WIESBADEN - Anfang des Jahres ist der Luther-Krimi „Gnade Gott“ erschienen. Als Autoren zeichnen Ulrich Hutten und Paul Morgenroth verantwortlich – Pseudonyme für das Duo Bernt Armbruster und den in Wiesbaden bekannten Lokalhistoriker und früheren Redakteur dieser Zeitung, Manfred Gerber. Der Krimi deckt einen schon vor langer Zeit vom Vatikan ausgeheckten Skandal um Martin Luthers Bibel-Übersetzung auf – wogegen sich der heutige Papst Franziskus als wahre Lichtgestalt abhebt. Was hält Lutherkirchenpfarrer Volkmar Thedens-Jekel von diesem Buch?
Herr Thedens-Jekel, darf in der Flut der Luther-Bücher im Luther-Jahr denn überhaupt auch ein „Luther“-Krimi auftauchen?
Natürlich, das ist doch erfreulich! Gerade weil es aktuell so viele ernste Veröffentlichungen zu Martin Luther und zur Reformation gibt, ist „Gnade Gott“ eine schöne Bereicherung: Ein „historischer“ Krimi, der mit dem „Was wäre, wenn…“ spielt, in dem die Karten der Geschichte probeweise neu gemischt werden und ein bisschen spekuliert wird, welche dramatischen Veränderungen das in diesem Lutherjahr verursachen würde.
Was halten Sie von der Grundidee der „Luther“-Krimi-Autoren, dass Martin Luthers Bibelübersetzung ein Plagiat sein könnte?
Nachdem wir schon bei vielen ehrenwerten Persönlichkeiten erlebt haben, dass sie des Betrugs mit Plagiaten überführt wurden, kann man ja auch mal Martin Luther abklopfen... Eine amüsante Idee!
Inwieweit stimmt das Luther-Bild im Krimi mit Ihrer Luther-Kenntnis überein?
Es ist deutlich zu spüren, dass die Autoren sehr gut recherchiert und Luther authentisch und nah an den Erkenntnissen der Historiker gezeichnet haben.
Haben Sie aus dem Krimi über Luther noch etwas lernen können?
Ja: Neue Erkenntnisse über historische Ereignisse können aktuelle Verhältnisse durcheinanderwirbeln oder sogar heutige Organisationen erschüttern.
Über welche im Buch fabulierte Eigenschaft Luthers haben Sie sich gewundert?
Nun ja, die Szene, in der Luther in Rom einer faszinierenden Frau begegnet, passt nicht ganz zu seiner Angst vor der Verdammnis in dieser Phase seines Lebens.
Inwiefern können Sie nachvollziehen, wenn im Buch der gegenwärtige Papst Franziskus in die Nähe Martin Luthers gerückt wird?
Genetisch in keiner Weise; aber sie teilen beide die Begeisterung dafür, das Evangelium ernst zu nehmen, im Leben und in der Praxis der Kirche.
Wie, denken Sie, hätte Martin Luther selbst auf diesen Krimi „Gnade Gott“ reagiert?
„Wie käme denn ich armer, stinkender Madensack dazu, dass man ein Buch über meinen heillosen Namen schriebe?“
Für welchen Diskussionsstoff kann dieser Krimi sorgen?
1. Luthers Leistung ohne Käthe – unvorstellbar? 2. Die Bedeutung von Kochrezepten in Luthers Leben.
Wem empfehlen Sie dieses Buch?
Allen, die gerne gut recherchierte „historische“ Krimis lesen und/oder allen, die sich für Martin Luther interessieren.
Das Interview führte Viola Bolduan.