Integration wird in der Theißtalschule in Niedernhausen vorgelebt
Von Beke Heeren-Pradt
Bezirksredakteurin (Sitz: Idstein)
Voller Einsatz für schulische Höchstleistungen: Mihaela,Elke Schumann und Viktoria (von links). Foto: wita/Mallmann
( Foto: wita/Mallmann)
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NIEDERNHAUSEN - „Am Anfang war ich ganz leise“, erzählt die 14-jährige Viktoria von ihrer ersten Zeit in der achten Klasse des Realschulzweiges an der Niedernhausener Theißtalschule. Sie meint damit, dass sie sich zu Beginn des Schuljahres im vergangenen Sommer nicht recht traute, sich am Unterricht mündlich zu beteiligen – weil ihr Deutsch noch nicht perfekt war. Denn erst ein Jahr zuvor war sie mit ihrer Familie aus Bulgarien nach Niedernhausen gekommen und hatte in der damals neu eingerichteten Deutsch-Intensiv-Klasse (Dikla) überhaupt erst begonnen, die Sprache ihres neuen Heimatlandes zu lernen. Nach einem Jahr konnte sie nach den Sommerferien in die Regelklasse wechseln und ist seitdem Schülerin der achten Realschulklasse.
30 Schüler in zwei Intensivklassen
Ein Jahr lang intensiv Deutsch lernen und dann der Übergang in die Regelschule. Was in behördlichen Vorschriften so geregelt ist, bedeutet in der Umsetzung eine Menge Umsicht und Einsatz – von den betroffenen Schülern, aber auch von den begleitenden Lehrern. „Wir bereiten unsere Schüler lange vor dem Wechsel auf die neue Klasse vor“, berichtet Elke Schumann, die Leiterin des Dikla-Teams, das mittlerweile in zwei Deutsch-Intensiv-Klassen über 30 Schüler betreut und unterrichtet hat. In zwei verschiedene Leistungsniveaus werden die Schüler eingeteilt: Anfänger und Fortgeschrittene. Jedes Halbjahr wird geschaut, wann welcher Schüler mit seiner zukünftigen Klasse Fächer wie Sport, Mathematik oder auch Musik mitmachen kann, damit er die neue Gruppe kennenlernt. „Das kann nur in den Randstunden sein, da die Schüler pro Woche 22 Stunden Deutschunterricht erhalten müssen“, sagt die Pädagogin, die mit viel Herzblut und Einfühlungsvermögen auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder eingeht.
Antonio hat auch ein Jahr Dikla hinter sich und besucht seit September die 10. Klasse des Realschulzweiges. „Am schwierigsten war für mich am Anfang, deutsche Texte zu schreiben“, erinnert er sich und sagt, dass er die Fächer Mathe, Englisch, Geschichte und Erdkunde sehr gern mag. Auf Antonio wartet im Mai die Realschulabschlussprüfung mit schriftlichen Prüfungen in Deutsch, Mathe und Englisch. Der 16-Jährige ist im Sommer 2015 aus Zagreb nach Deutschland gekommen und in Heftrich zu Hause. „Die wirtschaftliche Situation in Kroatien ist nicht gut“, erläutert er, warum seine Mutter mit ihm und seinem jüngeren Bruder nach Deutschland kam – und mittlerweile sein Vater auch. In Heftrich spielt er Fußball in der A-Jugend und hat dort Freunde gefunden. Seine Leistungen in der Schule sind so gut, dass er ab Sommer auf die Fachoberschule gehen wird, um das Fachabitur zu machen.
Auch die elfjährige Mihaela aus Rumänien ist sehr ehrgeizig, was ihre schulischen Leistungen angeht. Sie geht seit dem Sommer in die fünfte Klasse der Realschule und zählt stolz die vielen Einsen im Halbjahreszeugnis auf. Sie spricht mittlerweile akzentfrei Deutsch und erzählt, dass ihr oft rumänische Wörter nicht mehr so schnell einfallen wie deutsche. Mihaela hat viele Freundinnen in Niedernhausen, mit denen sie spielt und im Sommer ins Schwimmbad geht. „Das hilft ihr sehr“, sagt Lehrerin Elke Schumann, die sich natürlich auch freut, dass das Mädchen sehr gerne liest. Für die Zukunft hat sie auch schon Pläne gemacht: Sie möchte Laborantin werden, wie ihre Tante, bei der sie in Königshofen lebt.
Auch Viktoria hat ehrgeizige Pläne. Sie möchte ihr Abitur machen und Medizin studieren. Das Mädchen, das in ihrer Heimat Sofia rhythmische Sportgymnastik betrieben hat, hat ihr Betriebspraktikum in einem Sportstudio mit medizinsicher Betreuung absolviert. Das hat ihr viel Spaß gemacht und sie in ihrem Berufswunsch beflügelt.