Bruchbude in der Wiesbadener Karlstraße steht wieder zum Verkauf
Das denkmalgeschützte Gebäude in der Karlstraße verfällt weiter, ist laut der Stadtverwaltung aber stabil. Die Anwohner sind sauer.
Von Birgit Emnet
Mitarbeiterin Lokalredaktion Wiesbaden
Schandfleck: Die Anwohner sind sauer auf den neuen Eigentümer des Hauses in der Karlstraße 18. Foto: Emnet
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WIESBADEN - Seit drei Jahren wohnt das Ehepaar Christina und Günter Engel in der Karlstraße 17. Seither müssen sie nicht nur schräg gegenüber den Anblick des maroden Gebäudes mit der Hausnummer 18 ertragen, sondern auch feststellen, dass sich trotz Verkaufs der Immobilie Ende 2015 nach wie vor nichts tut. „Der Bereich Karlstraße 17 bis 18 hat zwar auf der einen Seite einen schön gestalteten Schulhof der Jahn-Schule“, so das Ehepaar, „aber auf der anderen das unansehnliche, sanierungsbedürftige Gebäude Nummer 18 mit Schmierereien, die sich über die Außenfassade des Oraniengymnasiums fortsetzen.“
Tatsächlich dämmert das Haus mit der unansehnlichen Fassade weiter in einem erbarmungswürdigen Zustand vor sich hin, erinnert irgendwie an das Schicksal ähnlicher „Schandflecke“ wie die Geisberg-Ruine oder die Häuserzeile in der Andreasstraße in Biebrich. Zwar stimmt nicht, wie die Engels vermuten, dass „die Stadtverwaltung damals froh war, die Bude losgeworden zu sein“, es war nämlich das Land Hessen, das die Liegenschaft verkaufte. Aber die Nachbarn erzürnt dennoch, dass offensichtlich versäumt worden sei, den Verkauf an Bedingungen wie einen Sanierungsbeginn zu knüpfen: „Man hat sich hier aus der Verantwortung gestohlen.“
Kein Grund für Optimismus
Mittlerweile scheint ein erneuter Verkauf anzustehen, haben die Engels erfahren, als sie einen Brief an die Stadtverwaltung, hier die Bauaufsicht, schickten, deren Antwort keinen weiteren Optimismus aufkommen ließ, wie sie schreiben. Denn vom Dezernat Möricke wurde nur beschieden, man habe den Eigentümer über seine Pflichten informiert, die sich aus dem Hessischen Denkmalschutzgesetz ergeben, könne aber weiter nichts tun. Das Haus sei verkehrssicher, habe ein Sachverständiger festgestellt. „Uns scheint auch so, dass der jetzige Eigentümer durch den Weiterverkauf unter Ausnutzung der stark gestiegen Immobilienpreise einen schönen Gewinn anstrebt“, berichtet Günter Engel.
Kulturdenkmal
Das Gebäude Karlstraße 18 ist konstituierender Teil der als Kulturdenkmal im Sinne der nach Hessischem Denkmalschutzgesetz geschützten Gesamtanlage „Südwestliche Stadterweiterung“ (gemäß Denkmaltopographie-Atlas des Landesamtes für Denkmalpflege von 2005). Die Gesamtanlage Südwestliche Stadterweiterung umfasst ein Stadtquartier aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und schützt vor allem die bisher relativ wenig gestörte städtebauliche Struktur. Das Gebäude Karlstraße 18 wurde vermutlich in den 1870er Jahren errichtet und markiert mit seiner schlichten symmetrischen Fassade den Übergang zwischen Spätklassizismus und Historismus. Es verkörpert die Phase der Erstbebauung der Karlstraße und ist daher einen konstituierender Bestandteil der Gesamtanlage.
Laut Sven Kötschau, Beteiligungsreferent im Stadtentwicklungsdezernat, kann die Untere Bauaufsichtsbehörde im Rahmen der Gefahrenabwehr bauaufsichtliche Anordnungen erlassen. „Zu dem Gebäude liegt die Bescheinigung eines Sachverständigen vom Dezember 2016 vor, dass keinerlei Gefährdung des öffentlichen Bereiches besteht. Aktuell ist uns kein anderer Sachverhalt bekannt“, so Kötschau.
Stadt sieht keinen dringenden Handlungsbedarf
Sollte die Instandsetzung beziehungsweise Sanierung des Gebäudes geplant sein, bedürfen alle das äußere Erscheinungsbild betreffenden Maßnahmen einer Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde sowie einer denkmalrechtlichen Genehmigung. Darüber hinaus ist der Eigentümer verpflichtet, das Gebäude zu erhalten und es pfleglich zu behandeln, zitiert Kötschau das Denkmalschutzgesetz. Die Fassade des Gebäudes befinde sich zwar in einem augenscheinlich sanierungsbedürftigen Zustand. „Eine konkrete Gefährdungslage besteht momentan jedoch nicht, sodass es derzeit nicht möglich ist, dem Eigentümer Erhaltungsmaßnahmen aufzugeben.“
Der aktuelle Eigentümer sei im Januar 2017 explizit von der Unteren Denkmalschutzbehörde auf die denkmalrechtlichen Bestimmungen hingewiesen worden, berichtet Kötschau. Nach den Informationen, die der Unteren Denkmalschutzbehörde vorliegen, steht das Gebäude aktuell wohl wieder zum Verkauf.