Valentin (Mario Krichbaum) und seine Frau Joana suchen Hilfe bei einem Eheberater.
(Foto: Christof Mattes)
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WIESBADEN - Die Streiterei ist ohrenbetäubend: Noch bevor das Ehepaar Dorek die Praxis des Paartherapeuten Harald überhaupt betreten hat, scheint festzustehen, dass sich das seit 18 Jahren verheiratete Paar so gar nichts mehr zu sagen hat. Bestenfalls herrscht zwischen ihnen Schweigen. Oder eben Geschrei. Die Kammerspiele Wiesbaden bringen „Die Wunderübung“ des Autors Daniel Glattauer mit hohem Tempo und reichlich pointiertem Wortwitz auf die Bühne, die Screwball-Komödie wird vom Premierenpublikum zu Recht mit anhaltendem Applaus gewürdigt. Was sich im Schatten der Bergkirche im ausverkauften Haus abspielt, spottet (eigentlich) jeder Beschreibung.
Die frustrierte Joana und ihr wütender Valentin
Und weckt doch – werden verstohlen ausgetauschte Blicke vereinzelter Zuschauerpaare richtig gedeutet – etliche Erinnerungen. Marie-Louise Gutteck gibt als gebildete und intelligente, von der Erziehung der beiden gemeinsamen Kinder und der Gleichgültigkeit des Gatten gelangweilt, eine herrlich frustrierte Joana. Selbst hinlänglich bekannten Vorwürfen an Ehemann Valentin wie „Du hörst nie zu“ vermag sie neue Nuancen zu verleihen. Valentin wiederum, verkörpert von Mario Krichbaum, reagiert mit herrlich beredter Mimik, mit Schweigen – oder eben doch einem Wutausbruch, wenn er zum x-ten Mal eine längst beendete Affäre unter die Nase gerieben bekommt. Therapeut Harald (Thomas Zimmer), der sich ein ums andere Mal mit viel Verve die Anrede „Herr Doktor“ verbittet, droht an den Problemen des Paars zu scheitern. Dass dies nicht geschieht, ist dem Geschick Glattauers zu verdanken, der seinen Stücken immer wieder überraschende, wenn auch nicht immer gänzlich unvorhersehbare Wendungen zu verleihen vermag.
Regisseur Jan Käfer teilt die Begeisterung des Premierenpublikums ob der Spielfreude des Trios, das auch in leisen Momenten zu fesseln versteht. Irgendwie schließlich liebt sich das Ehepaar Dorek ja immer noch, da helfen therapeutische Übungen zum Heraufbeschwören vergessen geglaubter gemeinsamer, schöner Erinnerungen. Bedauerlicherweise jedoch nur sehr kurzfristig. Vom seligen Lächeln bis zum nächsten lautstarken Streit reicht ein Wimpernschlag.
Dass die Beziehungskiste nicht in Klamauk abgleitet, ist Gutteck und Krichbaum zu verdanken, die unter der Käfer’schen Regie gutes Balancegefühl beweisen. Als Therapeut „Harry“, der mit seiner „Wunderübung“ zumindest für eine vorläufige Befriedung im Hause Dorek sorgt, muss Zimmer ein wenig achtgeben, dass er seinen Therapeuten vor allem in der Körpersprache nicht überzieht. Zum Ende des Stücks darf er dies gerne tun. Weil es ihm in seiner eigenen Beziehung ja so entsetzlich schlecht geht...