Prof. Martin Weber hat die erste Palliativstation in Mainz aufgebaut und lange geleitet. Warum er sein Berufsleben den Sterbenden gewidmet hat - und was er von ihnen lernte.
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Herr Prof. Weber, seit April letzten Jahres sind Sie in Ruhestand – wie ist es, zurück in „ihrer” Palliativstation zu sein?
Da kommen viele gute Erinnerungen hoch. Es gibt vieles, das ich vermisse – die Arbeit mit den Patienten, die Visiten, den Austausch mit dem Team. Gleichzeitig ist es ein gutes Gefühl, dass hier etwas wirklich Gutes entstanden ist und ich meinen Beitrag dazu leisten konnte. Es ist also eine Mischung aus ein bisschen Wehmut und ganz viel Dankbarkeit, die ich verspüre.
Heute ist die Palliativstation eine feste Größe in der Unimedizin, wie ja mittlerweile in vielen Krankenhäusern. Das war nicht immer so, oder?
Nein. Es war ein Kampf, den mein damaliger Chef, Prof. Dr. Christoph Huber und ich seit Mitte der Neunzigerjahre geführt haben, zunächst gegen viele Widerstände. Anfang der 2000er Jahre war die Zeit dann Gott sei Dank reif. Die Eröffnung der Palliativstation war wirklich ein Meilenstein.
Sie übernahmen nach der Eröffnung Ende 2005 die Leitung der Acht-Betten-Station, als Arzt waren Sie bereits seit 1991 am Uniklinikum tätig. Warum entscheidet sich ein Mediziner für die Arbeit mit sterbenden, weil „austherapierten“ Patienten? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Das gab es in der Tat. 1989 habe ich gemeinsam mit meiner Frau ihren krebskranken Onkel bis zu seinem Tod begleitet, dabei lernte ich die Seite der Patienten, der Angehörigen noch einmal ganz anders kennen. Ich verstand, wie wichtig gute Kommunikation ist, wie dringend wir gute Strukturen auch für schwerstkranke und sterbende Patienten brauchen. So kam es, dass ich die Palliativmedizin für mich entdeckt habe.
Wie hat man in Kollegenkreisen darauf reagiert?
Ich wurde doch eher als Exot betrachtet. Wir Ärzte sind ja grundsätzlich darauf geeicht, Krankheiten zu bekämpfen, bestenfalls zu heilen. Die intensive Beschäftigung mit Menschen, die unheilbar krank sind, hat viele Berufskollegen eher irritiert – da war man manchmal ein Stück weit einsam.
Hat sich das geändert?
Absolut. Heute gibt es Fachgesellschaften, Kongresse, flächendeckend ambulante Hospiz- und Palliativdienste, stationäre Hospize und Palliativstationen. Und: Die Palliativmedizin ist heute fester Bestandteil der Ausbildung. Die Begegnung mit den Studierenden auf der Station gehört übrigens zu meinen schönsten Erinnerungen.
Warum?
Weil es so viele Studierende gab, die sich haben berühren lassen. Natürlich hatten viele junge Kollegen Vorbehalte, wenn sie zu uns auf die Station kamen. Und sagten mir dann später: Hier erlebten sie das Arztsein so, wie sie es sich immer erträumt hatten.
Wie das?
Weil wir den Patienten ganzheitlich sehen. Natürlich geht es auf der einen Seite darum, eine moderne, funktionierende Schmerztherapie anzubieten, und da ist heute vieles möglich. Wichtig ist aber auch, den Menschen wahrzunehmen, auf ihn einzugehen. Ein ehemaliger Studierender hat mal zu mir gesagt, auf unserer Palliativstation habe er den Glauben an die Medizin wiedergefunden.
Sie haben viele Menschen in ihren letzten Wochen, Tagen, Stunden begleitet. Was haben Sie von ihnen gelernt?
Was ich von meinen Patienten wirklich gelernt habe, ist, dass es am Ende die Beziehungen sind, die wirklich zählen: Liebe und Freundschaft gegeben und empfangen zu haben. Beziehungen zu anderen sind die Essenz des Lebens. Gelernt habe ich auch, dass es sich lohnt, auf der Suche zu bleiben nach etwas, das über uns hinaus deutet, das größer ist als wir selbst. Ich habe Patienten erlebt, die sich von ihrem Glauben getragen fühlten. Sie waren nicht immer kirchlich orientiert, aber von einer großen Spiritualität. Ich denke da an einen jungen Mann, der schwerstkrank war, also in einer Situation, gegen die man doch revoltiert, und er sagte: „Ich bin in der Gnade.“ Und er sagte das überzeugend, glaubwürdig.
Macht die Konfrontation mit dem Tod auch demütig?
Ich habe gelernt, dass nichts, nichts, nichts selbstverständlich ist. Und zugleich habe ich das leider auch immer wieder vergessen.
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Was haben Sie als Arzt gelernt?
Wenn man als Arzt denkt, dass die Hände leer sind, weil es keine Therapie, kein Medikament mehr gibt, die man dem Patienten geben könnte, um seine Krankheit aufzuhalten, man sich also ohnmächtig fühlt – dass man dann doch noch so viel bewirken kann. Einfach, in dem man den Weg mitgeht, da bleibt, nicht wegläuft.
Gab es die auch? Situationen zum Weglaufen?
Natürlich gab es die, da darf man nicht romantisieren. Besonders schwer ist es, wenn Kranke oder Angehörige die Situation einfach nicht wahrhaben, nicht annehmen können – ich sage das völlig wertfrei, weil keiner wissen kann, wie er selbst einmal mit der Situation umgehen wird. Aber manchmal wird eine schwierige Lage dadurch noch unendlich leidvoller. Manchmal hängt eine depressive Stimmung, eine unendliche Schwere im Krankenzimmer. Aber spätestens da kommt das Team ins Spiel.
Weil keiner solche Situationen alleine meistern muss?
Genau. Und weil wir darauf vertrauen dürfen: Wenn ich keinen Zugang zum Patienten finde, schafft es meine Kollegin, mein Kollege – durch Musik, eine besondere Art der Kommunikation, durch Berührung, Pflege, Seelsorge. Beziehung kann in vielerlei Weise entstehen. Am wichtigsten ist das Vertrauen, das wächst – in die fachliche, aber auch in die menschliche Kompetenz. Was die Arbeit auf der Palliativstation prägt, ist der tiefe Respekt vor dem, was die einzelnen Professionen leisten können.
Von drohender Einsamkeit am Ende des Lebens und Happy Ends im Krankenzimmer
Haben Sie viele einsame Patienten erlebt, die am Ende des Lebens niemanden hatten?
Oh ja, das habe ich immer wieder erfahren. Manche hatten tatsächlich niemanden mehr, weit öfter war es aber so, dass der Kontakt völlig abgebrochen war, zu Eltern, Geschwistern, Kindern.
Sind solche Kontaktabbrüche etwas, das Menschen am Lebensende beschäftigt?
Auf jeden Fall. Ich habe häufig erlebt, dass Patienten bei der Aufnahme sagten, sie hätten keinen Kontakt zu bestimmten Angehörigen, und das solle auch so bleiben, das sei in Ordnung so und abgehakt. Im weiteren Verlauf stellte sich dann heraus, dass das Thema eben nicht abgehakt war…
Haben Sie Happy Ends erlebt?
Ja, es gab ergreifende Szenen im Krankenzimmer, in denen sich Eltern und Kinder, Geschwister, alte Freunde nach Jahren, Jahrzehnten der Trennung weinend in den Armen lagen. Da war zu spüren: In einer Zeit, die geprägt ist von Krankheit und bevorstehendem Tod, ist eine ganz besondere Art von Heilwerden möglich. Die Zeit des Sterbens ist eine heilige Zeit, in der noch so viel Gutes passieren kann, davon bin ich überzeugt. Es gibt ein Wachsen und Werden in einem Zustand, der doch eigentlich nur nach Ende aussieht, so hat es Cicely Saunders, die Begründerin der modernen Hospiz- und Palliativmedizin, einmal formuliert.
Wie oft wurden Sie von Patienten gefragt: „Wie lange habe ich noch?“
Viele Patienten trauen sich nicht, danach zu fragen, weil sie Angst vor der Antwort haben. Andere wollen möglichst genau Bescheid wissen. Wobei eine Prognose, was die Lebenserwartung betrifft, extrem schwierig ist. Ein Arzt kann natürlich immer nur eine Einschätzung geben.
Letztlich lässt sich der Todeszeitpunkt nicht bestimmen, die Patienten, aber auch ihre Ärzte müssen mit Ungewissheiten leben.
Mit Ungewissheiten, ja, aber auch mit der Zuversicht: Für alles, was da kommen mag, finden wir gemeinsam einen Weg. Damit ein würdevolles Leben bis zuletzt möglich ist.
Über Ihr Wirken haben Sie jüngst ein Buch veröffentlicht – Ihr Co-Autor Michael Albus hat erklärt, dass es einiges an Überredungskunst bedurfte…
Ja, ich wollte anfangs nicht so recht, bin aber im Nachhinein froh, dass ich an dem Buchprojekt mitgewirkt habe. Zum einen der positiven Reaktionen wegen, zum anderen hat es mir ein Zurückblicken auf meine Arbeit ermöglicht.
Die vermutlich Ihr ganzes Leben geprägt hat?
Es gab Tage, an denen einen die Arbeit unglaublich bedrückt hat. Aber es gab viel mehr Tage, an denen mich die Konfrontation mit der Endlichkeit daran erinnert hat, nichts für selbstverständlich zu halten und nichts auf morgen zu verschieben. Die Arbeit hat mir dabei geholfen, mein Leben besser zu leben.