Kulturausschuss will Gutachten zum Bauzustand des Walhalla-Komplexes öffentlich machen
Von Wolfgang Wenzel
Lokalredakteur Wiesbaden
Das Walhalla, eröffnet 1897 als „Specialitäten-Theater“ für Varieté, Kabarett und Operetten, war später Kino. 2007 hatte die WVV die Immobilie gekauft. Eine private Initiative nutzte bis 2017 einige Räume, der große Saal steht allerdings seit Jahrzehnten leer und verfällt. Ende Januar schloss die Stadt den Walhalla-Komplex wegen baulicher Mängel, auch das Bambi-Kino im Untergeschoss. Archivfoto: Sebastian Stenzel
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WIESBADEN - Kopfzerbrechen bereitet der schlechte Bauzustand des ehemaligen Walhallatheaters dem Ausschuss für Schule, Kultur und Städtepartnerschaften. „Wir sind entschlossen, eine kulturelle Nutzung zu entwickeln“, sagte Andreas Rettig, technischer Leiter der kommunalen Holdinggesellschaft WVV. Die WVV ist Eigentümer der Immobilie am Wiesbadener Mauritiusplatz.
Instandsetzung kostet „grob geschätzt“ 23 Millionen Euro
Dafür müsste das in der Gründerzeit errichtete Bauwerk instandgesetzt werden, die Rede war von „grob geschätzt“ 23 Millionen Euro, die von der Stadt aufgebracht werden müssten. Den Betrieb des Komplexes werde die Stadt europaweit ausschreiben. Dann könne man sehen, ob es über einen Kreis von Wiesbadener Interessenten hinaus noch weitere gebe, die sich engagieren wollten. Der Ausschuss forderte per Beschluss, alle Gutachten zum Bauzustand und zum denkmalschützerischen Wert zu veröffentlichen. Die Walhalla sei eine sensible Immobilie: „Je mehr Informationen es gibt, desto besser“, sagte der Ausschussvorsitzende Hendrik Schmehl (SPD). Damit werde auch die Gerüchteküche verstummen, sagte Gabriele Enders (FDP).
Eine Kontroverse machte sich an der Anmerkung des WVV-Vertreters fest, dass mit einer Betriebsgesellschaft Wege gefunden werden müssten, um der Stadt als Vermieterin eine „schwarze Null“ zu ermöglichen. Fraglich sei, ob es eine Form von Kultur gebe, mit der sich ein Millionenbetrag erwirtschaften lasse. In der Diskussion fiel der Begriff Betriebskostenzuschuss. Es gehe nicht um eine „schwarze Null“, sondern um die politische Frage, ob das Gebäude weiter genutzt werde, ob es eine Nutzungsänderung gebe oder ob es die Stadt verfallen lassen wolle, erwiderte Hartmut Bohrer (Linke/Piraten). Werde es vermietet, läge die Verantwortung bei der Stadt. Dorothea Angor (Grüne) wandte sich gegen eine Mischnutzung der Immobilie. Werde der Einzelhandel beteiligt, wäre das Ziel einer kulturellen Nutzung verfehlt.
Zuvor hatte WVV-Vertreter Rettig ein düsteres Bild vom Walhalla gezeichnet. Eine so schlechte Baustruktur habe er in seinen 30 Berufsjahren nie erlebt. Statt Mauerwerk gebe es im Keller nur einen Stapel mit Ziegelsteinen, im zweiten Tiefgeschoss fließe ein Bach, es gebe Probleme mit der Feuchtigkeit. Das Walhalla habe keine Stärken, es gebe nichts, was gut oder befriedigend wäre: „Es ist fast alles schlecht“, sagte Rettig. Anders als beim ähnlich angelegten Pressehaus, bei dem der Verleger über sein Leben hinaus habe etwas schaffen wollen, sei es hier offenbar darum gegangen, schnell „Kohle“ zu machen. Verbaut worden sei nur billiges Material. Der WVV-Vertreter wandte sich gegen Vorhaltungen, dass die Stadt nichts gegen einen Verfall unternehme. Das Gegenteil sei der Fall. „Wir sind gut vorbereitet“, sagte Rettig. Es gebe im Gebäude nur noch wenige Bereiche, die nicht betreten werden dürfen. Elf Gutachten habe die kommunale WVV anfertigen lassen. Das jüngste, das für den Denkmalschutz relevant sei, stehe kurz vor der Auswertung.
Ins Gewicht falle dabei eine Decke im großen Saal der Walhalla, die sich in einem schlechten Zustand befinde. Laut Gutachten bestehe die einzige Hoffnung darin, unter dieser Drahtputzdecke eine zweite aufzuspannen, bei zusätzlichen Kosten in Millionenhöhe und Problemen mit der Statik des ganzen Gebäudes bis tief in die Fundamente hinein. Über das weitere Vorgehen müsse die Stadt mit der Landesdenkmalpflege eine Einigung erzielen. Das Gutachten biete jedoch hinreichend Substanz, um über Punkte zu verhandeln, bei denen der Denkmalschutz die Stadt „vom Haken lassen“ müsste. Alle hätten ein Interesse am Walhalla: „Der Zustand kann keinem gefallen“, sagte Rettig.