Amtsschimmel verhindert Storch-Ampel in Schierstein
Eine Storch-Ampel würde gut zu Schierstein passen, fand der Ortsbeirat. Das Wiesbadener Verkehrsdezernat hat den Antrag nun abgelehnt - mit einer komischen Begründung.
Von Heinz-Jürgen Hauzel
Lokalredakteur Wiesbaden
Eine Storch-Ampel wird es in Schierstein nicht geben.
(Fotomontage: VRM/Sabine Bartsch)
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WIESBADEN - Die Mainzer haben auf ihren Fußgängerampeln Mainzelmännchen, die Friedberger Elvis Presley. Bremen hatte zumindest während des Freimarkts im Oktober 2017 seine Stadtmusikanten – mit freundlicher Genehmigung des Straßen- und Verkehrsamts. In Stuttgart hat sich der Petitionsausschuss des Landtags für die Südfunk-Symbolfiguren Äffle und Pferdle stark gemacht, das Berliner Verkehrsministerium Ansinnen nun aber abgelehnt. Bergmänner gibt’s in Gladbeck, Duisburg und Freiberg. Wesel bekommt am Bahnhof gerade seinen Esel.
Die Schiersteiner – seit Jahrzehnten Heimat der Stelzvögel – wollten nun den Storch als Silhouette für ihre Lichtzeichenanlagen. Ortsvorsteher Urban Egert (SPD) hatte die entsprechende Anregung eines Bürgers in Antragsform gegossen. Am 12. Dezember bat das Stadtteilgremium den Magistrat einstimmig (bei einer Enthaltung), diese Möglichkeit zu prüfen: „Das würde sehr gut zu Schierstein passen und hätte sicherlich einen erheblichen Werbeeffekt“, heißt es in dem Beschluss, in dem der Ortsbeirat am Ende ausdrücklich betont, dass „es sich nicht um einen Aprilscherz handelt“.
Die von Stadtrat Andreas Kowol (Grüne) unterschriebene Antwort aus dem Verkehrsdezernat legt nun verschiedene Assoziationen nahe. „Ich brat’ mir einen Storch“ könnte die Überschrift lauten. Auch der Gedanke an einen Weseler Esel bietet sich an – ganz bestimmt aber drängt sich für die Ampelanlagen das Piktogramm eines wiehernden Amtsschimmels auf.
Definition des „zu Fuß gehenden Menschen“
Die Verwaltung teilt in ihrer Antwort den Schiersteinern mit, dass in der Richtlinie für Lichtsignalanlagen im Unterabschnitt 6.2.7 festgelegt sei, dass „in den Leuchtfeldern nur das ‚Sinnbild eines Fußgängers’ Verwendung finden darf. In der allgemeinen Sprachbedeutung ist das Wort ‚Fußgänger’ als ‚zu Fuß gehender Mensch’ definiert“. Das Kowol-Dezernat zieht daraus den Schluss, dass „Tiere oder andere nicht menschliche Sinnbilder leider nicht in Frage kommen“. Womit nebenbei erwiesen ist, dass Mainzelmännchen Menschen sind.
Zudem „gilt der Grundsatz, dass Verkehrsteilnehmer das Sinnbild im_Signalgeber auf ihre jeweilige Verkehrsart beziehen können müssen“, heißt es in der Antwort an den Ortsbeirat weiter: „Im_Falle eines Storchs im Sinnbild hätte dies demnach zur Folge, dass ein Fußgänger bei einem Rotlichtverstoß argumentieren könnte, dass das Signal eben nur für Störche und nicht für ihn gelte.“
„Ich habe nichts anderes erwartet“
Urban Egert, von Beruf Polizeibeamter, lacht, als ihm der Brief der Verwaltung vorgelesen wird. „Es ist schön, dass man ab und zu über unsere Bürokratie lachen kann“, um dann zu bekennen: „Ich habe nichts anderes erwartet.“ Er sieht eine „vertane Chance“, endlich einmal nicht alles so verbissen zu sehen und mutig für positive Schlagzeilen zu sorgen. „Wir Deutsche stehen uns manchmal selbst im Weg.“
Der Weseler Stadtrat war im Kampf mit der zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf übrigens standhafter. Nachdem Fernseh- und Radiosender, Zeitungen und Magazine bundesweit berichtet haben, einigte man sich schließlich auf einen Kompromiss: An der Bahnhofskreuzung wird es künftig zwei Ampeln geben. Eine normale und eine Ampel mit dem Esel. So kann dort jeder für sich entscheiden, ob er als Mensch stehen bleibt – oder als Esel.