewählt und erhalten eine sehr sorgfältige Heranführung an ihre späteren Aufgaben. Auch die Mensch-Hund-Teams werden mit Sorgfalt zusammengestellt. Und die Betreuung hört dann noch nicht auf: Ein ganzes Hundeleben lang ist Vita Ansprechpartner für seine Teams, von denen auch einige am Working-Test teilnehmen.
„Die Arbeit mit dem Dummy ist für uns ein wichtiger Ausgleich, um den Hund auszulasten“, erklärt Nina Hoffmann. „Außerdem macht es uns beiden viel Spaß, für die Turniere zu trainieren. Emily und ich haben noch keinen Test ausgelassen.“ Dabei werden zwar Preise vergeben, doch Dabeisein ist alles. Die Teams starten in vier Klassen: Schnupper-, Fortgeschrittenen-, Anfänger und Veteranenklasse. Es ist richtiger Hundesport, erklärt Juliane Tatusch. „Fünf anspruchsvolle Aufgaben muss jedes Team erfüllen.“ Dabei haben die Samstags-Teilnehmer mehr Glück als die am Sonntag, für die das Apportieren im Dauerregen schwieriger und ungemütlicher ist. „Aber wir gehen ja auch bei jedem Wetter Gassi“, sagt Nina Hohmann. „Wer einen Hund hat, ist darauf eingestellt.“
Nun wünscht sich der Verein nur noch, dass endlich ein passendes Grundstück für die Ausbildungsarbeit mit den Hunden gefunden wird. Bis jetzt, berichtet Juliane Tatusch, findet alles in Tatjana Kreidlers Privatanwesen im Hunsrück statt. „Das platzt aber aus allen Nähten. Wir haben mittlerweile 50 Mensch-Hund-Teams und eine lange Warteliste.“