Erstmals in der Nachkriegsgeschichte kein Pfingstturnier in Wiesbaden: Das Reitsport-Festival fällt 2020 aus. Grund dafür ist die Corona-Pandemie.
Von Peter Schneider
Sportredaktion Mainz
Das Pfingstturnier soll trotz Corona stattfinden.
(Archivfoto: Lukas Görlach)
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WIESBADEN - Mit viel Herzblut sind die rund 500 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in jedem Jahr beim Pfingstturnier im Biebricher Schlosspark dabei. Nun blutet ihnen das Herz: Der Vorstand des Wiesbadener RFC hat sich entschlossen, das Reit-Fest im Jahr 2020 nicht stattfinden zu lassen. Grund: Die Corona-Pandemie. Ein Jahr ohne Pfingstturnier – erstmals in der Nachkriegsgeschichte.
„Ja, es stimmt“. sagt WRFC-Vizepräsident Hanns-Dietrich Rahn, „in einer Konferenzschaltung haben wir am Montagabend beschlossen, das Turnier abzusagen.“ Einstimmig: Alle zehn Vorstandsmitglieder seien dafür gewesen. Rahn: „Wir wissen nicht, wie sich die Corona-Situation weiterentwickelt. Wir kamen jetzt an den Punkt, an dem wir die Entscheidung treffen mussten.“ Andere Reitturniere – Mannheim und Hagen – haben auch die Reißleine gezogen. „Es war für uns eine sehr schwierige Entscheidung“, sagt WRFC-Präsidentin Kristina Dyckerhoff, „aber nach sehr langen Überlegungen haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen, weil wir glauben, es ist die richtige Entscheidung – zu allererst im Sinne der Sicherheit und Gesundheit der Menschen, aber auch für unsere Partner, Reiter und Zuschauer und für den WRFC selbst.“
Absage bringt immense Verluste mit sich
Das Pfingstturnier ist versichert – aber laut Rahn nicht gegen eine Pandemie. Rund zwei Millionen Euro beträgt der Etat des Vier-Tage-Reitsportfestivals für Springen, Dressur, Vielseitigkeit und Voltigieren. „Einen sechsstelligen Betrag“, so der 68-Jährige, „haben wir bereits investiert.“ Diese Kosten, unter anderem für Werbung und Pferdenacht-Organisation, muss der WRFC nun aus seinen Rücklagen decken. Weitere Investitionen standen an: So wollten zum Beispiel Tribünen- und Zeltbauer die Verträge abschließen. Hierfür wäre laut dem Vizepräsidenten ein weiterer sechsstelliger Betrag fällig gewesen.
2001 war es, als der Schlosspark zuletzt an Pfingsten keine Pferde beherbergte. Damals wegen der Maul- und Klauenseuche. Der WRFC holte das „Pfingst“turnier im September nach. „Eine Verlegung haben wir auch diesmal besprochen“, so Rahn, „aber nur kurz.“ Denn vor 19 Jahren wurde jenes „Turnier light“ von den Zuschauern nicht gut angenommen. Und: „Wir müssten ja 2020 erstmal einen Termin finden im gefüllten Reitsportkalender.“
Und ein Turnier ohne Zuschauer? „Diesen Gedanken haben wir auch schnell verworfen“, so Rahn, „wir leben von der Atmosphäre. Das würde nicht gehen.“ Zumal der WRFC den Großteil seiner Einnahmen aus den Eintrittsgeldern generiert. „Und deshalb ziehen wir diesen schmerzvollen Strich unter das Ganze“, sagt Rahn, der selbst seit 63 Jahren jedes Pfingstwochenende dabei war, seit 2007 als Vizepräsident. Einigen Vorstandskollegen, vielen Helfern und Zuschauern geht es nicht anders.
Tickets bleiben für 2021 gültig
Die Vorbereitungen für das abgesagte Turnier liefen seit Juni 2019. Noch gab es aber keine sportliche Ausschreibung, die Stände der Händler rund um die Sportarenen waren noch nicht vergeben. Die verkauften Karten behalten ihre Gültigkeit für 2021, wenn vom 21. bis 24. Mai das 84. Pfingstturnier steigen soll. „Wer das nicht möchte, erhält selbstverständlich über Ticketmaster sein Geld zurück“, versichert Rahn.
Die Vollbremsung, knapp 70 Tage vor Turnierbeginn, ist vollzogen. In Zeiten wie diesen wohl alternativlos. „Alle Vorstandsmitglieder“, sagt Rahn, „haben bei ihrer Entscheidung gesagt, wie weh ihnen das tut.“