Manfred Völkel (links) bei der Süßkirschenausstellung im Gärtnertreff. Foto: wita/Martin Fromme
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BAD SCHWALBACH - Auf dem Speiseplan des Menschen steht die Vogelkirsche bereits seit der mittleren Steinzeit. Das ist einer Ausstellung zu entnehmen, die noch bis einschließlich Sonntag im Gärtnertreff auf der Landesgartenschau zu sehen ist. Darin wird die Entwicklung der Süßkirsche von der Frühzeit bis in die Moderne nachgezeichnet und ein besonderer Schwerpunkt auf den Anbau in der Region gelegt. Dass das Obst nicht nur lecker, sondern auch ziemlich gesund ist, war bereits im antiken Griechenland bekannt. Hier ist es als gut für den Bauch beschrieben worden.
Gut für das Immunsystem
Heute weiß man, dass neben den Vitaminen A, B und C auch Kalzium, Magnesium und Eisen enthalten sind. Die natürlichen Farbstoffe, die sogenannten Anthocyane, stärken wiederum das Immunsystem und helfen so gegen vorzeitige Alterungsprozesse, Rheuma, Gicht, Entzündungen und vermutlich auch gegen Krebserkrankungen. Darüber hinaus ist die Vogelkirsche durch Züchtungen größer und süßer geworden und daher ziemlich lecker. Bereits seit dem vierten Jahrhundert vor Christus hat man daran an der Schwarzmeerküste gearbeitet. Bei der Eroberung der heutigen türkischen Stadt Giresun hat der römische Feldherr Lucius Licinius Lucullus, der ja sprichwörtlich für seine Liebe zu gutem Essen bekannt ist, die Kirsche ins Römische Reich und damit auch nach Germanien gebracht. Da das Steinobst in mittelalterlichen Kräuterbüchern mit Begriffspaaren wie zam und wild, rund und lang, schwarz und roth bezeichnet wird, kann man davon ausgehen, dass es bereits im ausgehenden Mittelalter zahlreiche Sorten gegeben hat.
Der großflächige Anbau der Süßkirsche in Frauenstein ist der Reblaus zu verdanken, wegen der dort Ende des 19. Jahrhunderts viele Weinberge gerodet werden mussten. Die Obstbäume eigneten sich besonders gut für die trockenen Standorte. Schwarzkirsche, Napoleon und Jaboulay sind erste Sorten gewesen, die man hier angebaut hat. Historische Fotos zeigen, dass die Ernte in Körben auf dem Rücken oder in kleinen Handkarren zum Markt gebracht worden sind. 1920 ist die Raiffeisengenossenschaft Frauenstein gegründet worden. Hedlfinger und Haumüller sind in dieser Zeit als neue Sorten etabliert worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt der Kirschanbau einen rasanten Aufschwung. Mit Lastwagen werden die Früchte zu Großmärkten in ganz Deutschland transportiert. Sie werden aber auch in England und Schweden verkauft. Ein Vorteil bei der Vermarktung ist, dass der Rheingau zusammen mit dem Kaiserstuhl und der Pfalz zu den Frühanbaugebieten gehört.
AUSSTELLUNG AM WOCHENENDE
Am Samstag und Sonntag wird von 9.30 Uhr bis 17 Uhr Manfred Völkel vom Beratungsteam Gartenbau des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen im Gärtnertreff für alle Fragen rund um das Thema Süßkirschen zur Verfügung stehen. Da diese in diesem Jahr früh dran sind, ist nicht sicher, ob bei dieser Gelegenheit auch eine umfangreiche Verkostung zahlreicher Sorten angeboten werden kann.
50 Pfennig für das Kilo in den 1970er Jahren
In den 1970er Jahren fallen die Preise jedoch, sodass Obstbauern nur noch 50 Pfennig für das Kilogramm Kirschen bekommen. Das ändert sich ein Jahrzehnt später durch die Direktvermarktung am Straßenrand, die in Wiesbaden wegen des starken Verkehrsaufkommens zeitweise illegal ist. Im Herbst 1986 entsteht eine erste Süßkirschen-Versuchsanlage in Frauenstein. Denn aus ökonomischen Gründen bevorzugen die Obstbauern heute die Veredlung des Obstes auf sogenannten verzwergenden Unterlagen, durch die die Kirschernte nicht mehr in schwindelerregender Höhe erfolgen muss.