Vermarktung mit dem Rheingau sehen die Rüdesheimer kritisch
Der Verein Wirtschafts- und Tourismusförderung sowie die Rüdesheim Tourist AG sind für eine Kooperation mit dem Rheingau, aber nicht für eine gemeinsame Vermarktung.
Von Barbara Dietel
Die Fremdenverkehrsgesellschaft kümmert sich nur um den Hafenpark in Rüdesheim, dessen Eigentümerin sie ist.
(Foto: Heinz Margielsky)
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RÜDESHEIM - Rüdesheim, die Tourismusmetropole im Rheingau, gleichgestellt mit den anderen acht Mitspielern – neben den Rheingauer Kommunen auch Hochheim und Flörsheim. So versteht man in Rüdesheim das Konzept zur Entwicklung der Destination Rheingau. Der Hessische Tourismusverband und die Rheingau-Taunus Kultur und Tourismus GmbH (RTKT) haben es unter Mitwirkung von Rolf Wölfert, ehemaliger Vorstand der Rüdesheim Tourist AG (Rüd AG), erarbeitet. Das gesamte Destinationsmarketing der RTKT zu überlassen – für Wölferts Nachfolger Martin Duda kommt das einem Maulkorb gleich. Und: „Der Gast kommt in den Überlegungen nicht vor“, kritisiert der neue Tourismuschef in einem Pressegespräch vor der Hauptversammlung der Rüd AG und der Jahreshauptversammlung des Vereins Wirtschafts- und Tourismusförderung (WTF).
Zielgruppen sind nicht die gleichen
Duda befürchtet, dass Rüdesheim etwas übergestülpt werde, was keinen glücklich mache. Das beginne schon dabei, dass die Zielgruppen in Rüdesheim und im übrigen Rheingau völlig andere seien: Im Rheingau überwiege der Tagesgast aus dem Rhein-Main-Gebiet, Rüdesheim sei dagegen international aufgestellt. Beides gleich zu bewerben, sei nicht sinnvoll.
Noch schlimmer als die verhasste Bettensteuer ist auch für den WTF-Vorsitzenden Ralf Nägler die Kooperation mit dem Rheingau, jedenfalls wenn sie so kommt, wie im Konzept vorgesehen. Rheingauweit soll eine Tourismusabgabe erhoben werden, von der ein großer Teil für Gemeinschaftsausgaben ausgegeben werden soll. Der Rest wird gestaffelt nach Übernachtungszahlen an die einzelnen Kommunen zur Verbesserung der touristischen Infrastruktur verteilt. Rüdesheim wäre nach diesem Modell der große Zahler, so Nägler, der – sollte es so kommen – seine Mitglieder in Scharen davonlaufen sieht. „Beim Geld hört die Freundschaft auf.“ Es sei kaum zu vermitteln, dass die Mitglieder Beiträge von bis zu 7000 Euro im Jahr zahlen, um Rüdesheim attraktiver zu machen, und gleichzeitig die Beiträge der Touristen in Rüdesheim in andere Städte gehen, so Nägler, der sich zudem ein stärkeres Engagement der städtischen Fremdenverkehrsgesellschaft (FreGe) in der Altstadt wünschen würde. Ihre Aktivitäten beschränken sich auf den Hafenpark.
Dass die anderen Städte und Gemeinden im vorgesehenen Konzept zu wenig beisteuern, ist auch die Meinung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Rüd AG, Rainer Orben. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass es ein riesiges Gefälle zwischen den über 400 000 Übernachtungen in Rüdesheim und dem Rest des Rheingaus gebe. Anfang Mai werde es die nächste Gesprächsrunde zur Finanzierung der Gemeinschaftsaufgaben geben. Denn Kooperation, da sind sich die Verantwortlichen einig, müsse sein. „Wir sind keine Insel“, so Orben, der es für eine Aufgabe des Zweckverbands Rheingau hält, zu ergründen, wie Rüdesheim und der Rheingau zusammenkommen können. Die Synergien nutzen und da, wo Rüdesheim ein Alleinstellungsmerkmal habe, auch eigene Wege gehen, das will Martin Duda. Wie der Gast einen Mehrwert bekommt, möglichst schon dann, wenn er aus dem Zug steigt, und ohne dass dies großen Aufwand und Kosten für die Gastgeber bedeutet, das gelte es nun zu überlegen.
Bevor aber überhaupt über die Tourismusabgabe und Kooperationen gesprochen werde, müsse Rüdesheim erst mal die eigenen Hausaufgaben machen, findet Nägler. Der Vertrag der Stadt mit dem WTF über die touristische Vermarktung Rüdesheims laufe in eineinhalb Jahren aus. 360 000 Euro, weniger als bei der Gründung vor 16 Jahren, bekommt der WTF dafür jedes Jahr. Geld, das an den Dienstleister Rüd AG weitergeleitet wird. Die Rüd AG brauche Planungssicherheit, so Nägler, der 2019 zum „Wandeljahr“ ausgerufen hat. Viele Aufgaben gelte es zu schultern und viele ungeklärte Fragen zu lösen.