Großelternservice in Wiesbaden sucht händeringend Senioren
Viele Familien wünschen sich Oma oder Opa für die Kinder – aber es finden sich kaum Senioren, die das Ehrenamt übernehmen möchten.
Von Anja Baumgart-Pietsch
Natalie Müller leitet ehrenamtlich die Vermittlungsstelle des Wiesbadener Großelternservice.
(Foto: Anja Baumgart-Pietsch)
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WIESBADEN - Familien, in denen es aus den unterschiedlichsten Gründen keine Omas und Opas gibt, mit Senioren zusammenzubringen, die selbst keine Enkel haben, das ist die Idee des Wiesbadener „Großelternservices“. So können die Generationen voneinander lernen, miteinander Spaß haben und die Kernfamilien ein bisschen entlasten.
Ein Projekt, das vor vielen Jahren unter dem Dach des Biebricher Nachbarschaftshauses vom Ehepaar Dorothy und Manfred Kahl ins Leben gerufen wurde. Die beiden sind vor einiger Zeit verstorben. Danach übernahm Uschi Opfermann den Großelternservice bei der evangelischen Familienbildung. Sie beendete ihr Engagement im Sommer 2018.
Mehrere Monate keine einzige Vermittlung
Einige Monate war die Vermittlung verwaist, bevor Natalie Müller kurz vor Weihnachten übernahm. Die Vakanz war zwar nur kurz, doch spürbar: „Ich habe mehr als 100 Familien auf der Liste, die Oma oder Opa suchen“, sagt Müller. „Aber an Senioren gibt es momentan nur eine einzige Dame.“ Werbung tut also dringend not, und Natalie Müller hat auch schon einige Ideen: Seniorengruppen ansprechen, einen Infostand in der Stadt machen, Handzettel verteilen.
Kontakt unter E-Mail: grosseltern-service@familienbildung-wi.de, Tel.: 0611 - 53 16 96 88, Sprechzeiten: Donnerstag 15 - 18 Uhr.
Freizeitgestaltung, Geborgenheit, Austausch
Auch das Freiwilligenzentrum ist mit im Boot: „Da habe ich auch selbst dieses tolle Ehrenamt gefunden“, sagt Müller, die sich gerade eine Auszeit im Beruf genommen hat und etwas Sinnvolles suchte, um sich einzusetzen. „Der Großelternservice hat mich als Thema sofort angesprochen.“ Zu den besten Zeiten gab es rund 50 Vermittlungen im Jahr, berichtet sie. Derzeit gab es aber schon mehrere Monate keine mehr. „Das einzige Gespräch, das ich bisher hatte, ergab leider keine passende Kombination.“ Denn zusammen passen müssen die „Enkel“ und die „Großeltern“ schon: „Ich schaue sehr genau“, meint Müller und berichtet von dem Bub, der ganz dringend auf der Suche nach einem „fußballspielenden Opa“ ist. „Wenn das hier einer liest und Lust auf Fußball hat: Bitte melden!“
Es ginge bei dem Projekt nicht um Babysitting oder um Hausaufgabenhilfe, betont Natalie Müller. „Freizeitgestaltung und ein bisschen Geborgenheit und Austausch. Eben all das, was man auch wirklich mit Oma und Opa macht.“ Etwa einmal pro Woche sollte man Zeit haben. „Mehr ergibt sich oft im Laufe der Zeit.“
Ein ausführliches Kennenlerngespräch steht am Anfang. „Und auch danach bin ich natürlich Ansprechpartnerin bei Problemen aller Art“, so Natalie Müller, der ihr neues Ehrenamt viel Spaß macht. „Ich freue mich schon total auf die ersten gelungenen Vermittlungen.“ Ihr schwebt langfristig auch eine Möglichkeit zum Austausch vor, vielleicht ein regelmäßiger Stammtisch oder zumindest mal ein Sommerfest. Die Familien seien übrigens ganz unterschiedlich. „Das sind Alleinerziehende, aber auch Paare. Und sie kommen aus allen sozialen Schichten.“
Kosten entstehen hierbei niemandem. Sie habe momentan Eltern mit Kindern von acht Monaten bis neun Jahren in der Such-Kartei, schildert Müller. „Bei den ganz Kleinen arbeite ich auch mit dem Wellcome-Projekt zusammen, ebenfalls unter dem Dach der evangelischen Familienbildung. Das ist nochmal etwas Spezielles.“ Die meisten potenziellen „Enkelkinder“ seien aber im Grundschulalter, dem richtigen Alter eben für Vorlesen, Ausflüge – oder eben auch Fußball.