Abiturienten der Pestalozzischule Idstein nehmen an Ausstellungseröffnung in Mainz teil
Die PSI-Schüler hören bei der Eröffnung sehr gut zu. „Feind ist, wer anders denkt– Eine Ausstellung über die Staatssicherheit der DDR“ ist noch bis zum 12. Dezember im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Mainz zu sehen. Foto: Pestalozzischule Idstein
( Foto: Pestalozzischule Idstein)
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IDSTEIN - (red). „Ob Sie wohl die Einschulung Ihrer Tochter erleben werden? Wir haben da unsere Zweifel.“ So sei ihm damals im Gefängnis von der „Stasi“, dem Ministerium für Staatssicherheit in der ehemaligen DDR, gedroht worden, berichtet Roland Jahn. Die Abiturientinnen und Abiturienten der Idsteiner Pestalozzischule sind entsetzt, einige auch empört über die Geschichten, die der Mann auf dem Podium zu erzählen hat.
Jahn war kritischer Journalist in der DDR, Bürgerrechtler und damit ein lohnendes Ziel für die „Stasi“. Heute ist er der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und damit nach Joachim Gauck und Marianne Birthler der dritte Leiter jener Behörde, die zugleich den Aktenbestand der „Stasi“ erschließen und über das Treiben des staatlichen Überwachungs- und Unterdrückungsapparats aufklären soll.
Solidarität beim Kartoffelschälen „im Knast“
Einen Tag vor der offiziellen Einheitsfeier eröffnete das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum Mainz eine Ausstellung der Jahn-Behörde mit dem Titel „Feind ist, wer anders denkt“ über die Arbeit der Staatssicherheit – natürlich in der ehemaligen DDR, aber eben auch im Westen, auch in Rheinland-Pfalz und in Hessen. Die Idsteiner Schüler besuchten diese Ausstellung.
Das Podium der Eröffnung ist prominent besetzt: Außer Jahn sind Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und als amtierende Bundesratspräsidentin Gastgeberin der Einheitsfeier, und Peter Kohlgraf, der frisch geweihte Bischof von Mainz, gekommen, um mit rund 80 Schülerinnen und Schülern des Maria-Ward-Gymnasiums Mainz und der Pestalozzischule Idstein zu diskutieren.
Von Fahrten auf der Hochsicherheitsstrecke nach Westberlin oder vom Schmuggel verbotener theologischer Fachliteratur für die Priesteramtskandidaten in der DDR berichten die „Wessis“ Dreyer und Kohlgraf. Die eindrücklichsten Geschichten aber weiß Jahn zu berichten: von 15-Jährigen, die Eltern und Freunde bespitzelten, weil sie selbst massiv unter Druck gesetzt worden waren, von seiner Haft, aber auch von der Solidarität der Dissidenten beim Kartoffelschälen „im Knast“.
Schnell kommen die Schülerinnen und Schüler aber auch zu aktuellen Fragen: Wie soll man sich angesichts heutiger Menschenrechtsverletzungen verhalten? Wie ist die Rolle der Kirchen in einer Diktatur, aber auch in einer demokratischen Gesellschaft? Warum wählen so viele Menschen heute Parteien, die wieder schnell mit der Unterdrückung Andersdenkender zu Hand sind? Und wo ist die Grenze zwischen Überwachung zur Terrorabwehr und einem unmenschlichen Unterdrückungsapparat?
Einfache Antworten werden vermieden
Alle drei Gesprächspartner gaben sich viel Mühe mit den Schülerfragen, vermieden einfache Antworten und waren sich am Ende darin einig, dass gerade in der Vorläufigkeit der Antworten, in der Möglichkeit zum Nachjustieren und in der Diskussion im gegenseitigen Respekt der große Vorteil demokratischer Verfahren liege.
„Unrecht ist keine Naturkatastrophe“, sagte Jahn, „sondern menschengemacht. Und deshalb können Menschen es auch verändern.“ Wie nötig solche Veränderungen sind und Menschen, die sich für sie einsetzen, zeigt die Ausstellung mit großer Eindringlichkeit. „Feind ist, wer anders denkt – Eine Ausstellung über die Staatssicherheit der DDR“ ist noch bis zum 12. Dezember im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Mainz zu sehen.