Auch außerschulische Bildungseinrichtungen bemühen sich um Hygienekonzepte. Die Wiesbadener Freie Kunstschule scheint aber eine ganz eigene Meinung zur Pandemie zu haben.
Von Volker Milch
Redakteur Kultur/Politik/Wirtschaft Wiesbaden
"Jeder Mensch handelt eigenverantwortlich", meint man an der Wiesbadener Freien Kunstschule (WFK). Foto: René Vigneron
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WIESBADEN - An den allgemeinbildenden Schulen in Hessen ist momentan, abgesehen von Abschlussklassen, für die allermeisten Schülerinnen und Schüler Distanzunterricht angesagt. Wie aber steht es um außerschulische Angebote? Ein Leser hat die Redaktion auf weiterhin bestehende Angebote der Volkshochschule (VHS) hingewiesen und Bedenken wegen der Infektionsrisiken geäußert. In Darmstadt zum Beispiel würde der Präsenzunterricht ganz ausgesetzt.
Eine Nachfrage dieser Zeitung bei Schuldezernent Axel Imholz (SPD) bestätigt derzeitige VHS-Angebote. Es gebe eine "klare Vereinbarung" zwischen der VHS-Direktorin Stephanie Dreyfürst und ihm, bei Kursen für eine berufliche Qualifizierung oder Vorqualifizierung den Regelunterricht fortzusetzen: "Das ist insbesondere im Bereich des Erwerbs der deutschen Sprache so."
"Abhängig vom Hygieneplan und der Raumgröße", sagt die VHS-Leiterin gegenüber dieser Zeitung, "halten sich im Allgemeinen durchschnittlich um die acht Personen in einem Kursraum auf". Zuletzt habe das Gesundheitsamt den Hygieneplan am 21. Januar in einer Begehung überprüft. Ein Schreiben der Gesundheitsamtsleiterin Kaschlin Butt bestätige die "konsequente" Umsetzung des "sehr umfangreichen" Hygienekonzepts.
Es gebe "teilweise" Unterricht in Gruppenform, sagt Claudia Hölbling, die Leiterin der Wiesbadener Musik- und Kunstschule (WMK), dieser Zeitung. Dabei handele es sich aber um Kleinstgruppen. Orchesterproben seien natürlich ausgesetzt. Zwei bis drei Personen würden, inklusive Lehrkraft, in einem 40-Quadratmeter-Raum zusammenkommen. Mit über 75 Prozent überwiege aber der Einzelunterricht. Man sei immer bemüht, allen Sorgen Rechnung zu tragen und gegebenenfalls statt Präsenzunterricht Onlineunterricht anzubieten. Sie sei gerade dabei, medizinische Masken für die Lehrkräfte zu bestellen.
Während man sich in WMK und VHS offensichtlich auch um eine Erhöhung der Sicherheit mit der Beschaffung medizinischer Masken bemüht, scheint man an der Wiesbadener Freien Kunstschule (WFK) nichts von solchen Schutzmaßnahmen oder gar Maskenpflicht zu halten.
Eine Kontrolle gab es bisher noch nicht
"Wenn ich als Schulleiter Personen, sei es die Schülerschaft oder unsere Dozenten, die unsere Räumlichkeiten betreten, vorschreiben würde, eine Maske zu tragen, würde ich mich des Straftatbestands der Nötigung und vorsätzlichen Körperverletzung schuldig machen", beantwortet der Leiter Michael Becker eine diesbezügliche Frage: "Jeder Mensch handelt eigenverantwortlich. Ob jemand die Direktiven von oben befolgt, bleibt jedem selbst überlassen. Es gibt genügend Hinweise, dass sie den Grundsätzen der Verfassung widersprechen und daher als Straftatbestände aufzufassen sind. Vorgeschriebene Hinweisschilder zum Infektionsschutz haben wir selbstverständlich deutlich sichtbar ausgehängt."
Wenn man der auf Erwachsenenbildung aufgebauten Abendschule Fragen zum Präsenzunterricht und Infektionsschutz stellt, wird erst mal die Existenz einer Pandemie überhaupt infrage gestellt. Hygienekonzept? Fehlanzeige: "Nein, es gab bislang keine Abstimmung mit irgendwelchen Ämtern. Würde ich keine Zeitung lesen, wäre mir wohl auch nicht aufgefallen, dass wir eine Pandemie haben", antwortet der Schulleiter Michael Becker. Von offizieller Seite sei nichts an die Schule "herangetragen" worden, was auf verschärfte Sicherheitsmaßnahmen hinweisen würde: "So schlimm scheint die Lage also offenbar nicht zu sein."
Ein Hygienekonzept müsse erstellt und für den Fall einer Kontrolle vorgehalten werden, teilt das Gesundheitsamt hingegen auf Nachfrage mit. Eine Kontrolle sei bisher noch nicht erfolgt.
Die WFK nutzt Räume in einem Gebäude in der Friedrichstraße 7, das dem städtischen WIM-Liegenschaftsfonds gehört. Die Mietkosten von jährlich 32 620 Euro für rund 380 Quadratmeter trägt das Kulturamt der Stadt. Die WFK bietet nach Auskunft ihres Leiters weiterhin Präsenzveranstaltungen an, die jeweils mit zwei bis 20 Personen besetzt sind.
Das ist nach den derzeitigen Corona-Regeln des Landes Hessen für außerschulische Bildungsangebote (Stand 23. Januar 2021) auch durchaus möglich. Eine Gruppenobergrenze besteht demnach nicht. Jedoch müssten die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts beachtet werden: "In geschlossenen Räumen ist eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen."