Ohne Genehmigung: Am möglichen Standort für Wiesbadener Müllverbrennungsanlage sind die Bäume gefällt
Eine großflächige Rodung auf dem Gelände von Knettenbrech und Gurdulic sorgt für Aufregung um das in Wiesbaden geplante Müllheizkraftwerk. Auf dieser Fläche stand bis Ende vergangenen Jahres noch ein dichter Wald, überwiegend aus Pappeln. Diese Bäume sind nun verschwunden, das gesamte Grundstück ist gerodet und planiert. Doch eine Genehmigung für die Rodung liegt nicht vor.
Von Olaf Streubig
Leiter Lokalredaktion und stv. Chefredakteur
Die Deponie mit der abgeholzten Baufläche. Foto: René Vigneron
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WIESBADEN - Eine großflächige Rodung sorgt für neue Aufregung um das in Wiesbaden geplante Müllheizkraftwerk. Wie berichtet will das Entsorgungsunternehmen Knettenbrech und Gurdulic auf dem Firmengelände eine solche Anlage bauen. Ein möglicher Standort ist ein rund drei Hektar großes Areal neben dem bereits bestehenden Biomasseheizkraftwerk. Auf dieser Fläche stand bis Ende vergangenen Jahres noch ein dichter Wald, überwiegend aus Pappeln. Diese Bäume sind nun verschwunden, das gesamte Grundstück ist gerodet und planiert.
„Eine Genehmigung für die Rodung liegt nicht vor“, sagt Felix Weidner, Referent des Umweltdezernenten Andreas Kowol (Grüne). Bei einem Ortstermin habe die Untere Naturschutzbehörde des Wiesbadener Umweltamtes bereits im Januar dieses Jahres die Rodung des Pappelwaldes im Bereich der Deponie festgestellt. Zuvor waren mehrere Hinweise von aufmerksamen Bürgern eingegangen.
Viele Schäden nach Sturm
„Wir haben die Rodungen im Januar nach dem Sturmtief Friederike durchführen lassen, als es dort viele Schäden gab“, sagt Steffen Gurdulic auf Anfrage. Der Geschäftsführer von Knettenbrech und Gurdulic legt Wert darauf, dass das Anfang 2017 von der Stadt Wiesbaden gekaufte Areal nicht dem Entsorgungsbetrieb gehört, sondern einer familieneigenen Besitzgesellschaft, einer Grundstücks GbR. – Gurdulic betont: „Ich selbst bin da nicht involviert, weiß aber, dass es natürlich entsprechende Ausgleichspflanzungen geben wird. Das wird im Detail noch mit dem Umweltamt besprochen.“
Dort wundert man sich über die plötzliche Rodung. Bereits im März 2017 seien von Gurdulic die Genehmigungsvoraussetzungen bei der Unteren Naturschutzbehörde nachgefragt worden, erklärt Weidner und sagt: „Ein Genehmigungsantrag mit den erforderlichen Unterlagen, etwa einem Artenschutzgutachten, wurde jedoch nicht eingereicht.“
Darüber echauffiert sich vor allem die Fraktion der Grünen in der Stadtverordnetenversammlung. Die Umweltpolitikerin Konstanze Küpper sagt: „Die Bäume waren 20 bis 25 Meter hoch, dort fanden viele Vögel Schutz. Sogar Schwarzmilane gab es dort.“ Küpper will die gefällten Bäume in der nächsten Sitzung des Umweltausschusses am Dienstag, 17. April, thematisieren. Sie sagt: „Auch ein Herr Gurdulic muss sich gefälligst an die Spielregeln halten. Er will mit allen Mitteln sein Kraftwerk dort realisieren.“
Rodung „vorgezogen“?
Noch stehe überhaupt nicht fest, ob er an dieser Stelle oder einem anderen Platz auf dem großen Firmengelände das geplante Müllheizkraftwerk bauen werde, entgegnet Steffen Gurdulic: „Roden mussten wir das für eine gewerbliche Nutzung so oder so.“
Die Aufregung um den Zeitpunkt der Rodung kann er nicht nachvollziehen. „Auch wenn es formal noch nicht genehmigt war, grundsätzlich ist das genehmigungsfähig.“ Man habe die Rodung lediglich „vorgezogen“. Auch um nicht mit der Brut- und Setzzeit für Vögel, die ab März begonnen hat, in Kollision zu geraten. Außerdem sei die Rodung mit dem gültigen Bebauungsplan im Einklang. Im Bebauungsplan von 1993 ist allerdings ein Gehölzstreifen aus Bäumen und Sträuchern zwingend vorgesehen.
„Das Gehölz wurde ohne Genehmigung beseitigt“, stellt das Umweltamt fest. „20 Prozent des Grundstücks wird wie vorgeschrieben wieder eine Grünfläche“, versichert indes Gurdulic. Das Umweltamt hat den Fall an das Regierungspräsidium in Darmstadt weitergegeben. Dort wird gerade geklärt, welche Behörde überhaupt zuständig ist.