Fremdenverkehrsgeografin Sabine Bongartz ermöglicht Einblick in die Kurgeschichte Schlangenbads
Von Hendrik Jung
Mit alten und neuen Bildern, Karten und Plänen gestaltet Sabine Bongartz ihren „Ortsrundgang im Sitzen“. Foto: RMB/Wolfgang Kühner
( Foto: RMB/Wolfgang Kühner)
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SCHLANGENBAD - Draußen ist es bei einer Lufttemperatur von zwei Grad Celsius winterlich frisch. Doch in Residenz und Hotel „Am Kurpark“ gehen 26 Gäste gemütlich im Sitzen auf Spurensuche durch Schlangenbad. Während sie den Ausführungen von Sabine Bongartz, die auch Autorin dieser Zeitung ist, lauschen und auf einem Bildschirm historische und aktuelle Bilder, Karten und Pläne betrachten, kann auf diese Weise nebenbei sogar gestrickt werden.
Spurensuche beginnt am Schlangenbrunnen
„Im Januar und Dezember wird es so früh dunkel und dann stehen wir immer da und sehen nichts mehr. Außerdem ist es so kalt, dass aus Zeitgründen meistens ein paar Anekdoten unter den Tisch fallen“, erläutert die studierte Fremdenverkehrsgeografin, wie es zu dem neuen Angebot gekommen ist. Genau wie ihre zwei bis drei Mal im Monat stattfindende Führung beginnt auch diese Spurensuche am Schlangenbrunnen. Schließlich liegt in den warmen Quellen der Ursprung Schlangenbads begründet. „Vor 500 Jahren gab es hier nur Wiesen, Wälder und den ‚Warmen Bach‘“, verdeutlicht Sabine Bongartz. Der Sage nach habe ein Rinderhirte beobachtet, wie ein lahmendes Tier täglich sein Bein im Bach gebadet und damit geheilt habe. Mitte des 17. Jahrhunderts habe dann die hessische Landgräfin Sophie ihren Leibarzt damit beauftragt, dem nachzugehen. Da das kieselsäurehaltige Wasser der Akratotherme für weiche Haut sorgt, war es in Zeiten, in denen es noch kaum kosmetische Produkte gegeben hat, vor allem bei Damen beliebt. Bis 1694 entstehen daher Bade- und Schwitzhütten sowie ein Logierhaus und damit in kurzer Zeit ein mondänes Kurbad.
Wie die Unterbringung der adeligen Gäste ausgesehen hat, lässt sich noch gut nachvollziehen, da die heutige Parkklinik bei ihrem im Jahr 1912 vollendeten Bau dem barocken Vorgängerbau architektonisch nachempfunden wurde. Zwar befinden sich die warmen Quellen lediglich auf der Ostseite des „Warmen Bachs“ und damit auf hessischem Gebiet. Dennoch wollte auch das Kurfürstentum Mainz auf der anderen Seite von der Entwicklung profitieren und stellte 1704 das Mainzer Haus fertig, in dem Trinkkuren mit Ziegenmolke angeboten wurden und das begehrte Wasser kurzerhand von den Nachbarn gekauft wurde.
TERMINE
Die Spurensuche im Sitzen wird Anfang kommenden Jahres fortgeführt. Am Freitag, 5. Januar, wird sie ab 16 Uhr wieder in Residenz und Hotel „Am Kurpark“ angeboten. Am Freitag, 2. Februar, findet sie zur gleichen Uhrzeit im Vortragsraum der Median-Klinik statt.
Genau wie der Rundgang kann die Spurensuche im Sitzen aber auch von Privatpersonen und Gruppen gebucht werden. Interessierte können sich unter der Telefonnummer 06129-48 50 an die Staatsbad Schlangenbad GmbH wenden.
Einschneidende Veränderung Anfang des 19. Jahrhunderts
„Was für das gesellschaftliche Leben wichtig war, wie Bälle, Konzerte, Feierlichkeiten oder Schieß- und Reitwettbewerbe, wurde vorrangig auf Mainzer Seite angeboten“, berichtet Sabine Bongartz. Zu beiden Häusern gehörten außerdem Alleen zum Promenieren. Dass diese zum Teil noch erhalten sind, liege daran, dass durch die Wirren der napoleonischen Kriege der andernorts erfolgte Umbau zu englischen Landschaftsgärten ausgeblieben ist. Eine einschneidende Veränderung erlebte Schlangenbad, als es Anfang des 19. Jahrhunderts zum Herzogtum Nassau gehörte. Durch das Entstehen der Rheingauer Straße wird der Kurort neu erschlossen. Gäste aus dem Bürgertum sorgten dafür, dass dort die Hotels entstehen konnten, die das Ortsbild bis heute prägen.
Abgerundet wird die Spurensuche mit Exkursen über die Äskulapnatter, das Gebück oder Wiesbadens russisch-orthodoxe Kirche. Auf diese Weise kann man auch im Sitzen ganz schön weit herumkommen und viel Wissenswertes erfahren.