Phantom-Allstars-Coach Walter Gardino trainiert 15 Häftlinge der Wiesbadener JVA
Von Konstantin Müller
Für den 20-jährigen Banquo ist das Footballtraining der Phantoms eine willkommene Abwechslung. Foto: Konstantin Müller
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WIESBADEN - „Das ist schon manchmal ein wilder Haufen, aber sie sind extrem fit und hungrig“, so der Phantoms-Coach Walter Gardino, während er die Einlasskontrolle der Justizvollzugsanstalt (JVA) passiert. Gemeinsam mit seinen Kollegen trainiert er bereits seit neun Wochen Wiesbadener Häftlinge im Flagfootball. Anlass dafür ist das 20-jährige Bestehen des „Phantom Allstars“-Teams. Am Ende des Trainingsworkshops gipfelt der zehnwöchige Kurs in einem Freundschaftsspiel zwischen den Allstars und den rund 15 Häftlingen. Banquo ist einer von ihnen.
Banquo liebt die Musik und den Sport
„Banquo – so möchte ich genannt werden. Wenn ich in diesem Artikel unter anderem Namen erscheine, dann möchte ich dort Banquo heißen.“ Eine besondere Geschichte zu dem Namen gebe es nicht. Dennoch liegt Banquo viel an dem Namen, da er unter diesem Synonym in der Wiesbadener JVA als Musiker in Erscheinung tritt.
„Ich rappe sehr gerne“, so der 20-Jährige, „aber ich habe mir hier im Gefängnis auch Gitarre und Schlagzeug beigebracht. Ich liebe Musik und bevorzuge kein bestimmtes Genre.“ Immer dienstags feilt der gebürtige Angolaner in der JVA-Rapgruppe an seinen Reimfertigkeiten.
Für den 20-jährigen Banquo ist das Footballtraining der Phantoms eine willkommene Abwechslung. Foto: Konstantin Müller Foto: Konstantin Müller
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Über die Musik hinaus schlägt Banquos Herz für sämtliche Sportarten. Sie helfen ihm dabei, den Gefängnisalltag mit etwas Positivem zu füllen. Bereits seit seinem 14. Lebensjahr ist er dem American Football verfallen. In seiner damaligen Heimatstadt Limburg schloss er sich den „Mustangs“ an und konnte bereits zwei Jahre lang Erfahrung auf dem Feld sammeln. „Ich habe mich direkt gemeldet, als ich gehört habe, dass die Allstars zu uns in die JVA kommen“, so Banquo.
Beim sogenannten „Flagfootball“ handelt es sich um eine passivere, kontaktlose Form des klassischen American Footballs. Klettverschlussbändchen an der Hüfte der Spieler müssen abgerissen werden und ersetzen den „Bodycheck“. Laut Coach Gardino hat die amerikanische Sportart zu Unrecht einen schlechten Ruf: „Viele denken, es geht darum, sich möglichst brutal auf dem Platz umzuhauen. Aber Football ist ein extrem taktischer Sport, es ist wie Schachspielen auf dem Rasen.“
GESUCHT: MENSCHEN DES RESPEKTS
Die Nachbarin, die der alten Dame von nebenan immer die Einkaufstaschen trägt. Der Schiedsrichter, der auf dem Fußballplatz stets für ein faires Miteinander sorgt. Der Busfahrer, der gehbehinderten Fahrgästen beim Einsteigen hilft. Gemeinsam mit dem Land Hessen suchen wir die „Menschen des Respekts“. Kennen Sie jemanden, der diese Auszeichnung verdient? Dann stellen Sie uns diese Person vor! Schreiben Sie uns eine E-Mail an wiesbaden-ideen@vrm.de oder per Post an Redaktion Wiesbadener Kurier und Wiesbadener Tagblatt, Stichwort: Menschen des Respekts, Langgasse 21, 65183 Wiesbaden. Wir stellen ausgewählte Persönlichkeiten vor.
Banquos Football-Karriere endete frühzeitig im Alter von 16 Jahren. Schuld daran sind sein Fehlverhalten und seine darauffolgende Inhaftierung im Januar 2013. „Als ich 16 war, habe ich mich oft besoffen auf Partys geprügelt und Schlägereien provoziert“, sagt er, „schließlich wurde ich wegen versuchten Totschlags verurteilt.“
Seit vier Jahren ist er bereits inhaftiert. „Man braucht seine Zeit, ich habe drei Jahre gebraucht um einzusehen, dass das, was ich tat, nicht richtig war.“ Er habe schon viele „Rückkehrer“ beobachtet, die sich zuvor mit einem „Ich mach’s nie wieder“ verabschiedet hätten.
In der JVA hat Banquo inzwischen seinen Haupt- und Realschulabschluss nachholen können. Sein Traum wäre es, später BWL oder Bauingenieurswesen zu studieren. „Ich bin ein sehr offener Mensch“, sagt er, „meine Schwester studiert im Wirtschaftsbereich und erzählt mir oft davon.“
Gardino: „Wir sind da offen“
Banquo und seine Teamkollegen trainieren für das große Spiel nächste Woche. Coach Gardino ist überzeugt von der Leistung der Häftlinge: „Wir würden uns freuen, den ein oder anderen später in Freiheit wieder zu sehen. Wir sind da sehr offen.“ Banquo wird die JVA Wiesbaden voraussichtlich im Sommer 2018 verlassen. „Klar wieso nicht? Ich wäre dabei“, sagt er.