Martina Herrmann leitet seit fünf Jahren Zen-Sitzungen in Bad Schwalbach und die Teilnehmer sind begeistert.
Von Hendrik Jung
Beim modernen Zweig des Daishin Zen sitzen sich die Teilnehmer gegenüber.
(Foto: Martin Fromme)
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BAD SCHWALBACH - Zunächst erklingt das trockene Klacken der Taku-Schlaghölzer, dann beginnen die silbrig-hellen Töne der Inkin-Stabglocke zu schwingen. Im Anschluss herrscht für 25 Minuten Stille in der JKA-Karateschule. Denn die jeweils vier Frauen und Männer, die zur Seite von Martina Herrmann sitzen, üben sich in der Zen-Meditation.
Sitzungen dauern rund zwei Stunden
Da sie dem modernen Zweig des Daishin Zen folgen, sitzen sie sich dabei gegenüber und nicht zur Wand ausgerichtet. Dann können fünf Minuten lang die Glieder gelockert werden, bevor weitere 25 Minuten Meditation folgen. „Das Ziel ist es, zu erkennen, wer man wirklich ist. Es ist ein Weg in die Freiheit“, verdeutlicht Martina Herrmann. Insgesamt dauert die Sitzung zwei Stunden und beinhaltet manchmal eine Geh-Meditation, immer aber Rezitationen und eine Tee-Zeremonie. „Man versucht, was man in der Meditation erfahren hat, in den Alltag zu bringen. Es ist der nächste Übungsschritt: Was klappt noch, wenn ich mich bewege“, erläutert Martina Herrmann.
Die 45-Jährige ist selbst keine Lehrerin, sondern Schülerin von Hinnerk Polenski, bei dem sie regelmäßig im Zen Kloster in Buchenberg im Allgäu lernt. Sie leitet aber die Sitzungen der von ihr vor fünf Jahren in Bad Schwalbach gegründeten Gruppe. Zum Teil übernehmen das inzwischen auch die Mitglieder, die nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus Darmstadt, Wiesbaden und Limburg hierherkommen. „Es verändert einen und gibt einem eine andere Sicht auf das Leben. Was mir früher wichtig war, wie etwa Politik, ist mir nicht mehr so wichtig“, berichtet Bodo Stendebach. Seine tägliche Meditation habe aber nicht nur dazu geführt, dass er sich nicht mehr über Dinge ärgere, die ihn früher genervt haben. Es habe ihm auch den Übergang in den Ruhestand erleichtert. Gelesen habe er schon früher viel über Zen und Buddhismus, doch zu erkennen, um was es dabei gehe, habe ihm erst die vor fünf Jahren begonnene aktive Arbeit ermöglicht. „Das ist eine reine Erfahrungsangelegenheit“, betont der 66-Jährige. Diese Erfahrungen zu machen, sei jedoch keineswegs einfach, ergänzt ein weiteres Gruppenmitglied. „Zen hat nichts mit Wohlfühlen zu tun. Das ist harte Arbeit, auch harte körperliche Arbeit“, verdeutlicht Susan Urlaub. Dass sie sich seit mittlerweile drei Jahren ebenfalls täglich damit auseinandersetze, habe auch in ihrem Leben Spuren hinterlassen. „Ich gehe jetzt anders mit Stress um, kann strukturierter Arbeiten und Wichtiges und Unwichtiges besser trennen“, gibt die 53-Jährige einige Beispiele.
KONTAKT
Die Gruppe um Martina Herrmann trifft sich jeweils freitags um 19.30 Uhr zum gemeinsamen Meditieren. Weitere Informationen unter der Telefonnummer 0176-47 57 63 60 oder unter www.zen-mitte.de.
Diese Aspekte sind auch der Gruppenleiterin ausgesprochen wichtig. „Man kann auf einen heilsamen Weg kommen und lernen, sich nicht von allem mitreißen zu lassen. Das wird ja immer schlimmer. Die Menschen kommen einfach nicht mehr zur Ruhe“, erklärt Martina Herrmann, die selbst beruflich gerade einen Digitalisierungsprozess begleitet. Um Menschen außerhalb des asiatischen Kulturkreises mit der Zen-Meditation besser ansprechen zu können, verfolgt die erst vor gut 20 Jahren gegründete Daishin-Schule einen etwas sanfteren Weg als traditionelle Zen-Übungen. So werden die Übenden mit ihren Fragen besser begleitet, dürfen auf kleinen Holzbänkchen sitzen und auch mal eine Decke überwerfen oder die Heizung anmachen, wenn es beim Meditieren zu kalt wird.