Ein Femizid ist die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts – auch in Deutschland ein Thema. Eine Veranstaltungsreihe soll das kontroverse Thema ins Licht rücken.
WIESBADEN - Das Thema Femizid ist Gegenstand von Kontroversen. Für viele ist der Begriff ein Aufreger, andere können keinen Handlungsbedarf erkennen, da das deutsche Strafrecht doch für alle gelte und Femizide irgendwo auf der Welt stattfänden, aber nicht in Deutschland. Weit gefehlt: Jeden dritten Tag wird eine Frau hierzulande getötet, weil sie eine Frau ist, wegen ihres Geschlechtes oder aufgrund von bestimmten Vorstellungen von Weiblichkeit. Sozialer und kultureller Hintergrund spielen laut Experten eine geringe Rolle. Ein Wiesbadener Aktionsbündnis will das Thema ins Licht rücken.
Braucht es also mehr Gesetze, oder mangelt es schlichtweg an der Umsetzung, dem Drehen an den richtigen Stellschrauben, sodass eine Gesamtpräventionsstrategie realisiert werden kann und nicht nur „homöopathische Dosen“ an Täterarbeit passieren?
Gesellschaftliche, politische und juristische Aspekte
Eine Definition von Femizid voranzutreiben mit dem Ziel, Femizide und die Strukturen gesellschaftlich, politisch und juristisch anzugehen, hat sich das Bündnis auf die Fahne geschrieben. Es besteht aus: Matthias Chalmovski von Amnesty International, Christa Leiffheidt, Wiesbadener Burgfestspiele, Saskia Veit-Prang, Kommunale Frauenbeauftragte der Landeshauptstadt, Kim Engels, „frauen museum wiesbaden“, unterstützt durch den Verein Wildwasser Wiesbaden, dem Frauen-Kommunikationszentrum KOMZ, dem Bündnis „Demokratie leben!“, dem Trägerkreis „Wir in Wiesbaden“ und dem Schlachthof.
Bei einer Pressekonferenz am Dienstag im Frauenmuseum haben die Akteure eine Veranstaltungsreihe vorgestellt, in der sie die Situation, Ursachen und mögliche Lösungen beleuchten möchten.
Ein Höhepunkt ist am 23. November eine Podiumsdiskussion um 19 Uhr aus dem Roncallihaus, die auch auf dem Youtube-Kanal des Frauenmuseums übertragen wird. Kim Engels machte auf eine Videoaktion mit Statements zum Thema aufmerksam, bei der auch Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) Femizide als schwere Verbrechen und Mord verurteilt.
Matthias Chalmovski schickte voraus, dass es grundsätzlich mehr Daten brauche. So gebe es keine Statistik zu Femiziden. Er regte eine gezielte Erfassung in der Kriminalitätsstatistik an – was Saskia Veit-Prang begrüßte und die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in Wiesbaden zur „Chefsache“ ausrief. So habe der Oberbürgermeister die Verantwortung für die Umsetzung der Istanbul-Konvention in seinem Dezernat an die Kommunale Frauenbeauftragte übertragen.
In der ersten Jahreshälfte sei unter Beteiligung lokaler Experten des Schutz- und Hilfesystems eine Bestands- und Bedarfsaufnahme vorgenommen worden. Die Ergebnisse zeigten, dass das Hilfesystem in Wiesbaden gut aufgestellt sei, in einigen Bereichen jedoch passgenaue Hilfsangebote fehlten. Unter Abgleich der Konventionsvorgaben und dem Stand des Hilfesystems der Landeshauptstadt habe man Handlungsempfehlungen entwickelt, aus denen einzelne Beschlüsse verabschiedet werden können, ließ Saskia Veit-Prang zudem wissen, bevor sie erklärte, dass solide administrative und demografische Daten zentrale Voraussetzung für eine fundierte Bewertung seien.