Müllverbrennung: Wiesbadener Unternehmen Gurdulic wundert sich über Kritik aus Mainz
Die Frage, wo künftig der Wiesbadener Müll verbrannt wird, sorgt mittlerweile über die Stadtgrenzen hinaus für Diskussionen.
Von Olaf Streubig und Carina Schmidt
Das Müllheizkraftwerk auf der Ingelheimer Aue in Mainz. Foto: René Vigneron
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WIESBADEN - Die Frage, wo künftig der Wiesbadener Müll verbrannt wird, sorgt mittlerweile über die Stadtgrenzen hinaus für Diskussionen. Derzeit wird der Wiesbadener Hausmüll in Frankfurt entsorgt, doch der Vertrag zwischen den Entsorgungsbetrieben der Landeshauptstadt (ELW) und der Rhein Main Abfall GmbH (RMA) läuft Ende Dezember 2018 aus. Für die Zeit danach hat es wie berichtet eine europaweite Ausschreibung gegeben, diese endete am vergangenen Freitag.
Nach Informationen dieser Zeitung haben sich vier Unternehmen um den Zuschlag beworben. Darunter das Wiesbadener Familienunternehmen „Knettenbrech und Gurdulic“ sowie die Firma Remondis. Dieser weltweit aktive Konzern betreibt unter anderem die Müllverbrennungsanlage in Mainz und sieht sich durch die Ausschreibung benachteiligt. In der Leistungsbeschreibung ist nämlich von einer „möglichst ortsnahen Lösung“ die Rede. Das kritisiert Remondis Geschäftsführer Siegfried Rehberger heftig. Er wittert eine Bevorteilung des Mitbewerbers aus Wiesbaden. Schließlich stehe in der Ausschreibung, dass sich auch ein Unternehmen bewerben könne, dass am 1. Januar 2019 noch gar keine eigene Anlage in Betrieb hat.
"Wir wundern uns sehr"
Dies trifft auf Knettenbrech und Gurdulic zu. Geschäftsführer Steffen Gurdulic bestätigt auf Anfrage, dass er auf dem Deponiegelände gerne eine Müllverbrennungsanlage bauen will, die in zwei bis drei Jahren in Betrieb gehen soll. Diese Anlage könne rentabel betrieben werden, auch wenn sein Unternehmen für den Wiesbadener Hausmüll keinen Zuschlag erhalte.
Über die öffentlichen Reaktionen der Firma Remondis zeigte sich Gurdulic irritiert: „Wir wundern uns sehr, mit welcher Energie diese Ausschreibung kritisiert wird. Dabei hat das Verfahren doch gerade erst angefangen.“
Ordnungsdezernent Oliver Franz (CDU) bestätigt, dass einer der vier Bewerber eine sogenannte Vergaberüge gegen die Ausschreibung vorgebracht habe. Nun wird geprüft, ob die Ausschreibung rechtlich einwandfrei ist. Dadurch verzögert sich eine Entscheidung, wer den Zuschlag erhält. „Die Ausschreibung ist fair und transparent“, betont Franz. Entscheidend sei neben dem in der Ausschreibung explizit erwähnten Umweltaspekt die Wirtschaftlichkeit für die ELW. „Wir werden uns für das beste Angebot entscheiden.“
Die Anlagen in Mainz und Frankfurt haben Kapazitäten
Neben der Ausschreibung stößt die grundsätzliche Überlegung, in Wiesbaden eine Müllverbrennungsanlage zu errichten, in anderen Städten für Unverständnis. Die Frankfurter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) kritisiert: „Es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum eine weitere Anlage gebaut werden soll, anstatt die vorhandenen in Mainz und Frankfurt zu nutzen.“ Auch Remondis-Geschäftsführer Rehberger hatte betont, dass es in Mainz ausreichende Kapazitäten für die rund 70.000 Tonnen Müll aus Wiesbaden gebe.
Wiesbadens Umweltdezernent Andreas Kowol (Grüne) vermutet, eine Anlage im Stadtgebiet könnte auf Widerstand der Bevölkerung stoßen. „Das hat schon das Biomasse-Heizkraftwerk gezeigt.“
Ein ganz anderes Problem mit den aktuellen Plänen hat FDP-Fraktionschef Christian Diers. „Eine solch wichtige strategische Entscheidung muss doch in den öffentlichen Gremien, also Ausschüssen und der Stadtverordnetenversammlung, besprochen werden, ehe das still und heimlich ausgeschrieben wird.“ Das sieht der zuständige Dezernent Franz anders: „Ein Vergabeverfahren gehört doch nicht ins Parlament.“ Im Juni sei darüber in der Betriebskommission der ELW befunden worden.
Untersuchung zeigt keine „irregulären Beziehungen“
Für Aufregung sorgt im Umfeld von ELW auch ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Diese hatte berichtet, dass die Söhne von ELW-Betriebsleiter Joachim Wack bei der Firma Knettenbrech und Gurdulic in leitender Funktion beschäftigt sind. Dazu sagte Bürgermeister Oliver Franz auf Anfrage: „Mir und den Verantwortlichen in der Landeshauptstadt war bekannt, dass die beiden Söhne von Herrn Wack dort arbeiten.“
Näher möchte der Ordnungsdezernent das Thema nicht kommentieren. Aus Rathauskreisen heißt es allerdings, dass es vor zwei Jahren bereits eine Untersuchung zu dieser familiären Verflechtung gegeben habe. Diese hatte Oberbürgermeister Sven Gerich auf eine anonyme Anzeige hin veranlasst. Mit externer Unterstützung sei ermittelt worden, dass es keine irregulären Geschäftsbeziehungen zwischen ELW sowie Knettenbrech und Gurdulic gebe.