Niedernhausen: Noch viele Fragen zum „Ultranet“ offen – Endgültige Trasse nicht festgelegt
Von Sascha Kircher
Redakteur Politik
Ultranet will Gleichstrom über bestehende Masten mit Wechselstrom an Niedernhausen vorbeileiten. Archivfoto: wita/Mallmann
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NIEDERNHAUSEN - Wer am weiteren Verfahren zu „Ultranet“ beteiligt werden möchte, muss ganz offiziell Einwendungen erheben. Darauf macht die Bundesnetzagentur aufmerksam. Die Regulierungsbehörde begleitet die Bundesfachplanung für die geplante Trasse, auf der über 340 Kilometer zwischen Osterath (Nordrhein-Westfalen) und Philippsburg (Baden-Württemberg) Gleichstrom transportiert werden soll – größtenteils auf bestehenden Masten mit Wechselstrom. Das Vorhaben der Unternehmen Amprion und TransnetBW soll Süddeutschland nach der Abschaltung der dortigen Kernkraftwerke möglichst verlustfrei mit Ökostrom von Windkraft- und Solaranlagen im Norden versorgen.
Erdverkabelung wird vom Gesetzgeber ausgeschlossen
Betroffen vom präferierten rechtsrheinischen Streckenverlauf sind die Kommunen Niedernhausen und Eppstein. Dort hat sich bereits eine Bürgerinitiative gegründet. In Niedernhausen war Ultranet im Herbst Thema einer Parlamentssitzung und einer Diskussionsveranstaltung. Dabei wurden jeweils die Hauptkritikpunkte der Kritiker deutlich: Die Übertragungstechnik sei in dieser Größenordnung nicht ausreichend praktiziert und erforscht, mithin Risiken für die Gesundheit der Anwohner nicht ausgeschlossen, der Mindestabstand müsse eingehalten und die Kabel in der Nähe von Wohnbebauung unter die Erde verlegt werden.
Olaf Peter Eul, Sprecher der Bundesnetzagentur, kennt die Vorbehalte aus anderen Regionen. So wurde in Osterath massiv gegen den Bau von Europas größter Konverterstation protestiert. Die Industrieanlage soll zentraler Knotenpunkt der Nord-Süd-Stromautobahn werden. Eul kann die Ängste nachvollziehen, will sie entkräften. Es gehe darum, die Öffentlichkeit „mitzunehmen“, breitestmöglich zu beteiligen, um zu zeigen, dass Ultranet die „günstigste und umweltverträglichste“ Methode sei, um nach der Energiewende Strom von Nord nach Süd zu transportieren – auch im Sinne der Kunden.
Am 24. Februar erreicht Ultranet im Verfahren den nächsten „Meilenstein“: Dann sollen alle Unterlagen vorliegen, die Erörterungstermine im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung noch in diesem Jahr stattfinden. Der endgültige Verlauf stehe längst nicht fest. Noch ist die Alternativstrecke durch Rheinhessen und den Hunsrück im Verfahren, diese würde allerdings Neubauten erforderlich machen, außerdem erhöht die schwierige Topografie mit Höhenunterschieden den Aufwand. Selbst bei der rechtsrheinischen Variante gebe es noch einen Korridor von 1000 Metern, innerhalb dessen Verschwenkungen, etwa um Wohngebiete herum, möglich seien. Eines sei allerdings ausgeschlossen: die Verlegung unter die Erde. „Der Gesetzgeber hat sich gegen eine Erdverkabelung entschieden, um die betreffenden Regionen nicht zusätzlich zu belasten“, erklärt Eul. Alle gesetzlichen Grenzwerte würden eingehalten, was die Behörde „strengstens“ prüfe, um Belastungen und Gesundheitsrisiken durch elektrifizierte Luft zu reduzieren. Dazu achte der Vorhabenträger auf ausreichende Abstände. Die in der Diskussion genannten 400 Meter Sicherheitsabstand seien nicht erforderlich, da es nicht um Neubauten gehe, beim Abstand spiele ohnehin der Sichtschutz die maßgebliche Rolle.
Auch den Vorwurf, Ultranet diene dem Transport von Atom- und Kohlestrom, kennt Eul. Und antwortet mit Blick auf die Anstrengungen der Energiewende: „Dass nicht von heute auf morgen ausschließlich grüner Strom fließen kann, hat mit dem generellen Strommix in Deutschland und vor allem mit der Versorgungssicherheit zu tun.“
Dennoch: Ultranet sei ein Teil des „Designs für die Zukunft Deutschlands“, sagt der Bundesnetzagentur-Sprecher optimistisch. Davon sollen auch betroffene Kommunen profitieren: Ihr Vorteil sei die Versorgungssicherheit. Bei gemeindeeigenen Grundstücken gebe es außerdem die Möglichkeit einmaliger Entschädigungen.