Junge Bühne Schlangenbad zeigt Erich Kästners „Die verschwundene Miniatur“
Mit der Premiere des Stücks „Die verschwundene Miniatur“ hat die Jugendgruppe der Jungen Bühne Schlangenbad eine wunderbare Ganovenkomödie erarbeitet, die gute Unterhaltung bietet.
Von Sabine Bongartz
Die Junge Bühne überzeugt in „Die verschwundende Miniatur“ mit herausragender schauspielerischer Leistung.
(Foto: RMB/Wolfgang Kühner)
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GEORGENBORN - Mit der Premiere des Stücks „Die verschwundene Miniatur“ hat die Jugendgruppe der Jungen Bühne Schlangenbad eine wunderbare Ganovenkomödie in die Saison entlassen, die gute Unterhaltung bietet und die Zuschauer durch zahlreiche Verwicklungen führt, verursacht von einer doch irgendwie sympathischen Verbrecherbande. Schließlich ist das Leben ja auch viel zu kurz, um miesepetrig zu sein.
Zufällig in einen Kunstraub verwickelt
So formuliert es Fleischermeister Oskar Külz, in naiv polternder Untersetztheit dargestellt von Josephine Domay, der einfach mal aus dem Berlin der Dreißigerjahre raus muss und in Kopenhagen durch die attraktive Irene Trübner (Emma Mehler) in einen Kunstraub verwickelt wird. Hier wimmelt es nur so von dunklen Sonnenbrillen, die auf coolen Nasen in schwarzen Anzügen sitzen, sich hinter aufgeschlagenen Zeitungen verstecken, alles belauschen aber möglichst nicht auffallen wollen. Die mafiös anmutenden, synchron agierenden Schurken Storm und Achtel (Lea Burkhard und Annika Schneider) gehören zum Syndikat und bringen mit häufiger Begriffsstutzigkeit und Intelligenzabsenz („Wir müssen mal Tantalus miteinander reden!“) die Ganovenchefin Carla (Aziza Meister) zur Verzweiflung.
Das unschuldige, weil unwissende Gebaren von Metzger Külz wird von der Bande als ausgefuchste professionelle Tarnung eines Profis analysiert. Die Geschichte nimmt ihren Lauf und soll hier gar nicht weiter verraten werden, denn die Figuren des schüchternen Rudi Struve (Severin Ewald) oder des ominösen Mannes mit Bart (Paul Burkhard) lösen den Plot später auf. Große Wandlungsfähigkeit und schauspielerisches Können zeigen aber auch Finia Dau, Johanna Domay, Jakob Hirschmann, Fabienne Köhler und Minou Meister in jeweils drei Kleinrollen.
Der zwölfjährige Jonathan Domay herrscht am Technikpult über Beleuchtung und Ton. Ingrid Schervinsky-Kuhn, seit 34 Jahren Mitglied der Jungen Bühne und aktuell Vereinsvorsitzende, führt Regie in diesem Theaterstück nach einem unpolitischen Roman von Erich Kästner, der 1935 entstanden ist. Es handelt sich um ihre fünfte Regiearbeit mit dieser Jugendgruppe, die ein ganzes Jahr lang geprobt und auch selbst einen Erwachsenenroman von Kästner vorgeschlagen hatte. „Die Jugendlichen wollen ja nicht immer nur Kinderstücke spielen“, weiß die Regisseurin, die mit den Aktiven immer wieder dramaturgische Ideen ausdiskutieren musste: „Manches wollen sie einfach nicht, vieles erarbeiten wir gemeinsam“.
Wortwitz und Metaphern bestens transportiert
Der Wortwitz eines auch kabarettistisch aktiven Schriftstellers mit Publikationsverbot sowie die subtil vorhandenen Metaphern auf den Nationalsozialismus werden bestens transportiert von der jungen Darstellerriege, die mit Sneakersocken unter der Gangsterhose eine amüsante Brücke schlägt aus den Dreißigerjahren herüber in ihre eigene heutige Zeit. Die Weisheiten des stämmigen Fleischermeisters passen dabei immer auch aufs wahre Leben: „Ist die Fleischbrühe erst mal überwürzt, kriegt sie niemand mehr ausgelöffelt“. Dieses Theaterbouillon zeigt sich jedenfalls bestens abgeschmeckt, mit feinen Zutaten versehen und verursacht keinerlei Aufstoßen nach dem Genuss.