Oberbürgermeister müsste gegebenenfalls einem Beschluss des Stadtparlaments widersprechen
KASTEL/AMÖNEBURG. Im Disput über ein Bürgerbegehren gegen die City-Bahn streiten nun die Rechtsgelehrten. Falls sich die Position des von Eswe Verkehr beauftragten Gutachters Herbert Landau erhärtet, könnte der Oberbürgermeister in eine heikle Situation kommen. Er müsste einem Pro-Bürgerbegehren-Beschluss des Stadtparlaments widersprechen.
Über ein Bürgerbegehren werde nicht politisch, sondern nach rechtlichen Vorgaben entschieden. Bestünden Zweifel am Begehren, sei der OB verpflichtet, gegen den Stadtverordnetenbeschluss vorzugehen. Bleibe das aus, müsste der Bürgermeister eingreifen, notfalls auch das Regierungspräsidium oder das Innenministerium. Es sei denn, Gerichte griffen ein.
In dem Gutachten vertritt Landau die Position, dass die von zwei Bürgerinitiativen angestrebten Bürgerbegehren allesamt unzulässig seien. Für Begehren gebe es drei Voraussetzungen: Solle ein Parlamentsbeschluss aufgehoben oder ein Projekt vorbeugend abgewendet werden? Sind die Bürger sachlich und in ausreichendem Maß informiert? Gibt es Aussagen zur Kostendeckung bei einem Nein zum Projekt? Würde eine nicht erfüllt, wäre es in Gänze unzulässig.
Kostenseite schlecht beleuchtet
Die Bürgergruppen hätten die Kostenseite schlecht beleuchtet. Ein Bürgerbegehren verlange eindeutige Aussagen. Kosten seien nicht nur die der Gegenwart, sondern auch die der Vergangenheit. Für Eswe Verkehr fielen sieben Millionen Euro Planungskosten an. Auch die Kosten für Alternativen zur City-Bahn spielten eine Rolle. Die Stadt wolle einen emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr mit einer City-Bahn. Das müsste den Bürgern dargelegt werden, damit sie sachlich entscheiden könnten.
In zwei weiteren Gutachten, die in dem Konflikt eine Rolle spielen, bestreiten die Juristen Friedhelm Foerstemann und Gerhard Strauch die Rechtmäßigkeit der Bürgerbegehren. Einige Kommunalpolitiker fassen deswegen eine politische Lösung ins Auge. Sie wollen ein Vertreterbegehren, um doch noch eine Abstimmung der Bürger zu ermöglichen. Dafür wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Stadtparlament erforderlich. Nicht alle Fraktionen haben zu dieser Frage Position bezogen. Äußerungen gibt es von SPD, Linken/Piraten und FDP sowie vom amtierenden OB und vom SPD-OB-Bewerber, die beide jedoch nicht dem Parlament angehören.
Die Bürgerinitiative „Mitbestimmung City-Bahn“ äußerte sich anerkennend über die Arbeit des Gutachters Landau. „Nichts anderes darf von einem ehemaligen Richter am Bundesverfassungsgericht und einem Inhaber eines Lehrstuhls des öffentlichen Rechts erwartet werden“, heißt es in einer Stellungnahme. Landau habe der Initiative bestätigt, dass sie in vielen Punkten richtigliege. Zulässigkeit der gestellten Frage, gesetzliche Voraussetzungen für die Unterschriftenliste, alles in Ordnung. Auch der Gesellschaftervertrag der City-Bahn GmbH, der neben Wiesbaden und Mainz auch der Rheingau-Taunus-Kreis und der Rhein-Main-Verkehrsverbund angehören, mache ein Begehren nicht obsolet. Die Feststellung Landaus, dass die Initiative die Kostenseite nicht hinreichend beleuchtet habe, sei jedoch fraglich. Er übernehme ungeprüft und ohne dies in Zweifel zu stellen Angaben seines Auftraggebers.
Auch der Position, dass das Recht auf ein Begehren wegen Fristablauf verwirkt sei, widerspricht die Initiative. Das Stadtparlament habe zwar mehrere Beschlüsse gefasst, aber keinen Grundsatzbeschluss zum Bau einer City-Bahn getroffen. Nur dann wären Fristen einzuhalten. Die Initiative befürchte, dass die Stadt vollendete Tatsachen schaffe, indem sie die Eröffnung eines Planfeststellungsverfahrens beschließe und gleich darauf im Regierungspräsidium beantrage. Dann fehle die Zeit, um erneut Unterschriften zu sammeln.