Digitale Weltreise zu Corona-Zeiten

Eine Aussicht aus einem Fenster im Vogelsberg. Symbolfoto: Kalbfleisch

Tausende Menschen posten jeden Tag in einer Facebook-Gruppe, in der auch der eine oder andere Vogelsberger Mitglied ist, ihre heimische Aussicht. Aber auch bewegende Botschaften.

Anzeige

. Vogelsbergkreis. Tausende Menschen posten jeden Tag in einer Facebook-Gruppe, in der auch der eine oder andere Vogelsberger Mitglied ist, ihre heimische Aussicht. Aber eben nicht nur die - neben einem Blick aus dem Fenster geben die inzwischen über zwei Millionen Mitglieder der Gruppe "View from my window" auch interessante Einblicke in ihren Alltag in der Corona-Krise. Besonders spannend ist, dass Menschen aus den verschiedensten Ländern sich dazu entschlossen haben, ihre Bilder vom Zuhause-Sein mit der Welt zu teilen. Die Idee dazu hatte Barbara Duriau aus Amsterdam, sie gründete vor nicht einmal zwei Monaten, am 22. März, die Gruppe auf Facebook.

Über die Gruppe vernetzt sich die ganze Welt, das wird schnell klar, wenn man die Kommentare unter einigen Bildern sieht. So teilt zum Beispiel ein Nutzer seine Aussicht aus Barcelona und erzählt von dem Alltag seiner Familie. So schreibt er, dass er schon seit Anfang März in der Wohnung bleiben müsse, zusammen mit seinen zwei Kindern. Kommentiert wird das Foto von ihm dann von internationalen Stimmen: Einige Nutzer aus den USA grüßen ihn, eine Brasilianerin und ein Australier.

Ein heller, blickdichter Gartenzaun. Vier Blumentöpfe, die im Blumenbeet stehen. Drei von ihnen sind blau, einer ist bunt gemustert. Ganz zentral im Foto: ein Baum, dessen Blätter in sattem Grün strahlen. An den Ästen hängen verschiedene Windspiele. Diesen Anblick erlebt eine Frau jeden Tag. Seit dem 27. April kann die ganze Welt ihre Terrasse sehen, denn an diesem Tag schickte sie einen visuellen Gruß aus Philadelphia (USA) in die Welt. Außerdem berichtet sie von ihrer Situation in ihrer Heimat, am anderen Ende der Welt. Sie arbeite dort als Krankenschwester auf einer Intensivstation, auf der Menschen, die an dem Covid-19-Virus erkrankt sind, behandelt werden. "Ich bin geistig und körperlich erschöpft", kommentiert sie ihre Situation. Weiter beschreibt sie, dass sie an den freien Tagen auf ihrer kleinen Terrasse sitze und ihren Baum betrachtet.

Ein weiterer interessanter Beitrag, auf den ich beim Durchstöbern der endlosscheinenden Beiträge gestoßen bin, kommt von einem Mann aus Israel. Er zeigt den Nutzern ein Foto von seinem Balkon, er scheint in einem Hochhaus zu leben. Im Hintergrund sind, neben dem strahlendblauen Himmel und Palmen, auch noch weitere Hochhäuser zu sehen. Was allerdings besonders ins Auge fällt, ist der festlich geschmückte Balkon des Mannes. Dort sind nämlich vier israelische Nationalflaggen zu sehen und einige Girlanden in den Farben blau und weiß. In der Beschreibung des Bildes erklärt der Fotograf den ungewöhnlichen Anblick seines Bildes: "Es ist der Unabhängigkeitstag meines Landes während der Quarantäne, also hat mein kleines Mädchen unseren Balkon dekoriert." Einblicke in einen englischen Garten erhält man von einem anderen Nutzer. Zu seinem Foto schreibt er: "Seit dem Lockdown genießen wir unseren Garten mehr als normalerweise."

Anzeige

Wieder zurück in die Vereinigten Staaten: "Ich bin so dankbar, mein Ehemann und ich sind gesund und meine Arbeit gilt als Teil der wesentlichen Dienstleistungen. Wir bleiben zu Hause (außer für unsere Hundespaziergänge und meine Arbeit) mit unseren zwei Katzen und unserem Hund", kommentiert eine Nutzerin aus Golden, Colorado USA. Sie hat ihr Bild für die Gruppe so beschrieben: "Blick von unserem kleinen Hinterhof, der an neun Hektar Freifläche grenzt." Weiter dankt sie allen Ersthelfern, Mitarbeitern im Gesundheitswesen, Lebensmittelgeschäften und allen anderen, die an der Front arbeiten: "Ihr seid außergewöhnlich!"

Da es momentan ja eher schlecht steht, um die Möglichkeiten zu reisen, kann es passieren, dass man sich nach einem anderen Ausblick als dem aus den eigenen Fenstern sehnt. Eine Abhilfe gegen das Fernweh kann die "View from my window"-Facebook-Gruppe schaffen, denn dort kann man sich einmal durch die ganze Welt klicken. Die Bilder zeigen die verschiedensten Motive und Landschaften: So sind Berge, Seen und Meere, Gärten, Städte und Dörfer zu sehen. Wenn man keinen eigenen Facebook-Account hat, so wie ich, und trotzdem neugierig ist, kann man auch, ohne sich anzumelden, auf die Gruppe zugreifen und durch die Fotogalerie stöbern. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Die Vorfreude auf die nächste Reise wird noch einmal geschürt.

Von Von Louise Lenth