Wird irgendwann eine Straßenbahn über die Theodor-Heuss-Brücke fahren? Die auch für Kastel und Amöneburg wichtige Frage sollte nach Ansicht von Experten nicht über ein...
KASTEL / WIESBADEN. Für unzulässig halten die Juristen Herbert Landau und Sven Simon die von zwei Initiativen beantragten Bürgerbegehren gegen eine City-Bahn. „Die Würfel sind gefallen“, sagte Landau. Dem Stadtparlament sei es jedoch unbenommen, ein Vertreterbegehren zu beschließen. Dafür wäre jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, die im Moment nicht erkennbar sei. Im Zweifel könnten die Initiativen einen erneuten Anlauf nehmen, wenn das Stadtparlament einen abschließenden Projektbeschluss für die City-Bahn fasse. „Sie könnten es schaffen, wenn sie sich an die Vorgaben halten“, sagte Landau.
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Bei einem Pressegespräch erläuterte der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht sein von Eswe Verkehr in Auftrag gegebenes Gutachten. Das Stadtparlament habe weichenstellende Beschlüsse für eine City-Bahn gefasst. Sie gingen auf das Jahr 2015 mit dem Votum für den Nahverkehrsplan der Stadt zurück. Anschließend seien Verpflichtungen gegenüber der Stadt Mainz, dem Rheingau-Taunus-Kreis und dem Rhein-Main-Verkehrsverbund eingegangen worden.
Reaktionen in Kastel gemischt
Die Initiativen könnten sich nicht mehr darauf berufen, das Projekt mit einem, wie sie es wollten, initiierenden Begehren zu Fall zu bringen. Für ein kassatorisches Vorgehen, das sich gegen einen konkreten Beschluss richten würde, sei es zu spät. Die dafür vorgesehene gesetzliche Frist von acht Wochen sei abgelaufen, der Anspruch auf ein Bürgerbegehren verwirkt. Sinn der Vorgabe sei es, Rechtssicherheit zu schaffen, langfristig wirksame Entscheidungen nicht in der Schwebe zu halten. Die Reaktionen in Kastel, wo die City-Bahn durch die Wiesbadener Straße über die Heuss-Brücke nach Mainz fahren soll, fielen gemischt aus. Sie persönlich sei für die City-Bahn, eine abschließende Erklärung des Ortsbeirats stehe noch aus, sagte Ortsvorsteherin Christa Gabriel (SPD). Es sei nicht so eindeutig, wie es Eswe Verkehr gerne hätte, sagte Katharina Gerstmann, FDP-Vorsitzende und Vertrauensperson von einer der beiden Anti-City-Bahn-Initiativen. Die Frage sei, ob man sich in juristischen Winkelzügen verliere oder dem Bürgerwillen entspräche. Tatsächlich sei der Aspekt der Kostendeckung ein Knackpunkt.
Kosten und Transparenz der Entscheidung spielten bei Bürgerbegehren jedoch eine tragende Rolle. Bei dem Pressegespräch begründeten die Eswe-Verkehr-Geschäftsführer Jörg Gerhard und Hermann Zemlin, weshalb sich das kommunale Unternehmen rechtlichen Rat besorgt habe. Es gebe keinen Hausjuristen. Er selbst sei ein gebranntes Kind, sagte Gerhard. 2001 sei das Stadtbahn-Projekt schon einmal gestoppt worden. Das Unternehmen sei zu einer vorausschauenden Geschäftspolitik verpflichtet, die Frage, ob einem ein Bürgerbegehren ins Haus stehe, sei elementar. Daher habe Eswe Verkehr Ende vorigen Jahres bei den beiden Juristen ein Gutachten in Auftrag gegeben, bevor die Initiativen mit dem Bürgerbegehren gekommen seien. Deren Positionen seien anschließend in einem Subsumtionsgutachten mit der Urfassung verschmolzen worden. Es sei eine wissenschaftliche Arbeit, es wäre ehrenrührig, eine politische Einflussnahme zu unterstellen. Politische Dinge interessierten ihn nicht, sagte der frühere Bundesverfassungsrichter Landau.
Eswe Verkehr habe von der Stadt den Auftrag erhalten, eine City-Bahn zu planen und zu bauen. Unklar sei, ob alle Oberbürgermeister-Kandidaten, die heute für ein Vertreterbegehren werben, mit dem Parlamentsauftrag vertraut seien, sagte Hermann Zemlin von Eswe Verkehr. Es gehe um einen emissionsfreien Nahverkehr, der nur in einer Kombination von City-Bahn und Bussen günstiger zu erreichen sei als mit einer reinen Buslösung. Die Stadtverordneten hätten dieses Gutachten an die Hand bekommen, vermutlich wüssten einige Kandidaten darüber nicht Bescheid. Käme es zu einem vom Parlament beschlossenen Vertreterbegehren, würde sich Eswe Verkehr beugen.