Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden hat zehn markante Begriffe des Jahres 2019 gekürt.
Von Birgitta Lamparth
Redakteurin Kultur/Politik/Wirtschaft Wiesbaden
Das "Wort des Jahres" 2019 lautet "Respektrente".
(Grafik: VRM, dpa)
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WIESBADEN - „Respektrente“ ist das Wort des Jahres 2019. Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) mit Sitz in Wiesbaden kürte diese Bezeichnung einer Grundrente für Personen, die 35 Jahre lang erwerbstätig waren und dennoch von ihrer Rente nicht leben können, als „sozialpolitisch und semantisch“ markanten Begriff, so GfdS-Vorsitzender Peter Schlobinski bei der Vorstellung des Rankings im Wiesbadener Rathaus. Die Bestimmung des politischen Diskurses durch ein Hochwert-Wort wie diese Binnen-Alliteration sei linguistisch interessant - und treffe mit der politischen Debatte um Bedürftigkeit und soziale Gerechtigkeit zusammen. Der emotionale Begriff ist in der SPD entstanden und ist auch bei Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gefallen.
Auf den zweiten Platz wählte die neunköpfige Jury „Rollerchaos“. Das Wort thematisiere die 2019 erfolgte Zulassung von mietbaren E-Rollern – und die Tatsache, dass diese in vielen deutschen Städten verkehrswidrig benutzt und unkontrolliert abgestellt werden. Ebenfalls mit Umwelt zu tun hat Platz drei: „Fridays for Future“ ziele auf die Klimadebatte und sei ein „Wort im weiteren Sinne“, das für eine junge Generation stehe, die gegen die Ursachen des Klimawandels demonstriere.
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Der gelungene Freud’sche Versprecher einer SWR-Radiomoderatorin hat es auf Rang vier geschafft: Als „Schaulästige“ bezeichnete sie die Gaffer an einer Unfallstelle – eine Kombination aus schaulustig und lästig. Das Wort wurde seitdem schon vielfach aufgegriffen.
Die Zusammensetzung „Donut-Effekt“ auf Platz fünf meint die Ansiedlung an den Stadträndern, während Innenstädte zunehmend veröden – das Loch im Donut. Das Adjektiv „brexitmüde“ bringt die Stimmung in Deutschland angesichts immer weiterer Debatten in Großbritannien auf den Punkt und den sechsten Platz. Das Verb „gegengoogeln“ (Platz sieben) bezeichnet, dass man Informationen im Internet noch einmal überprüft. Platz acht belegt das „Bienensterben“, ein Begriff im Zusammenhang mit dem großflächigen Einsatz von Insekten-Pestiziden, der politisch unter anderem mit einem Gesetz zum Schutz von Artenvielfalt in Bayern Nachhall findet.
Bei der Ibiza-Affäre, die zum Rücktritt des österreichischen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache führte, spielte die „Oligarchennichte“ eine Rolle. Die GfdS setzt sie auf Platz neun. Platz zehn belegt das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“. Der Ausdruck ist eine Verkürzung des „Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“. Er stehe auch stellvertretend für eine „Wortbildungsmode, die dem Schema Adjektiv und Substantiv und Gesetz“ folgt, so Schlobinski. Als weiteres Beispiel nennt er das „Gute-Kita-Gesetz“.
GfdS-Geschäftsführerin Andrea-Eva Ewels betont, dass es bei diesen zehn Begriffen nicht nur um die Quantität gehe, sondern vor allem um ihre Bedeutung für 2019: „Das ist eine Liste, auf der absolut nichts fehlt, was in diesem Jahr präsent war - sowohl inhaltlich als auch sprachlich“, so Andrea-Eva Ewels. Insgesamt gab es 2.000 Vorschläge, davon kamen extern 460 von Bürgerinnen und Bürgern. Die Jury ging von einer ersten Auswahlliste von 212 Begriffen aus, habe dann auf 30 aus zehn Themenfeldern reduziert und schließlich auf zehn, lässt Peter Schlobinski hinter die Kulissen blicken.
Die GfdS hat erstmals 1971 ein Wort des Jahres gekürt und stellt seit 1977 durchgehend diese markanten Ausdrücke vor. „Wir hätten uns das patentieren lassen sollen“, so Schlobinski: „Tatsächlich gibt es in vielen anderen Ländern und Sprachen auch das jeweilige Wort des Jahres.“ Und mittlerweile küren andere auch das „Unwort des Jahres“, das „Jugendwort des Jahres“ und den „Anglizismus des Jahres“. Die Grundidee geht auf die GfdS zurück. In Wiesbaden wird das neue „Wort des Jahres“ jetzt auch vom Balkon des Rathauses verkündet: Mit einem großen Banner.