Stück über Wiesbaden zum Internationalen Frauentag
Frauenrechtlerin Hedwig Dohm hat ein Stück über die Partnersuche im Wiesbaden der Kaiserzeit geschrieben. Jetzt kommt es zum 100. Todestag der Autorin in Wiesbaden auf die Bühne.
Von Birgitta Lamparth
Redakteurin Kultur/Politik/Wirtschaft Wiesbaden
Das freie Theater Wiesbaden bringt „Hedwig Dohm und die Ritter vom goldenen Kalb“ vom 29. März an im Theater im Pariser Hof auf die Bühne. Hier bei der Probe: Barbara Haker, Rebekka Herl und Pascal Fey (von links).
(Foto: Birgitta Lamparth)
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WIESBADEN - Die Weltkurstadt Wiesbaden – im 19. Jahrhundert galt sie auch als internationaler Heiratsmarkt für betuchte Herrschaften und junge Damen aus gutem Hause. Deshalb siedelte die Autorin und Frauenrechtlerin Hedwig Dohm (1831 bis 1919) auch ihr Lustspiel „Die Ritter vom goldenen Kalb“ im Kurhaus Wiesbaden an. 1879 feierte die Komödie in Berlin große Erfolge. In Wiesbaden war sie noch nie zu sehen. Bis jetzt.
Wenn es am heutigen 8. März um den Internationalen Frauentag geht, dann war Hedwig Dohm dafür die richtige Pionierin. Die Autorin, eines von 18 Kindern eines Berliner Tabakfabrikanten, heiratete mit Ernst Dohm den Chefredakteur der satirischen Zeitung „Kladderadatsch“ und wurde Mutter von fünf Kindern – und Großmutter von Katia Mann, der Frau von Thomas Mann. Autodidaktisch begann sie zu schreiben, zuerst vier feministische Bücher, in denen sie sich für die Gleichberechtigung von Frauen einsetzte. Auch in Essays positionierte sie sich zu aktuellen Debatten. Und verfasste gleichzeitig sehr beliebte Lustspiele, in denen sie scharfzüngig und geistreich die gesellschaftlichen Bedingungen skizzierte.
„Man sitzt mit den sperrigen Miedern anders“
Auch „Die Ritter vom goldenen Kalb“ ist solch ein Stück. Es handelt von einer Hildegard von Eichstädt und ihrer Gesellschafterin, die im Wiesbadener Kurhaus auf buhlende Herren treffen. Das „goldene Kalb“ ist dabei die gute Partie, die auch die Herrschaften machen wollen – und nicht wissen, wer von den beiden Damen nun die vermögendere ist. Aber es gibt auch wahre Liebe…
Das freie Theater Wiesbaden bringt „Hedwig Dohm und die Ritter vom goldenen Kalb“ vom 29. März an im Theater im Pariser Hof auf die Bühne. Hier bei der Probe: Barbara Haker, Rebekka Herl und Pascal Fey (von links). Foto: Birgitta Lamparth
Eine Vorreiterin des Internationalen Frauentags: Hedwig Dohm (1831 bis 1919) war eine Berliner Autorin und Frauenrechtlerin. Foto: Archiv
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Thomas Weichel, früher im Rathaus zuständig für die Unesco-Kulturerbe-Bewerbung, hatte das Stück ausgegraben. Und es Barbara Haker vom Freien Theater Wiesbaden ans Herz gelegt. Sie fand nach Jahren einen geeigneten Ort, um es auf die Bühne zu bringen. Die Komödie kommt jetzt im Theater im Pariser Hof heraus. Zum richtigen Zeitpunkt: In diesem Jahr jährt sich der Todestag von Hedwig Dohm zum 100. Mal. Sie hat gerade noch miterlebt, wie das Frauenwahlrecht eingeführt wurde.
Ihr sei „ganz wichtig gewesen, dass Frauen die gleiche Bildung bekommen wie Männer“, sagt Barbara Haker. Dohm sei das nicht zuteilgeworden, „sie musste sich später alles selbst erarbeiten“. Ihr Theaterstück habe eine sehr elegante Sprache und äußerst schlagfertige Dialoge, schwärmt die Schauspielerin. Deshalb belasse man es auch in seiner Sprache und füge nur die Autorin selbst als Figur dazu. Haker führt gemeinsam mit Vivien Wolter Regie, steht aber auch selbst auf der Bühne. Und zwängt sich dazu auch ins Korsett: „Man sitzt ja mit den sperrigen Miedern ganz anders“, hat sie festgestellt. Überhaupt: Die Mode des 19. Jahrhunderts habe es dem Ensemble nicht leicht gemacht: „Jedes Jahrzehnt hat da eine völlig andere Kleidung.“ Ein Muss für den Herrn allerdings: der Spazierstock. Und der kommt auch bei unserem Probenbesuch zum Einsatz. Genauso wie die Benimmregeln der Kaiserzeit. Zur musikalischen Untermalung darf das Ensemble eine CD der Wiesbadener Musikakademie nutzen – mit Salonmusik der Kurgesellschaft des 19. Jahrhunderts, Bela Kelers „La Belle de Wiesbaden“.
WO GIBT‘S KARTEN?
Premiere von „Hedwig Dohm und die Ritter vom goldenen Kalb“ ist am 29. März um 19.30 Uhr im Pariser Hof. Weitere Termine: 30. März, 27. April, 13. September, 4. Oktober, 8. November. Karten an den bekannten Vorverkaufsstellen.
Am 18. Mai findet um 19.30 Uhr in der Bergkirche die Lesung „Hedwig Dohm: Sehnsucht und Liebe“ statt.
Die Arbeit an dem Stück habe ihr wieder deutlich gemacht, so Haker: „Wir waren wirklich mal eine Weltkurstadt.“ Man vergesse manchmal, was das heißt: „Hier hat sich die ganze Welt getroffen, im Kurpark begegnete sich die Elite der Gesellschaft“. Und: Es gab hier eine besondere Form der Heiratsvermittlung. „Da wurde schon geschaut, wer noch zu haben war. Und in Wiesbaden gab es dann natürlich Institute, die kontrolliert haben, ob das denn auch stimmt, was Herr von und zu erzählte.“ So entwickelte sich auch ein Berufszweig, den man heute Privatdetektiv nennen würde. Aber was tat man nicht alles, um sich in der Etikette des Kurbereichs den richtigen Goldfisch zu angeln …