Amprion und Bundesnetzagentur sowie die Bürgerinitiativen gehen in Sachen Ultranet nicht aufeinander zu
Von Hendrik Jung
Landauf, landab protestieren die Menschen, wie hier in Hübingen, mit zahlreichen Aktionen gegen die Ultranet-Pläne. Archivfoto: Aktionsbündnis
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NIEDERNHAUSEN - Rund 300 Gäste hatten sich zum zweiten Ultranet-Forum der Bürgerinitiative Niedernhausen/Eppstein in der Autalhalle in Niedernhausen versammelt. Sie wollten von einer Vertreterin der Firma Amprion über den Planungsstand informiert werden, bei dem in Zukunft auch in unmittelbarer Nähe von Hünstetten, Niedernhausen und Eppstein erstmals Gleich- und Wechselstrom mit einer Spannung von 380 Kilovolt auf denselben Masten übertragen werden soll. Ein Vertreter der Bundesnetzagentur berichtete vom Planungs- und Genehmigungsverfahren und Vertreter von Bürgerinitiativen sprachen über die Risiken, die sie durch das Ultranet sehen.
Über gesundheitliche Auswirkungen wenig bekannt
In der von Maren Heincke moderierten Veranstaltung bekamen die Zuhörer nach jedem Vortrag die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Zunächst erläuterte Matthias Otte von der Bundesnetzagentur, dass es sich um ein zweistufiges Genehmigungsverfahren handele. Zurzeit laufe noch die Bundesfachplanung, mit der ein Trassenkorridor festgelegt werden solle. Ziel von Amprion sei es allerdings, die bereits bestehende Stromtrasse zu nutzen. Das würde für die Anwohnerinnen und Anwohner bedeuten, dass der Abstand zur Wohnbebauung von 400 Metern im Innenbereich einer Kommune, der beim Neubau von Freileitungstrassen laut Bundesbedarfsplangesetz einzuhalten ist, in diesem Fall nicht gilt.
Der zweite Schritt sei dann das Planfeststellungsverfahren. Erst dagegen könne geklagt werden, erläuterte Otte auf Nachfrage. Doch bereits während der öffentlichen Auslage, die frühestens im zweiten Quartal des Jahres erfolgen werde, können Stellungnahmen abgegeben werden. Nur wer Stellung nehme, werde im nächsten Schritt zu einem Erörterungstermin eingeladen. „Wir gehen davon aus, dass Ultranet nicht erdkabelfähig ist“, betont der Leiter der Abteilung Netzausbau der Bundesnetzagentur. Eine andere Rechtsauffassung vertritt ein Rechtsgutachten, von dem der Ortsvorsteher von Hünstetten-Wallrabenstein, Peter Steffens, berichtete. Endgültig könne man dies nur vor Gericht klären, entgegnete Otte, der außerdem darauf hinwies, dass auch noch eine alternative Trasse auf der anderen Rheinseite in der Prüfung sei. „Die großräumige Umgehung ist weitgehend ausgeschlossen“, stellte jedoch Dirk Lorbach, Sprecher der Bürgerinitiative Niedernhausen/Eppstein, in den Raum. Amprion-Projektsprecherin Joelle Bouillon stellte dar, dass man beim Ultranet nach Messungen des Unternehmens die gesetzlichen Grenzwerte einhalten werde.
ULTRANET
Mit dem Namen Ultranet wird eine geplante Gleichstromverbindung zwischen Osterath in Nordrhein-Westfalen und Philippsburg in Baden-Württemberg bezeichnet. Rund 2000 Megawatt elektrische Leistung überträgt die 340 Kilometer lange Leitung. Erstmals soll dabei Gleich- und Wechselstrom mit einer Spannung von 380 Kilovolt auf denselben Masten übertragen werden.
Über die weitere Entwicklung des Planungs- und Genehmigungsverfahrens informiert die Bundesnetzagentur im Internet auf www.netzausbau.de.
Inwiefern man bei der hybriden Übertragung von Gleich- und Drehstrom auf einem Mast von einer erprobten Technologie sprechen könne, möchte Klaus Henry von ihr wissen. „Wir haben seit zehn Jahren Studien und Feldversuche“, entgegnete sie. Eine Vermischung der elektrischen Felder entstehe nicht. Gleich- und Wechselstromleitung müssten getrennt voneinander betrachtet werden.
„Wir wissen nicht viel über die gesundheitlichen Auswirkungen. Es gibt keine langfristigen Erkenntnisse“, betonte Oliver Leuker, Sprecher des Aktionsbündnisses Ultranet. Es gebe jedoch verschiedene Verdachtsmomente. Unter anderem führten diese zu der Annahme, dass elektrische und magnetische Felder bei Erkrankungen des Nervensystems wie Alzheimer eine Rolle spielen könnten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz fordere aus Gründen der Vorsorge daher einen Mindestabstand von 600 Metern zwischen Hochspannungsleitungen und Wohnbebauung.