Freie Theatergruppen in Wiesbaden brauchen mehr Platz und mehr Geld
Der Kulturbeirat will sich ein Bild davon machen, was den Künstlern auf der Seele brennt. Bei einem Gesprächsabend tauscht man sich aus. Wünsche und Probleme sind vielerorts die gleichen.
Von Hendrik Jung
Ernst Szebedits, Susanne Müller, Tom Wolter und Wolfgang Vielsack (von links) formulieren die Wünsche der freien Theatermacher.
(Foto: Tristan Schirling)
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WIESBADEN - „Es wäre möglich, es könnte anders sein.“ Der Titel der neuen Produktion des GOJ T-A-TR könnte auch als Überschrift über der ersten Veranstaltung des Kulturbeirats stehen. Das Gremium, das 2018 ins Leben gerufen worden ist, um die Politik in kulturellen Fragen zu beraten, hat dazu Vertreter der drei Dutzend freien Theater der Stadt eingeladen, um deren Bedürfnisse kennenzulernen.
Die bei den Präsentationen von neun freien Theatern im Georg-Buch-Haus geäußerten Wünsche weisen viele Überschneidungen auf. Unterstützung für eine bessere Sichtbarkeit der Theaterinitiativen im Stadtleben, Räume für Proben und Aufführungen, eine bessere Vernetzung untereinander aber auch eine bessere finanzielle Ausstattung gehören zu den meistgenannten Themen. Dass bei der ersten Veranstaltung des Kulturbeirats der Dialog mit der freien Theaterszene gesucht wird, hat mit der Aktualität des Themas zu tun. So etabliert sich das Walhalla gerade in seinem Exil in der Nerostraße und der Verein Theater im Pariser Hof nimmt am Interessensbekundungsverfahren zur kulturellen Nutzung im Pariser Hof teil. „Werdet ihr weitermachen, wenn ihr nicht ausgewählt werdet?“, möchte Moderator Ernst Szebedits, der Vorsitzende des Kulturbeirats, wissen. „Ohne Spielstätte gibt es auch keinen Betreiberverein“, antwortet Fabian Kuhl. Die 17 Vereinsmitglieder seien aber hoffnungsvoll, auch in Zukunft rund 100 Veranstaltungen pro Jahr in dem denkmalgeschützten Gebäude durchführen zu können.
Fest steht, dass noch bis Mitte 2020 hier auch Theaterinitiativen willkommen sind. So nutzt etwa das Freie Theater Wiesbaden den Pariser Hof. Der Zusammenschluss freier Schauspieler möchte in Zukunft noch stärker kooperieren. „Ich möchte die Arbeit mit anderen Kollegen ganz offensiv angehen“, kündigt Barbara Haker an. Idealerweise würde sie sich aber eine gemeinsame Bühne für mehrere freie Ensembles wünschen. Denn jährlich 50 Veranstaltungen seien für das Freie Theater Wiesbaden zu wenig. Man verfüge über mehr Substanz.
KULTUR IM STÄDTISCHEN HAUSHALT
Im Haushaltsplan beträgt der Gesamtetat für Kultur in diesem Jahr 38,9 Millionen Euro. Davon sind knapp 3,39 Millionen Euro als Zuschüsse an kulturelle Initiativen vorgesehen. Mit 634 650 Euro erhalten die Theaterinitiativen knapp ein Fünftel davon. Zusätzlich sind im Haushaltsplan noch 37 500 Euro für Theaterprojekte, 50 000 Euro für Kultur und Integration sowie Tronc-Mittel der Spielbank in Höhe von 50 000 Euro enthalten.
„Experimentalraum“ benennt Christine Diez ihren Wunsch nach einem Aufführungsort. „Der muss nicht groß sein, aber so, dass die Produktionen nicht wirtschaftlich aufgestellt sein müssen“, erläutert die Mitbegründerin des GOJ T-A-TR. Wolfgang Vielsack vom Künstlerhaus 43 würde sich zusätzliche Mittel wünschen, um mehr investieren zu können, und Beate Krist vom Theater 3D würde sich über Unterstützung dabei freuen, bekannter zu werden.
Zu mehr Mut beim Formulieren von Forderungen rät Tom Wolter. „Wir gewöhnen uns daran, die Dinge hinzubekommen, obwohl Räume oder eine angemessene Bezahlung fehlen“, warnt der stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands freie darstellende Künste. Genug Power habe er bei der Veranstaltung wahrgenommen. Jetzt müsse es darum gehen, die nächsten Schritte zu gehen.