Schüler des Campus Klarenthal informieren per App über Stolpersteine in Wiesbaden
Stolpersteine auf dem Bürgersteig zeigen an, wo in Wiesbaden Menschen lebten, die später von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Dank einer App kann man nun Infos dazu abrufen.
Von Martina Meisl
Die Schüler vom Campus Klarenthal stellen im Stadtmuseum am Markt (Sam) ihre App vor: Vincent Grams, Zoë Hoffard, Tayla Höpner, Ben Kempers (von rechts nach links), mit dabei Lehrerin Signe Roß.
(Foto: Volker Watschounek)
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WIESBADEN - „Jugendliche haben oft gar keinen Bezug zu den Stolpersteinen und den Schicksalen dahinter“, sagt Tayla. Die 16-jährige Campus-Klarenthal-Schülerin hat mit vier Klassenkameraden eine App entwickelt, die das ändern soll. Im Begleitprogramm zur aktuellen Sonderausstellung „Industrie und Holocaust: Topf und Söhne – die Ofenbauer von Auschwitz“ stellten die Jugendlichen ihre selbst entwickelte Stolperstein-App im Stadtmuseum am Markt (Sam) vor.
Überall in der Stadt erinnern die goldenen Steine des Künstlers Gunter Demnig mit eingravierten Namen und Lebensdaten an Wiesbadener, die in der Zeit zwischen 1933 und 1945 verfolgt und ermordet wurden. Sie finden sich auf dem Gehweg vor den Häusern, in denen die Opfer des NS-Regimes gelebt oder gearbeitet haben. Heute gibt es 651, und jedes Jahr kommen neue hinzu. Auch weil Wiesbadener Schulen wie Campus Klarenthal regelmäßig die Patenschaft für neue Stolpersteine übernehmen.
„Wir finden es wichtig, die Geschichte aufzuarbeiten“, sagt Tayla. „Zumal das Thema Rechtsextremismus heutzutage wieder aktuell ist.“ Um ihrer technikaffinen Generation den Zugang zu erleichtern, haben die fünf Schüler die Stolperstein-App für Smartphones entwickelt. Damit lassen sich alle in Wiesbaden verteilten Steine finden, Nutzer können sich die Route vom eigenen Standort aus auf einer Karte anzeigen lassen und falls es ein Erinnerungsblatt des Aktiven Museum Spiegelgasse gibt, ist es als PDF-Datei hinterlegt. So kann man sich über Leben und Schicksal der Menschen informieren.
Ausweitung des Projekts ist in Planung
Jeder neunte Jahrgang des Campus Klarenthal übernimmt die Patenschaft für einen Stolperstein, sammelt Geld und ermöglicht ihn damit erst. Für Tayla, Zoë, Ben, Vincent und Najib war die Beschäftigung mit dem Schicksal des 1938 nach Dachau deportierten Wäschefabrikanten Oskar Braun eine sehr berührende Erfahrung. Und sie war schließlich der Auslöser, sich noch eingehender mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Die App war die Privatidee der Schüler und geht komplett auf ihre Eigeninitiative zurück“, betont ihre Lehrerin Signe Roß.
Dass die Idee verwirklicht werden konnte, ist auch dem Leonardo School Award zu verdanken, den die Projektgruppe 2017 in der Kategorie Online gewonnen hat. „Mit dem Preisgeld ist die Finanzierung für zwei Jahre gesichert.“ Die Nutzung der Entwicklungsplattform kostet nämlich 500 Euro im Jahr. Für die Nutzer ist die App kostenlos, Spenden werden aber gerne angenommen.
Ein Ziel für die Zukunft sei es, die App selbst zu programmieren und sich damit von der teuren Plattform unabhängig zu machen, sagt Ben, der für die Technik zuständig ist. Die weiteren Pläne skizziert Vincent: „Zunächst pflegen wir die App für Wiesbaden und halten sie aktuell, dann nehmen wir uns Hessen vor. Und wenn wir das erledigt haben, kommen Deutschland und andere Länder dran.“