300 Teilnehmer beim Symposium „Sexualpädagogik“ im Kurhaus Wiesbaden, 400 Gegendemonstranten beim „Regenbogenfest“ für offene Gesellschaft
Von Claudia Kroll-Kubin und Wolfgang Degen
Demonstration vor dem Kurhaus: Für eine offene Gesellschaft setzen sich Gruppen beim „Regenbogenfest“ ein. Foto: wita/Paul Müller
( Foto: wita/Paul Müller)
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WIESBADEN - Rund 300 Teilnehmer waren zum Auftakt des Symposiums „Sexualpädagogik der Vielfalt – Kritik einer herrschenden Lehre“ des Aktionsbündnisses „Demo für alle“ im Wiesbadener Kurhaus versammelt. Nach Angaben der Veranstalter hatten sich über 400 Teilnehmer angemeldet. Man wende sich gegen „Umerziehungsversuche“, gegen „Gender-Ideologie und Sexualisierung der Kinder in Kita und Schule“, heißt es im Selbstverständnis.
Die Aufklärung über Sexualität sei in erster Linie Aufgabe der Eltern, hieß es zum Auftakt. Die in Lehrplänen verankerte Sexualpädagogik berühre das Grundrecht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder.
Aus der Mitte der Gesellschaft?
„Wir berufen uns in ganz besonderer Weise auf das Grundgesetz“, erklärte Hedwig von Beverfoerde in ihrer kurzen Einführungsrede. Wie jede Lehre müsse sich auch die Sexualpädagogik der Kritik stellen und auf „Herz und Nieren prüfen lassen“. Für sie gelte das umso mehr, da sie in die Erziehung der Kinder eingreife. Diese Pädagogik, die sich in Schulen vieler Bundesländer durchgesetzt hat, löse bei Eltern zunehmend Konflikte aus. Es sei das Ziel, sie kritisch zu hinterfragen – aus juristischer, historischer, philosophisch-theologischer und sexualwissenschaftlicher Perspektive.
Die Organisatorin von „Demo für alle“ nannte es eine Diffamierung, die Teilnehmer in die rechte Ecke zu stellen. Sie kämen vielmehr aus der „Mitte der Gesellschaft“. Im Vorfeld der Veranstaltung seien „wirklich unglaubliche Dinge“ behauptet worden. Ausdrücklich nannte Beverfoerde den Landesvorsitzenden der hessischen Grünen, Kai Klose. Der Landtagsabgeordnete habe so getan, als würden mit der Veranstaltung im Kurhaus die Menschenrechte infrage gestellt. Es sei infam zu behaupten, dass das Bündnis „Demo für alle“ „Hass nach Hessen“ brächte.
Während im Kurhaus Harald Seubert, Professor für Philosophie und Religionswissenschaften an der staatsunabhängigen theologischen Hochschule Basel, die „Gefährdung der im Grundgesetz garantierten menschlichen Würde“ thematisierte, wurde draußen auf dem Bowling Green beim Protest der Gegendemonstranten ebenfalls das Grundgesetz als Grundlage des eigenen Handelns bemüht. Zeitweise hatten sich bis zu 400 Gegendemonstranten beim „Regenbogenfest“ eingefunden. Zum Protest aufgerufen hatte das Bündnis für Vielfalt und Toleranz. Der Initiative „Demo für alle“ gehe es darum, „den Eltern Angst zu machen“, sagte Manuel Wüst vom Verein „Warmes Wiesbaden“. Am Werk seien „rechtspopulistische und erzkonservative Gruppen, vereint im Angriff auf Menschenrechte“.
Die Polizei blieb beschäftigungslos
Um 12 Uhr endete die Gegendemo laut Polizei so ruhig und friedlich, wie sie begonnen hatte. Die Teilnehmer im Kurhaus hatten da noch ein umfangreiches Programm vor sich. Ein Programm mit „pseudowissenschaftlichem Anstrich“, wie es draußen hieß.
Der Hamburger Rechtsanwalt Professor Christian Winterhoff warf mit einem Referat über sein im letzten Jahr verfasstes Rechtsgutachten zur Verfassungsproblematik von „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in der Schule für die Sache einen „großen Stein ins Wasser“, wie Hedwig von Beverfoerde unterstrich. Nach seiner Differenzierung der Begriffe Akzeptanz und Toleranz zeigte er auf, dass das elterliche Erziehungsrecht Vorrang vor dem Erziehungsauftrag des Staates habe. Und der Lehrplan für Sexualerziehung in Hessen in seiner rechtlichen Bewertung gegen das Grundgesetz und das hessische Schulgesetz verstoße. Winterhoff: „Das Ziel der Akzeptanzvermittlung ist verfassungs- und gesetzeswidrig, denn die Schule muss den Versuch einer Indoktrinierung der Schüler mit dem Ziel unterlassen, ein bestimmtes Sexualverhalten zu befürworten oder abzulehnen.“
Weiter referierte die Politikwissenschaftlerin Teresa Nentwig über den Gründungsvater der Sexualpädagogik der Vielfalt, Helmut Kentler, wobei sie auch seine pädophilen Verstrickungen anriss. Der Sexualwissenschaftler Professor Jakob Pastötter nannte unter anderem ein Frageinstrument, das sexuellen Missbrauch bei Kindern nachweisen könne.