Eine Stele statt Stolpersteinen schlägt die Taunussteiner Stadtverwaltung zum Gedenken an die einstige jüdische Cultusgemeinde in Wehen vor.
Von Mathias Gubo
Redaktion Rheingau-Taunus
Der Entwurf einer Gedenktafel für die einstigen jüdischen Mitbürger in Wehen.
(Foto: Stadtverwaltung)
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WEHEN - Seit Jahren schon wird dieses Thema diskutiert, nun scheint eine Entscheidung in Sicht zu sein: die Art und Weise, wie man in Taunusstein den ehemaligen jüdischen Mitbürgern in würdevoller Weise gedenken will. Denn alle bisherigen Versuche sind auf die eine oder andere Weise gescheitert.
Frühere Tafel beschmiert und zerstört
Zur Erinnerung: Im Beisein einer der letzten noch lebenden Juden aus Taunusstein war in den 80er Jahren ein Gedenkstein im Grünbereich vor dem Wehener Schloss errichtet worden. Der wurde irgendwann später ziemlich still und leise auf den Friedhof in Wehen versetzt. Der Versuch von Gesamtschülern in Hahn, mit einer kleinen Tafel vor dem Gebäude der ehemaligen Synagoge in Wehen an die jüdische Cultusgemeinde zu erinnern, endete ebenso kläglich. Die Tafel wurde beschmiert und zerstört. Zu Beginn der Straßenbauarbeiten in der Weiherstraße wurde sie demontiert. Seit vergangenem Jahr setzt sich die Gruppe „Basis für Demokratie“ dafür ein, sogenannte „Stolpersteine“ vor den letzten bekannten Wohnadressen der ermordeten Juden zu verlegen. Ein Vorschlag, der im Taunussteiner Rathaus auf wenig Gegenliebe stößt. Dies ist auch aus dem Beschlussvorschlag herauszulesen, der den Taunussteiner Stadtverordneten jetzt zur Beratung von der Verwaltung vorgelegt wurde.
Darin wird vorgeschlagen, eine Stele / Gedenktafel für die jüdischen Bewohner Taunussteins, die Opfer des Nationalsozialismus wurden, gegenüber des Standorts der ehemaligen Synagoge in Wehen am Schloss aufzustellen. Aus Sicht der Verwaltung wäre solch ein Gedenkort „realisierbar“. Der Verwaltung liegt eine Zustimmungserklärung der Erbbauberechtigten des Schlosses für die mögliche Aufstellung einer Stele vor. Die Aufstellung einer Sitzgruppe wird allerdings abgelehnt. Die Verwaltung sieht dies „in Verbindung mit einer Gedenktafel zu einem derart sensiblen historischen Thema als unangemessen“ an. Eine Nutzung beispielsweise für Picknicks und die mögliche Verschmutzung „wäre absehbar und Anlass für Ärgernisse“. Das Ziel sei eine Stele, wie sie von der Lokalen Agenda 21 zu verschiedenen Themen bereits installiert wurden.
Das Projekt „Geschichte sichtbar machen in Taunusstein“ könnte in Kooperation mit dem Museum, der Lokalen Agenda 21, den Beruflichen Schulen und dem Gymnasium Bleidenstadt einen Entwurf erarbeiten. Solche Stelen weisen bisher jedoch nur auf historisch interessante Punkte und Gebäude in Taunusstein hin, haben also keinen Gedenk-Charakter.
Erhebliche Bedenken bringt die Verwaltung gegen die Verlegung von „Stolpersteinen“ vor: Das Kunstprojekt „Stolpersteine“ von Gunter Deming sei nicht unumstritten. Ein Stolperstein koste 120 Euro. Somit kämen auf die Stadt Kosten in Höhe von 3240 Euro für 27 Steine zu. Zudem Verpflegungs- und Übernachtungskosten für den Künstler, der darauf besteht, sie immer persönlich zu verlegen.
„Nicht vollumfänglich empfehlenswert“
Geradezu zynisch klingt die in bestem Beamtendeutsch formulierte Einlassung der Stadtverwaltung: „Für Taunusstein konnten 27 Bürgerinnen und Bürger jüdischer Religion ermittelt werden, die 1933 ihren Wohnsitz vor Ort hatten. Dabei besteht jedoch die Schwierigkeit, dass die exakten letzten selbst gewählten Wohnorte (Änderung von Straßennamen und angepasste Haus-Nummerierung) für einen Teil der Personen nicht ermittelt werden konnten und die Verlegung von Stolpersteinen am falschen Ort unbedingt vermieden werden muss. Lediglich eine Teilverlegung der Steine für diejenigen Betroffenen, deren Adresse zweifelsfrei ermittelt werden konnte, erscheint nicht sinnvoll.“ Fazit: „Wegen der teilweise unzulänglichen Dokumentation ist die Verlegung von Stolpersteinen nicht vollumfänglich empfehlenswert.“
Ein Entwurf für die Tafel auf der Stele liegt im Übrigen schon vor.