WIESBADEN - Er hat sich so leise aus der Welt verabschiedet, wie er in ihr stets und ohne Unterlass in vielfacher ehrenamtlicher Mission unterwegs war: Der Pädagoge Günter Higelin ist am 28. Dezember im Alter von 72 Jahren in seinem Zuhause in Bärstadt seinem Krebsleiden erlegen. Am gestrigen Freitag fand im engsten Familienkreis die Trauerfeier statt.
„Er war ein ganz besonderer Mensch“ – ein Satz, der in diesen Tagen immer wieder fällt. Alles, was der passionierte Lehrer an der Theodor-Fliedner-Schule und am Martin-Niemöller-Oberstufengymnasium anpackte, brachte er mit Beharrlichkeit, Klugheit, Zugewandtheit und Zielstrebigkeit zum Erfolg. Im Mittelpunkt zu stehen, das war seine Sache nicht: Andere durften glänzen, denn der frühere Gymnasiallehrer für Geschichte, Politik und Wirtschaft, Sport und Recht arbeitete im Hintergrund.
Als das erfolgreiche Bundesliga-Damenteam des Volleyball-Clubs Wiesbaden eine Konsolidierung der Finanzen brauchte, ließ sich Günter Higelin nicht lange bitten: Der treue VCW-Fan übernahm den Job des ehrenamtlichen Geschäftsführers mit allen Widrigkeiten, die es zu meistern galt. Er war es auch, der die frühere Top-Spielerin Nicole Fetting als Nachfolgerin für die Geschäftsführung vorschlug und ihr bis zuletzt beratend zur Seite stand. „Ich bin in riesengroße Fußstapfen getreten, es war eine Ehre, dass er mir das zutraute“, sagt Fetting. Wir waren ein tolles Team, das sich 110 Prozent vertraute.“ Als Kassenwart im geschäftsführenden Vorstand blieb Higelin weiter aktiv, beeindruckte durch seine ruhige Art bei jedem Problem.
Ausgeprägtes Engagement bei Leonardo, VCW und IHK
Lehrer, Mentor, Freund – so empfand nicht nur Nicole Fetting die Zusammenarbeit mit ihm. Im Leonardo-Kernteam der Wiesbaden Stiftung war er ein Motor, der viel zum Erfolg des Schul-Awards beitrug. Seit den Anfängen 2003 war er als unverzichtbarer Berater dabei, ebenso wie seine Ehefrau Rita Flad. Higelin ergriff zahlreiche Initiativen, hatte die Idee für „Leonardo on Tour“ und trommelte auf den Pausenhöfen für den Teamwettbewerb. Sein großes Geschick im Umgang mit Menschen, ihnen mit Empathie zu begegnen, sie zu motivieren, zu inspirieren und auch auszugleichen, öffnete Higelin viele Türen. Den Schülern begegnete er stets auf Augenhöhe. Sie liebten ihn dafür. „Er hatte immer eine Lösung, wusste, wie man mit Schülern, mit Schulen und mit Förderern des Wettbewerbs umgeht. Er war sich nie zu schade für Kleinigkeiten“, beschreibt Leonardo-Projektleiter Andreas Bell die Zusammenarbeit mit seinem „Berater und Mentor“.
An der Niemöller-Schule hatte der Pädagoge mit seiner späteren Frau und Naturwissenschaftlerin Flad sowie einigen weiteren Kollegen in den 90er Jahren ein Berufsorientierungsprogramm aufgelegt. Die vielschichtige Oberstufeninitiative, die der offenbar nie müde werdende Lehrer ebenfalls gemeinsam mit seiner Frau im Namen der IHK Wiesbaden konzipierte und 15 Jahre lang organisierte, gilt als einmalig unter den Handelskammern – das betont Hauptgeschäftsführer Joachim Nolde. Higelins Beharrlichkeit und seiner gewinnenden Art sei es zu verdanken, dass die Jugendlichen die spannendsten Lebensläufe von erfolgreichen Managern „hautnah“ erfahren hätten.
Der aus Schwaben stammende Pädagoge war aber auch ein Genießer und großzügiger Mensch. Mit seiner Frau war er oft in Wiesbaden unterwegs. Das Weinfest galt als zehntägiger „Pflichttermin“, oft am Kurier-Benefizstand. Über seine heimtückische Krankheit sprach der Mann mit dem markanten weißen Haarschopf nicht. Kurz vor seinem Tod bat er um einen stillen Abschied – ein Wunsch, den Rita Flad und seine Tochter aus erster Ehe, Juristin Astrid Higelin, ihm gerne erfüllten.